Berlin. Deutschland hat nach Ansicht des Chefs der größten gesetzlichen Krankenkasse zu viele Kliniken. Barmer-GEK-Vorstand Straub fordert eine bessere Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung. Derweil kritisiert SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach die hohen Verwaltungskosten der Krankenkassen.

Der Chef der größten gesetzlichen Krankenkasse Barmer GEK hat sich für eine Schließung von Kliniken ausgesprochen. "Es gibt heute zu viele Krankenhäuser und vor allem zu viele Krankenhausbetten", sagte Christoph Straub der Zeitung "Die Welt" vom Montag. Deutschland leiste sich Strukturen, die "größer und teurer sind als in anderen Ländern".

Das traditionelle Nebeneinander von Krankenhäusern und Arztpraxen müsse sich ändern, forderte Straub. Die medizinische Versorgung der Bevölkerung müsse viel häufiger ambulant erfolgen oder während kurzer Aufenthalte im Krankenhaus. "Dabei müssen niedergelassene Ärzte und angestellte Krankenhausärzte sowohl ambulante als auch stationäre Leistungen erbringen können", sagte Straub der Zeitung. Die Trennung von ambulanter und stationärer Versorgung Kranker sei unzeitgemäß. Straub sprach sich daher für mehr "ambulant-stationäre Einheiten" sowohl auf dem Land als auch in Ballungsräumen aus.

Kritik an hohen Verwaltungskosten bei Krankenkassen

Kritik an den gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) kommt unterdessen vom SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach. Die Verwaltungskosten liegen nach Ansicht Lauterbachs weitaus höher als offiziell angegeben. Berechnungen der Unternehmensberatung A. T. Kearney, denen zufolge 2010 fast ein Viertel der GKV-Gesamtausgaben in Höhe von 176 Milliarden für die Verwaltung aufgewendet wurde, bezeichnete Lauterbach im "Kölner Stadt-Anzeiger" als durchweg realistisch.

Lauterbach sagte, insbesondere die Dokumentationspflichten und das komplizierte ärztliche Abrechnungssystem führten zu hohen, unnötigen Ausgaben. Die Selbstverwaltung der Kassen und Ärzte habe sich auf diesem Gebiet nicht bewährt. Die Beteiligung von 140 Krankenkassen und 15 Kassenärztlichen Vereinigungen unter der Maßgabe von 16 Krankenhausgesetzen der Länder habe zu einer nicht mehr handhabbaren Vertrags- und Regelungsdichte geführt. Zudem sei das System von gegenseitigem Misstrauen der Akteure geprägt, das man durch überbordende Dokumentationspflichten zu kompensieren suche.

"Wir haben uns zu lange von der Selbstverwaltung auf der Nase rumtanzen lassen, anstatt den Bürokratieknoten zu durchschlagen", sagte Lauterbach. Dies könne aber durch die Einführung einer Bürgerversicherung mit einem einheitlichen ärztlichen Abrechnungssystem in Euro und Cent sowie geringeren Dokumentationspflichten nachgehlt werden. Auf diese Weise könnten jährlich Milliarden Euro eingespart werden. (afp/dapd)