Stockholm/ Berlin. Eine europäische Studie hat eine schwache Wirksamkeit des aktuellen Grippe-Impfstoffs entdeckt. Demnach erkrankte mehr als die Hälfte der Zielgruppe, in der Regel chronisch Kranke und ältere Menschen, an einer Grippe.
Die diesjährige Grippe-Impfung hat laut einer Studie nur eine schwache bis mäßige Schutzwirkung von unter 50 Prozent bei der Zielgruppe der älteren Menschen und chronisch Kranken erzielt. Das Europäische Zentrum zur Vorbeugung und Kontrolle von Erkrankungen (ECDC) hat in acht Ländern, ohne deutsche Beteiligung, darunter Italien und Frankreich, die Effektivität des Grippe-Impfstoffes dieser Saison untersucht. Die Schutzwirkung bei der Zielgruppe der Influenza-Impfung, in der Regel die chronisch Kranken und älteren Menschen, fiel auf 42,9 Prozent. Mehr als die Hälfte der geimpften Patienten erkrankte demnach trotz der Impfung an der aktuellen Influenza. Im Jahr zuvor erreichte dergleiche Impfstoff in Australien noch eine Wirkung von 58 Prozent in der gleichen Zielgruppe.
Impfstoff ist in dieser Saison nicht verändert worden
Die Biologin Dr. Susanne Stöcker warnt davor, diese Ergebnisse auf die Normalbevökerung zu übertragen, denn „ bei ihr ist der Impfschutz oberhalb von 80 bis 90 Prozent.“ Weiter betont Stöcker gegenüber DerWesten, dass „Influenza-Impfstoffe die Besonderheit besitzen, dass ihre Stammzusammensetzung jedes Jahr an die aktuelle epidemiologische Situation angepasst werden muss.“ Das bedeutet, Grippe-Viren verändern fortlaufend ihr genetisches Profil, und der Impfstoff muss dementsprechend in seiner Zusammensetzung angepasst werden. In dieser Saison ist der Impfstoff zum ersten Mal seit ihrer siebzehnjährigen Tätigkeit am Paul-Ehrlich Institut nicht verändert worden. Leider verhindere eine Impfung nicht immer Infektionen, doch können häufig die schweren Verlaufsformen mit dem Pieks unterdrückt werden. „Die Grippe-Impfung ist nicht so gut wie andere Schutzimpfungen, aber wir haben keine andere Wahl,“ sagt die Biologin. Sie rät vor allem Risikogruppen wie bei chronisch Kranken, älteren Menschen, Schwangeren und im medizinischen Bereich tätigen Personen zu einer Grippe-Impfung.
Es gibt keinen 100-prozentigen Schutz
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In der vergangenen Saison hatte die Grippewelle laut dem Robert-Koch-Institut einen moderaten Verlauf genommen. Schätzungsweise 2,1 Millionen Menschen gingen wegen Influenza zum Arzt. Demnach wurden dem Institut 160 Todesfälle im Zusammenhang mit einer Grippeerkrankung gemeldet. Susanne Glasmacher, Biologin am Berliner Robert-Koch-Institut, vergleicht den Impfstoff mit einem Regenschirm mit kleinen Löchern, der jemanden bei einem starkem Regenschauer dennoch fast im Trockenen stehen lässt. Sie verweist auf die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die jedes Jahr die Meldungen der Grippe-Infektionen für die Nord- und Südhalbkugel auswertet: „Die WHO spricht sich in der diesjährigen Empfehlung für eine veränderte Zusammensetzung des Impfstoffes aus.“ Zwei der drei Komponenten werden jetzt leicht verändert, um sich der genetischen Veränderung des Virus anzunähern, doch die Virologen betonen, „einen 100-prozentigen Schutz kann eine Impfung nicht garantieren.“ Für Marc Sprenger, Direktor des Europäischen Zentrums zur Vorbeugung und Kontrolle von Erkrankungen (ECDC) in Stockholm, bleibt die Grippeimpfung die wichtigste Schutzmaßnahme gegen die Grippe. In Hinblick auf die schwache Wirksamkeit sei „es es ein entscheidender Ansporn, bessere Impfstoffe zu entwickeln.“