Bochum. . 2004 war Djamma Amadou schwer erkrankt. Seit 2007 leitet sie Afas+, ein Überlebens-Projekt für HIV-positive Frauen und Kinder im westafrikanischen Niger. Hilfe sollen sie und ihre Mitstreiterinnen nun auch aus Bochum bekommen.

Dass ihr Mann 2003 an Aids starb und sie mit drei kleinen Kindern zurückließ, war ein großes Unglück für die junge Mutter im Wüstenstaat Niger. Als aber auch sie starkes Fieber, heftigen Durchfall und extreme Hautausschläge bekam, war schnell klar: Sie war infiziert mit dem HI-Virus und starb fast daran.

Ihr Glück waren das neue Gesundheitszentrum in Niamey, Niger, und ein junger Arzt, der im Gegensatz zu vielen Kollegen keine Furcht vor dem tödlichen Virus hatte. Er besorgte ihr kostenlose Medikamente, behandelte sie intensiv und machte ihr Mut zum Weiterleben. Das war 2004.

Heute ist Djamma Amadou 39 Jahre alt, lebt mit ihrem zweiten Mann und den Töchtern – alle vier sind HIV-negativ – in der Hauptstadt des westafrikanischen Staates. Eine strahlende Frau voller Würde, tatkräftig und überraschend fröhlich, wie ein TV-Film aus diesem Sommer belegt.

Kranke Frauen werden aktiv

2007 gehörte Djamma Amadou zu den Frauen, die mit Unterstützung des Deutschen Entwicklungs-Dienstes (DED) in der Hauptstadt Niamey die Organisation „Afas+“ gründeten. Die „Association des femmes actives séropositives dans la lutte contre le VIH/Sida“, zu Deutsch: Vereinigung der aktiven HIV-positiven Frauen im Kampf gegen das HI-Virus und Aids. Ein Selbsthilfeprojekt für HIV-positive und Aids-kranke Frauen.

Eine Dokumentation im Fernseh-Film über das Projekt sollte Kranken Mut machen und anderen die Panik vor dem Kontakt mit ihnen nehmen. „Aber der Schritt in die Öffentlichkeit wurde für sie zur Katastrophe“, hat Ingrid Farzin erfahren. Die Bochumer Ärztin kennt die afrikanische Anti-Aids-Aktivistin bisher nur über E-Mails. Nachdem ihr vor Jahren eine Bochumer Entwicklungshelferin von dem Projekt berichtete, fördert sie sie es mit regelmäßigen Spenden.

Nun, fürchtet Farzin, könnte es kippen. Weil auch auch im Staat Niger die Fördergelder knapp werden. Und weil die Vorkämpferin offensichtlich in Not ist. Ihr eindrucksvolles Eingeständnis im Fernsehen, die Aids-Krankheit „besiegt“ zu haben, hatte gravierende Folgen: Ihr Mann Amadou (45) verlor seine Stelle als Taxifahrer und schlägt sich seitdem als Lastenträger auf dem Markt durch. Die älteste Tochter hat nach massivem Mobbing die Schule kurz vor dem Abschluss verlassen. Und schließlich kündigte der Vermieter der Familie die Wohnung.

„Eine unschätzbare Arbeit“

„Nach diesen vielen Schreckensmeldungen mussten wir handeln.“ Ingrid Farzin und Regine Hellwig-Raub wurden sich darüber schnell einig. „Diese Frau hat sich mit unglaublicher Kraft ins Leben zurückgekämpft und leistet eine unschätzbare Arbeit in ihrem Land. Ich habe große Hochachtung vor ihr“, sagt die Unternehmensberaterin, die zügig ein Konzept für eine Hilfskampagne entwickelte.

Eine Grafikerin stiftete das Layout, 2500 Flyer hat ein Bochumer Grafik-Betrieb gespendet. Ein Spendenkonto hat Ingrid Farzin eingerichtet und das TV-Video aus Niger ist inzwischen in voller Länge auf YouTube zu sehen. Ergänzt durch eine Übersetzung der schwer verständlichen französischen Statements.

„Wir suchen jetzt Menschen, die helfen, das Frauenprojekt dauerhaft zu sichern“, haben sich die beiden Frauen vorgenommen. Denn Afas+ ist seit dem Start im Jahr 2007 erstaunlich stark gewachsen: 103 betroffene Frauen sind heute eingetragene Mitglieder, sie treffen sich regelmäßig im Gesundheitszentrum. Zum Reden, zu medizinischen Tests, zum gemeinsamen Essen.

Fast 900 Frauen und 250 Waisen werden betreut

Etliche von ihnen wurden medizinisch und psychologisch geschult, sie versorgen heute im Zentrum wie auch ambulant fast 900 infizierte und kranke Frauen im Land. Helfen nicht nur beim Arztbesuch, sondern auch beim Kochen, Duschen, Wäschewaschen.

Andere haben sich spezialisiert auf Vorsorge-Kampagnen und die Betreuung von rund 250 Aids-Waisen, die zumeist bei den Großeltern leben. „Die wenigsten Älteren auf dem Land können schreiben und lesen – deshalb brauchen sie verständliche und klare Informationen darüber, wie die Kinder ihre Medikamente nehmen müssen und wann der nächste Besuch im Gesundheitszentrum fällig ist“, weiß die Ärztin. Denn die richtige Dosierung der Medikamente hängt ab vom Status der roten und ­weißen Blutkörperchen

Erwachsene wie Kinder werden zudem regelmäßig im Taxi abgeholt zu den medizinischen Tests – ein funktionierender öffentlicher Nahverkehr existiert nicht im Land, die Taxi-Kosten sind für unsere Verhältnisse bescheiden.

Das Nahziel: Geld für die nächsten beiden Jahre

Bisher hat Afas+, die systematische Selbsthilfe mit eher bescheidener Staatshilfe, gut funktioniert in Niger, einem der fünf ärmsten Länder der Welt. 14 Millionen Menschen (Jahreseinkommen pro Kopf: 200 Euro) leben dort auf einer Fläche, die fast viermal so groß ist wie Deutschland. Doch die Gruppe kämpft nicht nur mit persönlichen Problemen.

Seit einigen Wochen ist das Laborgerät defekt – das einzige in der Hauptstadt, das die Konzentration der weißen Blutkörperchen ermittelt. Ein zweites Gerät steht 650 km weit weg in einer Missionsstation, unerreichbar für die Kranken im Südosten des Landes.

Auch Nigers Regierung leidet unter der Wirtschaftskrise, das Geld für ein neues Gerät fehlt. Nun setzen die Bochumerinnen auf Spenden. „Die Frauen zeigen uns, dass Aids nicht nur Leid und Sterben ist, sondern dass sie mit großer Energie für sich, ihre Kinder und die anderen Frauen kämpfen. Wir wollen deshalb den Betrieb von Afas+ für die nächsten zwei Jahre absichern.“ 200 Euro pro Monat würden sie gern übermitteln, formuliert Ingrid Farzin ihr „Nahziel“. Dass das machbar wird, hoffen beide.

Der Film „Djamma – Madame Courage“ unter: www. youtube.com/user/HelftAfas
Mehr Infos und Spendenkonto über: ingrid-farzin@versanet.de