Berlin. . Die gesetzlichen Krankenkassen haben ein milliardenschweres Finanzpolster angespart. Nun mehren sich die Forderungen nach Beitragssenkungen oder Prämienzahlungen. Die Linke fordert die Abschaffung der Praxisgebühr. Die Krankenkassen wiegeln ab.

Die gesetzlichen Krankenkassen haben im vergangenen Jahr einen Überschuss von vier Milliarden Euro erzielt. Damit verfügten die Krankenkassen jetzt über ein Finanzpolster von rund zehn Milliarden Euro, teilte das Gesundheitsministerium am Mittwoch in Berlin mit. Weitere 9,5 Milliarden Euro liegen im Gesundheitsfonds als Reserve. Noch 2003 gab es bei den Krankenkassen einen Rekord-Schuldenstand von 8,3 Milliarden Euro. Grund für die positive Entwicklung sei etwa das Inkrafttreten des GKV-Finanzierungsgesetzes und des Arzneimittel-Neuordnungsgesetzes.

2011 standen den Angaben zufolge Einnahmen in Höhe von rund 183,6 Milliarden Euro Ausgaben in Höhe von etwa 179,6 Milliarden Euro gegenüber. Zum Vergleich: Das Volumen des Bundeshaushalts liegt 2012 bei 306,2 Milliarden Euro.

Das Gesundheitsministerium forderte die Krankenkassen auf, intensiv zu prüfen, ob nicht an die Versicherten Prämien ausbezahlt werden. Etliche Krankenkassen verfügten über Reserven, die in dieser Höhe nicht zur Risikoabsicherung benötigt und entsprechend Spielräume für eine Auszahlung von Prämien eröffnen würden.

Linke fordert Entlastung der Versicherten bei Zuzahlungen

Die Linke will ein Ende der Praxisgebühr. Auch die Zuzahlung für Medikamente sollte abgeschafft werden, verlangte Fraktionschef Gregor Gysi am Mittwoch in Berlin. Mehrere Wissenschaftler hätten bestätigt, dass die erhofften Effekte von Praxisgebühr und Zuzahlungen nicht eingetreten seien.

Eine Beitragssenkung, wie sie aus der Union gefordert wird, sei dagegen der falsche Weg, sagte Gysi. Davon würden vor allem Besserverdienende profitieren.

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) warnte jedoch vor Beitragskürzungen. „Wer nur auf die Zahlen des vergangenen Jahres schaut und auf dieser Grundlage die künftigen Einnahmen kürzt, organisiert das Minus von morgen“, sagte der Vorsitzende des Verbandes, Johann-Magnus von Stackelberg.

Barmer GEK lehnt Ausschüttungen ab

In den vergangenen Wochen waren mehrere Stimmen laut geworden, die eine Kürzung des Beitragssatzes forderten oder den Kassen Beitragsrückerstattungen nahelegten.

Jetzt, wo die finanzielle Situation stabil sei, müssten die Rücklagen für schlechte Zeiten aufgebaut und gesichert werden, forderte von Stackelberg. „Ich habe großes Verständnis für die Krankenkassen, die auf langfristige Stabilität setzen, statt kurzfristig Prämien auszuschütten“, sagte er.

Auch die größte deutsche Krankenkasse Barmer GEK lehnt Zahlungen von Boni an ihre Versicherten ab. „Was hilft es uns und den Versicherten, heute eine verhältnismäßig geringe Prämie auszuschütten und morgen wieder mehr Geld einzufordern, weil die Leistungsausgaben steigen?“, sagte ihr Chef Christoph Straub den „Ruhr Nachrichten“. Es sei davon auszugehen, „dass die Gesundheitsversorgung in Zukunft eher teurer“ werde. (dapd/afp)