Berlin. Steht die Praxisgebühr vor dem Aus? Laut übereinstimmenden Medienberichten prüft Gesundheitsminister Daniel Bahr eine Aussetzung der Regelung. Experten hatten erst unlängst bemängelt, dass die Praxisgebühr ihren Sinn - überflüssige Arztbesuche verhindern - nicht erfüllen würde.

Die Bundesregierung prüft einem Bericht zufolge offenbar die Abschaffung der Praxisgebühr in der jetzigen Form. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) lasse derzeit durchrechnen, was ein Ende der Gebühr kosten würde, berichtete die "Bild"-Zeitung (Freitagsausgabe) unter Berufung auf informierte Kreise. Zugleich werde geprüft, wie sich Ausnahmeausfälle auffangen lassen.

Den Anstoß zu dieser Prüfung dürfte die FDP geliefert haben. Die FDP-Führung will angesichts der Milliardenüberschüsse in der Gesetzlichen Krankenversicherung offenbar auf die Abschaffung der Praxisgebühr drängen. FDP-Chef Philipp Rösler und Generalsekretär Patrick Döring haben sich in der Sitzung des Präsidiums am Montag offen für den Vorschlag gezeigt, berichtet die in Düsseldorf erscheinende "Rheinische Post" (Donnerstagausgabe) unter Berufung auf Teilnehmerkreise.

"Wir schlagen vor, dass man diese Gelegenheit nutzt, um die Praxisgebühr abzuschaffen oder zumindest auszusetzen", sagte der FDP-Gesundheitspolitiker Heinz Lanfermann der Zeitung. Die FDP sollte den Wegfall der Praxisgebühr beim nächsten Koalitionsausschuss mit der Union beraten. Ähnlich äußerte sich der FDP-Bundestagsabgeordnete Jens Ackermann. "Die Praxisgebühr ist bürokratisch und sie hat keine Lenkungswirkung. Deshalb sollten wir eine Abschaffung prüfen", sagte Ackermann.

Praxisgebühr hat ihren Sinn laut Experten ihren Sinn verfehlt

Über eine Reform der Praxisgebühr wird schon seit längerem diskutiert. Union und FDP hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, das bisherige Modell zu überprüfen. Die Praxisgebühr von zehn Euro, die die Versicherten pro Quartal für Arztbesuche zahlen müssen, war 2004 eingeführt worden mit dem Ziel, überflüssige Arztbesuche zu vermeiden. Diese Steuerungswirkung, so kritisieren Gesundheitsexperten, aber auch Politiker, hat die Praxisgebühr verfehlt. Ärzte kritisieren zudem den Bürokratieaufwand.

Angesichts der guten Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen halte Bahr eine Abschaffung der Gebühr für möglich, berichtete "Bild" nun. Aus dem Gesundheitsministerium gab es dazu zunächst keine Stellungnahme.

Auch CSU diskutiert über Abschaffung der Praxisgebühr

Der Vizechef der Unionsfraktion im Bundestag, Johannes Singhammer (CSU), hatte erst vor wenigen Tagen einer Abschaffung der Praxisgebühr eine Absage erteilt. Er reagierte damit auf Forderungen des Steuerzahlerbundes und von FDP-Politikern. Laut Singhammer sind die Kassen weiterhin auf die Einnahmen angewiesen.

Die Praxisgebühr spült jährlich rund zwei Milliarden Euro ins System der gesetzlichen Krankenversicherung. In den vergangenen Jahren wurden aber wiederholt Alternativen diskutiert. Überlegungen, von den Versicherten zum Beispiel Geld pro Arztbesuch und nicht mehr pro Quartal zu verlangen, stieß aber auf viel Widerstand.

Die Praxisgebühr von zehn Euro müssen Patienten ab 18 Jahren zahlen, wenn sie das erste Mal im Quartal zu einem Arzt, Zahnarzt oder Psychotherapeuten gehen.