Essen. . Eine Krankenkasse schlägt Alarm: Die Zahl der im Durchschnitt Siebzigjährigen, die wegen Mangelernährung im Krankenhaus behandelt werden müssen, ist um 53 Prozent gestiegen. Die DAK rechnt allein 2011iesem Jahr mit Mehrausgaben von bis zu 60 Millionen Euro, die durch Mangelernährung ausgelöst werden.

Die Menschen werden immer älter – und dabei immer dünner. Vielfach sind sie so ausgezehrt und abgemagert, dass nun die Krankenkasse DAK Alarm schlägt: Die Zahl der im Durchschnitt Siebzigjährigen, die wegen Mangelernährung im Krankenhaus behandelt werden müssen, ist um 53 Prozent gestiegen. Man geht von bundesweit 17.091 Behandlungen aus, 2008 waren es 11.173 Fälle. Frauen seien deutlich stärker betroffen.

„Menschen ab 65 Jahre nehmen in der Regel automatisch ab“, sagt Dr. Olaf Hagen, Chefarzt der Geriatrischen Klinik des Bochumer Augusta und Chef des Lindener Zentrums für Altersmedizin und Pflege. „Studien haben ergeben, dass Frauen in drei Jahren etwa 25 Prozent, Männer etwa 20 Prozent an Gewicht verlieren, ohne dass irgendwelche Krankheiten bestehen.“ Falls aber noch eine Erkrankung hinzukommt, gehe noch mehr Gewicht runter.

„Wir rechnen in diesem Jahr mit mehr als 21.000 Klinikbehandlungen, in deren Verlauf ein Mangel an Nährstoffen diagnostiziert wird“, so Peter Rowohlt von der DAK. Vom persönlichen Schicksal einmal abgesehen, verursache das enorme Kosten: Mangelernährung verteure einen Krankenhausaufenthalt um 3000 Euro, so Rowohlt. Die DAK rechne allein in diesem Jahr mit Mehrausgaben von bis zu 60 Millionen Euro, die durch Mangelernährung ausgelöst werden.

Essen auf Rädern

„Oft sind es ganz banale Gründe, warum es zu diesem Mangel kommt“, sagt Hagen. „Zum Beispiel, wenn das Kauen schwerfällt, weil die Prothese nicht richtig sitzt.“ Auch gingen im Alter die Geschmacksknospen um zwei Drittel zurück. „Wenn’s nicht schmeckt, isst der Mensch eben nicht. Deshalb muss das Essen deutlich mehr gesalzen werden“, so Hagen.

Vitamin-Mangel

Bei den Menschen, die an der Studie der DAK-Krankenkasse teil genommen haben, wurde neben der Abmagerung ein Eiweiß- oder Vitaminmangel festgestellt.

Erkannt wurde der Mangel meist, weil die Patienten mit Haupterkrankungen in die Klinik kamen – wie Diabetes mellitus, Herzschwäche, Herzinfarkt oder ein Oberschenkelhalsbruch behandelt werden musste.

Doch es geht nicht um den Geschmack allein: „Wenn Essen auf Rädern bestellt wird, ist das Essen meist völlig in Ordnung.“ Das Problem sei ein anderes: Wer mutterseelenallein vor seinem Tablett hockt, verliert den Appetit. Gemeinschaft hilft. „Wenn Besuch da ist, wird auch meist aufgegessen.“ In Seniorenheimen beispielsweise wird erst dann richtig gut gespeist, wenn die alten Leute gemeinsam am Tisch sitzen. „Und, es klingt zwar seltsam, aber es ist so: Wenn noch ein Aquarium im Raum ist, steigt der Appetit noch mehr“, so der Arzt.

Doch selbst Besuch und Aquarium könnten die Veränderung des Körpers nicht ganz aufhalten: Das Sättigungsgefühl stellt sich im Alter schneller ein. Auch weil der Magen die Fähigkeit verliert, sich angesichts von Kuchen und Currywurst so richtig schön auszuweiten. „Andererseits werden ja auch weniger Kalorien verbraucht. Man bewegt sich ja auch weniger.“

Milch und Gemüse

Das Entscheidende bei der Ernährung sei zunächst, dass sie überhaupt zur Verfügung steht. „Es gibt auch alte Menschen, die schaffen es nicht mehr, einkaufen zu gehen.“ Leerer Kühlschrank, verschimmeltes Brot – all das keine wirklichen Appetithappen.

Vielfach kaufen die Leute auch nur Verpacktes und nichts Frisches. Dabei sollte Milch auf den Tisch. Gemüse, Obst, Vollkornprodukte. Es darf Wurst sein und Käse. Immer mal eine Zwischenmahlzeit.

„Es ist in der Tat so, dass man als junger Mensch Normalgewicht haben sollte, aber im Alter sollte man sich ruhig Übergewicht zulegen“, so Olaf Hagen. „Wenn man dann mal krank wird, hat man ein paar Polster“ – wichtig, um wieder auf die Beine zu kommen.