San Francisco.

Forscher fanden jetzt heraus, dass die Sprachregion im Gehirn weitaus komplexer ist als bisher angenommen wurde. Diese Ergebnisse können dazu beitragen Sprachstörungen gezielter zu behandeln.

Eine der beiden wichtigsten Sprachregionen des Gehirns besteht aus wesentlich mehr unterschiedlichen Bereichen als bisher angenommen. Dies hat ein deutsches Forscherteam durch die Analyse verschiedener Rezeptortypen in der Broca-Region des Gehirns herausgefunden. Die Ergebnisse könnten dazu beitragen, Sprachstörungen, auch in Folge von Unfällen oder Schlaganfällen, gezielter zu behandeln. Zudem lassen sich aus den neuen Erkenntnissen weitere Informationen über die Verbindungen der Sprachregionen mit anderen Bereichen des Gehirns ableiten, berichten die Forscher um Katrin Amunts vom Forschungszentrum Jülich.

Die Broca-Region gilt als eine der zwei wesentlichen Sprachregionen des Gehirns. Es ist vor allem für die Fähigkeit zuständig, Laute und Worte zu bilden, sowie für die grammatikalischen Aspekte der Sprache. Die zweite zentrale Sprachregion, das Wernicke-Areal, ist dagegen vor allem für das Verstehen von Sprache von Bedeutung. Bisherigen Annahmen zufolge unterteilt sich die Broca-Region in lediglich zwei Gebiete, die sogenannten Brodmann-Areale 44 und 45.

In Zusammenarbeit mit Forschern aus Aachen, Leipzig und Düsseldorf hat das Team um Katrin Amunts nun zum ersten Mal die Verteilung sechs verschiedener Rezeptortypen in der Broca-Region analysiert. Rezeptoren spielen eine wichtige Rolle bei der Signalübertragung zwischen Nervenzellen, sie sind sozusagen die Andock- und Verteilerstellen für eingehende Reize. Frühere Studien hatten bereits herausgefunden, dass die Verteilung verschiedener Rezeptortypen im Gehirn Aufschluss über die Funktionen verschiedener anatomischer Bereiche geben kann.

Hirnregion besteht aus einer Vielzahl von Arealen

Die Sprachregion des Menschen gleicht einem Mosaik. (Bild: Imago)
Die Sprachregion des Menschen gleicht einem Mosaik. (Bild: Imago) © imago stock&people

„Unsere Untersuchung zeigt nun, dass die Broca-Region nicht nur aus zwei, sondern aus einer Vielzahl von Arealen besteht, die ein hochdifferenziertes Mosaik bilden“, berichtet Karl Zilles, einer der Studienautoren. Dabei konnten die Forscher sieben funktionell unterschiedliche Areale deutlich voneinander abgrenzen. Die Entdeckung passt nach Einschätzung der Wissenschaftler zu bisherigen Ergebnissen, nach denen Schädigungen in der Broca-Region zu mehr als einem Dutzend verschiedener Sprachstörungen führen können - zum Beispiel zu Problemen beim Sprachverständnis, bei der Benutzung der Grammatik oder bei der korrekten Aussprache.

Weiterhin entdeckten die Forscher, dass ein bestimmter Rezeptor - der sogenannte cholinerge M2-Rezeptor - in der linken Hälfte des Gehirns deutlich häufiger vorkommt als in der rechten. Auch dieses Puzzleteilchen füge sich gut ein, da vor allem die linke Gehirnhälfte für die Sprache zuständig sei, schreiben die Forscher. Es erklärt möglicherweise auch, warum bei Patienten linksseitige Schädigungen der Broca-Region zum vollständigen Verlust der Sprachfähigkeit führen, während rechtseitige lediglich den Verlust der Sprachmelodie zur Folge haben.

Aus den Ergebnissen leiteten Amunts und ihr Team zudem ein Modell ab, in dem neben der Broca-Region auch die Rezeptormuster benachbarter Regionen wiedergegeben sind. Es könnte dazu beitragen, das Zusammenwirken verschiedener Hirnareale genauer zu verstehen - zum Beispiel vom Broca-Areal und motorischen Regionen des Gehirns, die für Bewegungen zuständig sind.

Die Ergebnisse sind zum einen für die Sprachforschung und das Verständnis der Sprachevolution von Bedeutung. Vor allem aber könnten sie dazu beitragen, Sprachstörungen bei Kindern oder sprachliche Beeinträchtigungen nach Schlaganfällen besser zu verstehen und gezielter zu therapieren. (dapd)