Cambridge. Forscher haben im Herzen von Mäusen einen bislang unbekannten Vorrat von Stammzellen entdeckt, die mit denen des Knochenmarks verwandt sind - und die auch beim Menschen vorkommen. Die Wissenschaftler erhoffen sich nun neue Therapiemöglichkeiten für Herzinfarktpatienten.
Im Herz von Mäusen haben Forscher einen bisher unbekannten Vorrat von Stammzellen entdeckt. Diese Herzstammzellen existieren auch beim Menschen und können Verletzungen bei Bedarf reparieren. Das berichten australische Wissenschaftler im Fachmagazin „Cell Stem Cell“.
Die neu entdeckten Herzstammzellen sitzen in der äußeren Schicht der Herzwände und sind mit den Stammzellen des Knochenmarks verwandt. Sie können viele verschiedene Gewebe bilden, beispielsweise Herzmuskeln, Nerven, Wände von Blutgefäßen, aber auch Knochen und Knorpel. In erster Linie dienten sie aber dazu, Herzzellen zu erneuern und so Schäden am Herzgewebe zu reparieren, sagen die Wissenschaftler.
Herkunft bisher ein Rätsel
Sie hoffen daher, dass ihre Entdeckung dabei hilft, die Therapie nach Herzinfarkten zu verbessern: "Wenn wir ein Organ wiederherstellen wollen, müssen wir die Biologie dahinter verstehen", erläutert Studienleiter Richard Harvey vom Victor Chang Herzforschungszentrum in Darlinghurst. „Lange Zeit galt das Dogma, dass ein Säugerherz nur wenige Reserven hat, sich zu regenerieren“, schreiben Erstautor James Chong und seine Kollegen.
Inzwischen wisse man, dass etwa jede zweite Herzmuskelzelle im gesunden menschlichen Herzen im Laufe des Lebens durch eine neue ersetzt wird - die Herkunft der Ersatzzellen sei bisher allerdings ein Rätsel gewesen.
„Fast alle Organe besitzen Stammzellen oder ähnliche Vorläuferzellen, die das Bindegewebsgerüst und die Blutgefäße des Organs erhalten und im Falle von Krankheit und Verletzungen auch das spezifische Organgewebe erneuern“, sagen die Forscher. Bisher habe man solche Stammzellen unter anderem in Gehirn, Milz, Leber, Niere und Lunge entdeckt - jetzt zum ersten Mal im Herzen.
Stammzellen vermehren sich rasch
Für ihre Studie hatten die Forscher die Herzen von ungeborenen und geborenen Labormäusen verschiedenen Alters seziert. Aus diesen isolierten sie die Zellen, welche typische Kriterien für Stammzellen erfüllen.
Diese Zellen untersuchten sie dann eingehender in Kulturschalen. Wie die Forscher berichten, vermehrten sich die Herzstammzellen während der Entwicklung des Mäuseembryos sehr rasch. Am zahlreichsten seien sie dann im Herzen der erwachsenen Tiere.
Die Lebensdauer der Herzstammzellen sei für Säugtierzellen sehr hoch: In den Zellkulturen teilten sich die Stammzellen elf Monate lang, bevor sie schließlich alterten, schreiben die Forscher.
Neue Therapiemöglichkeiten für Herzinfarktpatienten
Die neu entdeckten Herzstammzellen seien relativ flexibel, um für viele verschiedene Arten von Verletzungen gewappnet zu sein, hätten sich aber auf Herzzellen spezialisiert, sagen die Wissenschaftler. Sie seien daher multipotent.
Das bedeutet, dass sie viele verschiedene, aber nicht mehr alle im Körper vorkommenden Zelltypen bilden können. Die Stammzellen im Herzen könnten nach Ansicht der Forscher neue Möglichkeiten für die Therapie unter anderem von Herzinfarktpatienten eröffnen.
"Die Häufigkeit von Herzversagen und Herzkrankheiten beim Menschen steigt exponentiell", schreiben Chang und seine Kollegen. Neue Therapien, um geschädigtes Herzgewebe wiederherzustellen, würden daher dringend gesucht. Jetzt müsse man die Rolle der Herzstammzellen für die Gewebeerneuerung genauer untersuchen, um herauszufinden, wie sie sich vielleicht nutzen lassen. "Wir wollen wissen, wie man die Stammzellen, die da sind, erhalten kann, und wie man ihren Verlust umgehen kann", sagt Harvey. (dapd)