Frankfurt/Main. Wie Forscher jetzt herausfanden, ist die Verarbeitung von Sinnesreizen im Gehirn komplexer als lange vermutet. So laufen Prozesse der Wahrnehmung nicht nacheinander ab, sondern werden von Reizen beeinflusst die vorher registriert wurden.

Bislang glaubte man, dass die Wahrnehmung schrittweise abläuft und das Denkorgan einen Eindruck nach dem anderen verarbeitet. Aber die Aktivität von Nervenzellen wird auch von Reizen beeinflusst wird, die schon früher registriert wurden, wie Forscher des Frankfurter Max-Planck-Instituts für Hirnforschung entdeckten.

Wenn man ein Bild sieht und unmittelbar danach die Augen schließt, bleibt es noch eine kurze Weile sichtbar. Die Fachwelt spricht vom ikonischen Gedächtnis. Nun zeigten die Frankfurter Wissenschaftler Katzen Buchstaben, während Elektroden die Reaktion von bis zu 100 Zellen der primären Sehrinde aufzeichneten. Anhand deren Aktivität konnten die Wissenschaftler rück schließen, welche Zeichen die Tiere gerade gesehen hatten.

Im zweiten Schritt vertauschten die Forscher die Buchstaben, veränderten ihre Präsentationsdauer oder auch die Länge der Pausen zwischen einzelnen Bildern. Danach konnten sie nach Angaben des Max-Planck-Instituts nicht nur vorhersagen, welche Buchstaben die Katzen diesmal sahen, sondern auch welche sie kurz zuvor gesehen hatten. Die Nervenzellen übertrugen also nicht nur Informationen über die gerade wahrgenommenen Symbole, sondern auch über die vorangegangenen Zeichen.

«Das Gehirn funktioniert viel eher wie ein Wasserkrug, in den Steine hineingeworfen werden und Wellen erzeugen», erklärt MPI-Forscher Danko Nikolic. «Die Wellen überlagern sich, aber trotzdem bleibt in den resultierenden komplexen Aktivitätsmustern der Flüssigkeit die Information präsent, wie viele, und wie große Steine, wann ins Becken geworfen wurden.» (apd)