Herne/Essen. Betriebskrankenkassen erinnern Versicherte zwischen 50 und 54 Jahren per Post an die Untersuchungen zur Früherkennung von Darmkrebs. Was Stuhlbluttests zeigen, was die Krankenkassen zahlen und warum Darmspiegelungen Leben retten können - ein Überblick.
Darmkrebs – für viele ein Angst-, für manche auch ein Scham-Thema. „In den vergangenen zehn Jahren hat nur rund jeder fünfte Berechtigte eine Darmspiegelung zur Früherkennung machen lassen“, sagt Dr. Dietrich Hüppe, Vorsitzender des Berufsverbandes niedergelassener Gastroenterologen.
Und dies, obwohl Darmkrebs mit rund 65.500 Neuerkrankungen jährlich die zweithäufigste Krebserkrankung in Deutschland bei Frauen und Männern ist – nach Brust- und Prostatakrebs. Früherkennung tut not, meint der BKK-Landesverband Nordwest in Essen und startete mit dem BKK Bundesverband, der Spitzenorganisation von über 100 Betriebskrankenkassen, ein „Aktionsbündnis gegen Darmkrebs“.
Die Aktion
„Unsere Versicherten werden an ihrem 55. Geburtstag angeschrieben. Wir weisen sie auf ihren Anspruch auf eine Darmspiegelung hin. Versicherte zwischen 50 und 54 Jahren werden per Post von uns daran erinnert, dass sie einen Stuhlbluttest machen lassen können“, erklärt Karin Hendrysiak, Sprecherin des BKK-Landesverbandes Nordwest. Ihre Botschaft: Darmkrebs lässt sich meist verhindern oder heilen – so er frühzeitig erkannt wird.
Ein Gang durch die Organe
Darmkrebs ist tückisch
Darmkrebs entwickelt sich oft über Jahre unerkannt. Die Vorstufen sind in der Regel Polypen im Darm. Sie sind erst einmal gutartig, können aber zu Krebs werden. Ziel der Früherkennung ist, Polypen zu entdecken, zu entfernen und so den Krebs zu verhindern.
Allen, die keine familiäre Belastung oder ein erhöhtes Darmkrebs-Risiko aufgrund etwa einer chronisch entzündlichen Darm-Erkrankung haben, wird empfohlen, ab dem 50. Lebensjahr an der Früherkennung teilzunehmen. „Denn ab 50 steigt das Risiko für diesen Krebs deutlich. Aber er kann auch früher auftreten“, betont Gastroenterologe Dietrich Hüppe.
Was Krankenkassen zahlen
Die gesetzlichen Kassen zahlen ab dem 50. Lebensjahr einen jährlichen Stuhlbluttest und die Austastung des Mastdarms. Ab 55 wird eine Darmspiegelung alle 10 Jahre bezahlt. Hüppe: „Bei Verdacht auf Darmkrebs oder einer familiären Vorbelastung übernimmt die Kasse die Kosten unabhängig vom Alter.“
Eine familiäre Vorbelastung
Bei Fällen von Darmkrebs oder Darmpolypen in der Familie erhöht sich das Risiko für eine Darmkrebs-Erkrankung. Die familiäre Belastung ist umso größer, wenn Verwandte ersten Grades – Eltern oder Geschwister – Darmkrebs hatten. Hüppe: „Gibt es Darmkrebs in der Familie, wird eine Darmspiegelung vor dem 55. Lebensjahr empfohlen, mit Kontrollen alle zwei bis fünf Jahre – je nach Risiko und Befund.“ Hüppe rät, rund 15 Jahre bevor ein Angehöriger an diesem Krebs erkrankte, eine Spiegelung machen zu lassen. Also: Hatte der Vater mit 45 Darmkrebs, sollte der Sohn mit 30 zur Spiegelung gehen.
Weitere Risikofaktoren
Auch chronische Darm-Entzündungen erhöhen das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, ebenso Diabetes. „Auch eine chronische Colitis (macht Geschwüre in der Schleimhaut-Schicht des Dickdarms) birgt nach jahrelanger Krankheit ein erhöhtes Risiko“, so Hüppe. Alarmzeichen für einen möglichen Krebs, bei denen man eine Spiegelung unabhängig vom Alter machen sollte, sind: Blut im Stuhl, eine Veränderung des Stuhlgangs durch wechselhaftes Auftreten von Durchfall und Verstopfung.
Der Stuhlbluttest
Der Stuhlbluttest erkennt Blutungen im Magen-Darm-Trakt. Aber: Nicht jeder Polyp und nicht jeder bösartige Tumor bluten. Wird Blut im Stuhl gefunden, wird zur Spiegelung geraten. „Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 10 bis 20 Prozent der Polypen und zwischen 60 und 80 Prozent (je nach Stuhltest) der bösartigen Tumore durch Stuhltests gefunden werden können“, betont der Darmkrebs-Spezialist Prof. Wolff Schmiegel vom Knappschaftskrankenhaus Bochum.
Die Darmspiegelung
„Die Sicherheit, mit einer Spiegelung einen Darmkrebs zu erkennen, liegt bei über 95 Prozent“, erläutert der Herner Mediziner Dietrich Hüppe. Eine Spiegelung können ein niedergelassener Gastroenterologe oder ein Internist durchführen, der auf Magen-Darm-Erkrankungen spezialisiert ist. Wird Krebs entdeckt, sollte man ihn in einem zertifizierten Darmzentrum behandeln lassen (siehe: Gute Ratgeber-Adressen). Hüppe: „Dort wird nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen behandelt.“
Der persönliche Lebensstil
Rauchen, regelmäßiger Alkohol-Konsum und Übergewicht sind Risikofaktoren für einen Darmkrebs. Pluspunkte sind: regelmäßige Bewegung und Sport, tägliches Obst und Gemüse, Vollkorn-Produkte auf dem Speiseplan und nur ein- bis zweimal in der Woche Fleisch. Studien zeigten, dass der häufige Verzehr von rotem Fleisch (Rind, Fleisch, Lamm) und Wurst-Produkten das Darmkrebs-Risiko steigert.
Gute Ratgeber-Adressen
Die Felix Burda Stiftung (www.felix-burda-stiftung.de) . Sie engagiert sich für die Aufklärung rund ums Thema Darmkrebs. Im Netz ( www.darmkrebs.de ) informiert die Stiftung umfangreich über Darmkrebs, die Vorsorge, Früherkennung, Therapien, Ernährung und den Lebensstil sowie Selbsthilfegruppen. Unter dem Stichwort „Arztsuche“ findet man eine bundesweite Liste geeigneter Ärzte für eine Darmspiegelung sowie die zertifizierten Darmzentren, von denen es deutschlandweit 234 gibt.
Die Krebsgesellschaft Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf bietet auf ihrer Internetseite (www.krebsgesellschaft-nrw.de) unter dem Stichwort „Broschüren“ zwei Darmkrebs-Broschüren zum Bestellen oder Herunterladen an. Die Themen: Dickdarmkrebs und familiärer Darmkrebs.
Weitere Infos und Ärzte findet man unter: www.bkk-gegen-darmkrebs.de oder www.bng-gastro.de
Zertifizierte Behandlungszentren für verschiedene Krebs-Erkrankungen unter: www.onkozert.de