Berlin. . Unrühmlicher Preis für die Firma Ferrero: Verbraucher kürten die „Milch-Schnitte“ mit dem „Goldenen Windbeutel“ für die dreisteste Werbelüge 2011. Platz 2 der Foodwatch-Abstimmung belegt der Joghurt „Activia“ von Danone.
Der „Goldene Windbeutel“ für die dreisteste Werbelüge 2011 geht an die Firma Ferrero für ihre „Milch-Schnitte“. Das ergab eine von der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch initiierte Online-Abstimmung, deren Ergebnis am Freitag veröffentlicht wurde. Demnach stimmten mehr als 51.000 Verbraucher (43,5 Prozent) für die „Milch-Schnitte“. Insgesamt gaben 117.688 Menschen auf der Internetseite abgespeist.de ihre Stimme ab. Ferrero nahm den Preis nicht an.
Auf Platz zwei der Etikettenschwindelliste schaffte es „Activia“ von Danone mit 28,9 Prozent der Stimmen. Auf Rang drei folgte „nimm 2“ von Storck (16,1 Prozent). Den vierten Platz der dreistesten Werbelüge heimste „Ferdi Fuchs Mini-Würstchen“ von Stockmeyer (5,9 Prozent) ein. Auf Rang fünf folgte „Schlemmertöpfchen Feine Gürkchen“ von Kühne (5,7 Prozent).
Ferrero verteidigt Werbung
Nach den Worten der Leiterin der Foodwatch-Kampagne gegen Etikettenschwindel, Anne Markwardt, hat die „Milch-Schnitte“ mehr Zucker, mehr Fett und mehr Kalorien als ein Stück Schoko-Sahnetorte. „Die Ferrero-Manager täuschen ihre Kunden nach Strich und Faden, wenn sie ein solches Produkt als sportlich-leichte Zwischenmahlzeit bewerben“, sagte Markwardt. Mit einer so krass irreführenden Werbung trage Ferrero eine erhebliche Mitverantwortung dafür, dass in Deutschland bereits 15 Prozent der Kinder als übergewichtig gelten würden.
Ferrero erklärte dagegen, es gebe keine Hinweise, dass die Verbraucher die Werbung als irreführend empfänden. Regelmäßig würden Marktforschungsstudien zu den eigenen Produkten und der Werbung durchgeführt. "Wir stimmen den Vorwürfen von Foodwatch daher keinesfalls zu und nehmen den Negativaward nicht an." Man vertrete die Meinung, dass Ernährung und Bewegung zusammen gehörten. Um dies zum Ausdruck zu bringen, würden Sport-Testimonials wie Susi Kentikian und die Huberbuam genutzt. Der Konsum einer "Milch-Schnitte" zwischendurch sei durchaus mit einem ausgewogenen, sportlichen Lebensstil vereinbar.
Fünf Produkte zur Wahl
Goldener Windbeutel 2011
Der Negativpreis sollte Ferrero am Freitag am Deutschlandsitz des Unternehmens in Frankfurt am Main verliehen werden. Die Stimmabgabe lief vom 16. Mai bis zum 16. Juni 2011 auf der Internetseite abgespeist.de. Die Organisation hatte fünf Produkte zur Wahl gestellt.
Der Preis wurde zum dritten Mal vergeben. 2010 hatte die Molkerei Zott den „Goldenen Windbeutel“ für ihren „Monte Drink“ erhalten. 2009 wählten die Verbraucher Danones probiotischen Joghurt „Actimel“ zur Werbelüge des Jahres.
Kritik am DFB für Kooperation mit Ferrero
Foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode, hat den Deutschen Fußball-Bund (DFB) für seine Kooperation Ferrero kritisiert. "Es gehört schließlich zu den in der Satzung des DFB festgeschriebenen gemeinnützigen Aufgaben, eine gesunde Ernährung präventiv zu fördern", sagte Bode am Freitag in einem dapd-Interview.
Es könne nicht angehen, "dass man alles für Geld macht und die Jugend- und Sportförderung davon abhängig gemacht wird, wie viel Geld Privatkonzerne geben", sagte Bode. "Dazu muss sich der DFB mal öffentlich äußern."
Wenn sich der Fußball-Bund eng mit Firmen der Lebensmittelindustrie verbinde, dafür Geld bekomme und die Firmen im Gegenzug den guten Namen des größten Sportverbandes der Welt und seiner äußerst populären Spitzensportler nutzen könnten, um ihre "als harmlose Zwischenmahlzeiten getarnten Dickmacher unters Volk zu bringen", sei das ein inakzeptabler Zustand. Der DFB sei ein gemeinnütziger Verband, eine Institution, die das Gemeinwohl fördern solle, betonte Bode.
Foodwatch kündigt Konzernen weiteren Ärger an
Der Foodwatch-Geschäftsführer forderte die Industrie auf, sich die Frage zu stellen, ob der Lebensmittelmarkt für den Verbraucher da sei oder umgekehrt. Solange sich die Konzerne diese Frage nicht stellten, "bekommen sie weiter Ärger, auch von uns". Er monierte, die Industrie beschwere sich immer, an den Pranger gestellt zu werden. Sie habe sich selbst eingemauert und agiere defensiv. Sie behaupte, alles sei super und stecke als Antwort mehrere Millionen in eine bessere Kommunikation. Das nutze aber nichts. So lange die Industrie nicht einsehe, dass ihre Produkte das Problem seien und nicht die Verbraucher und kritische Organisationen wie Foodwatch, werde sich nichts ändern.
Den Start der von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) unterstützten Internetseite lebensmitteklarheit.de der Verbraucherzentralen ab Juli sieht Bode positiv. "Dass die Lebensmittelindustrie Sturm gegen diese Plattform läuft und hat sogar Rechtsgutachten von ehemaligen Verfassungsrichtern dagegen erstellen lässt, spricht für die Seite", sagte Bode. (dapd)