Essen. .
Sterben zu Hause – laut Umfragen ist es das, was die meisten Menschen wollen. Doch nach Auskunft des Pflegereports der Barmer/GEK werden bis zu 70 Prozent der Alten in Seniorenheimen sterben. Schon jetzt kursieren diese Zahlen: Drei von vier Frauen und jeder zweite Mann werden irgendwann pflegebedürftig.
Bis ins Jahr 2050 soll sich die Zahl von heute 2,4 Millionen Menschen verdoppelt haben. Der demografische Wandel führt also zu einer Veränderung der Sterbekultur: Statt zu Hause den letzten Atemzug zu tun, wird das Sterben in die Anonymität eines Heims verlagert. Deprimierend? „Nicht unbedingt“, sagt Dr. Olaf Hagen. „Es kann auch Vorteile haben, im Heim zu sterben.“
Hagen ist Chefarzt der Geriatrischen Klinik am Bochumer Augusta Krankenhaus und Chef des Lindener Zentrums für Altersmedizin und Pflege. Er kennt sich aus mit dem Alter und mit dem Sterben. Früher meist im Lehrstuhl, heute eher im Klinikbett.
In Einsamkeit sterben - das kann auch im Heim passieren
„Im Heim oder in der Klinik ist schnell ein Arzt da. So können die Patienten sofort nötige Medikamente zum Beispiel gegen Luftnot oder Tumorschmerzen erhalten“, sagt Hagen. Heime oder Krankenhäuser hätten längst dazu gelernt. „Es gibt heute Palliativ- oder Sterbezimmer, wo Angehörige die Möglichkeit haben, den Menschen in seinen letzten Stunden zu begleiten. Vielfach können die Angehörigen auch rund um die Uhr bleiben.“
Die ganz pauschale Angst vor dem Heim sei nicht gerechtfertigt, sagt Hagen. „Es gibt viele Menschen, die zu Hause vereinsamen. In einem guten Heim, das auf gemeinsame Aktivitäten setzt, leben diese Menschen oft auf.“ Doch Hagen will nichts beschönigen. „Es gibt auch Heime, da passiert nicht viel, da kann es sein, dass die Menschen auch ganz alleine sterben.“
Wie man ein gutes Heim findet, erfahre man zum Beispiel in Qualitätsberichten des Medizinischen Dienstes, die für die Heime verpflichtend und im Internet abrufbar sind. „Aber es spricht sich meistens rum.“ Als Angehöriger sollte man gucken, ob eine Residenz über einen Heimbeirat verfügt, in dem auch Bewohner aktiv sind. „Wenn da zum Beispiel das Essen nicht schmeckt, da wird dann richtig Rabatz gemacht.
Angehörige können das Pflegepersonal jederzeit ansprechen
Schauen die Angehörigen regelmäßig ins Seniorenheim rein, fühlten sich die Gäste meistens deutlich wohler. Wenn etwas nicht stimmt, können die Kinder das Pflegepersonal sofort drauf ansprechen. „Wenn keine Angehörigen da sind, ist das oft bitter.“
Was Hagen beobachtet hat: „Im Heim reden die Leute viel häufiger über das Sterben als daheim. Sie sprechen über ihre Ängste. Und trösten sich manchmal gegenseitig. Die Angehörigen sind oft ganz überrascht.“