Berlin. .

Nachbesserungen beim vor einem Jahr eingeführten Pflege-TÜV fordern die Deutsche Hospiz-Stiftung und gesetzliche Krankenkassen. So müssten wichtige Bereiche wie Wundversorgung stärker in der Benotung gewichtet werden.

Die Deutsche Hospitz-Stiftung und gesetzliche Krankenkassen haben Nachbesserungen bei den Pflege-Noten für Heime und ambulante Pflegedienste gefordert. Mit dem vor mehr als einem Jahr eingeführten Pflege-TÜV sei zwar grundsätzlich eine gute Basis gelegt worden, erklärte der Vorstandschef des Ersatzkassen-Verbandes (vdek), Thomas Ballast, am Donnerstag in Berlin. Im Sinne der Pflegebedürftigen müsse es künftig aber eine deutlichere Gewichtung besonders relevanter Bereiche wie zum Beispiel der Wundversorgung kommen. Diese Risikokriterien müssten sich auch in der Gesamtnote niederschlagen.

Nach Angaben von Ballast haben bislang bundesweit etwa 214 Pflegeeinrichtungen vor Sozialgerichten gegen die Veröffentlichung von Pflegenoten im Internet geklagt. Bei insgesamt 10.832 geprüften Einrichtungen seien dies knapp zwei Prozent.

Notenschnitt von 1,9 bei stationärer Pflege

Insgesamt wertete der Verbandschef den bundesweiten Notendurchschnitt von derzeit 1,9 bei stationären und 2,1 bei ambulanten Pflegeeinrichtungen als Indiz dafür, dass in der Regel offenbar gute Pflege geleistet werde. Allerdings dürfe dies nicht darüber hinwegtäuschen, „dass es in Einzelbereichen noch deutliche Defizite geben kann“.

Nach Angaben von Ballast wurde das vor einem Jahr eingeführte Internetportal der Ersatzkassen www.pflegelotse.de bereits über 17 Millionen Mal angeklickt. Der Pflegelotse gibt Auskunft über Adressen und Vertragsdaten aller rund 23.000 ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen. Von rund 8500 Einrichtungen seien auch die Pflegenoten verfügbar. Bis Jahresende soll für alle eine Bewertung vorliegen. Der Ersatzkassenverband vertritt unter anderem DAK, Barmer GEK und Techniker Krankenkasse (TK).

„Weichspüler-Kriterien müssen weg“

Die Hospiz-Stiftung forderte Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) auf, den beteiligten Pflegediensten und den Krankenkassen eine Frist bis Oktober für die Verbesserung ihrer Qualitätskriterien zu setzen. Der geschäftsführende Vorstand, Eugen Brysch, bezeichnete in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom Donnerstag die bisherigen Bewertungskritierien als „System zur Verschleierung der Pflegedefizite“. Gravierende Mängel zum Beispiel bei der schmerztherapeutischen Versorgung und der Versorgung von Wundgeschwüren könnten durch gute Noten in anderen Bereichen ausgeglichen werden. „Diese Weichspüler-Kriterien müssen endlich weg“, forderte Brysch.

Hilfe beim Waschen wird ebenso benotet wie Wundversorgung. Foto: Dirk Bauer
Hilfe beim Waschen wird ebenso benotet wie Wundversorgung. Foto: Dirk Bauer © WAZ FotoPool

Auch die Linkspartei mahnte Nachbesserungsbedarf an. „Die Gesamtnoten der Prüfberichte zeichnen ein unklares Bild der Qualität von Pflegeeinrichtungen“, kritisierte die pflegepolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Kathrin Senger-Schäfer. Der Münchner Pflegeexperte Claus Fussek zweifelt am Erfolg des Pflege-TÜV. Die Bilanz sehe ernüchternd aus, sagte er MDR INFO. Die ganze Pflegelandschaft erhalte überwiegend gute und sehr gute Noten. Mit dem, was aus den Heimen bekannt sei, habe das nichts zu tun.

Die Pflegeheime und ambulanten Pflegedienste werden seit vergangenem Juli nach neuen Vorgaben geprüft. Dabei werden Noten ähnlich den Schulnoten vergeben. Die Pflegequalität soll damit transparenter werden. Kritiker beklagen seit längerem, dass die tatsächliche Qualität der Heime durch das Benotungssystem verschleiert wird. (afp)