Essen. . Das akute Aortensyndrom kann Schmerzen hervorrufen, die an einen Herzinfarkt denken lassen. Dahinter steckt aber ein Defekt der Hauptschlagader.

Wie Messerstiche, die in den Rücken und Brustkorb hämmern. So beschreiben Betroffene ihre Symptome, wenn sie mit diesen Schmerzen zum Arzt gehen – oder gebracht werden müssen. Dieses zerreißende Gefühl kann durch das sogenannte akute Aortensyndrom hervorgerufen werden. Darunter fallen unterschiedliche Krankheitsbilder, die jedoch alle gemeinsam haben, dass die Aorta – unsere Hauptschlagader – so beschädigt ist, dass sie dem Blutdruck nicht mehr richtig standhalten kann.

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Erkrankungen der Aorta würden häufig nicht rechtzeitig erkannt, sagt Professor Raimund Erbel, der frühere langjährige Direktor der Klinik für Kardiologie am Uniklinikum Essen. „Gerade der Bluthochdruck, der größte Risikofaktor für das Aortensyndrom, wird in meinen Augen immer noch nicht ernst genug genommen.“ Viele Patienten denken bei den Symptomen zunächst an einen Herzinfarkt. Bei genauem Nachfragen müsste sich allerdings dann schnell zeigen, dass das Beschwerdebild ein anderes sei. „Bei einem akuten Aortensyndrom ist der Schmerz sofort da und maximal stark“, sagt Raimund Erbel. Bei einem Herzinfarkt gebe es dagegen eine Steigerung des Schmerzes.

Die Diagnose

Bei einem akuten Aortensyndrom kommt es an unterschiedlichen Stellen der Aorta zu Rissen oder Einblutungen, die lebensgefährlich sein können und sofort behandelt werden müssen. „Patienten, die mit starken Brust- und Rückenschmerzen kommen, sollten sofort ein EKG bekommen, die Aorta muss mit Ultraschall gesichtet werden, und spezielle Blutwerte geben Hinweise auf diese Erkrankung“, sagt Raimund Erbel.

Einer dieser Laborparameter sind die sogenannten D-Dimere. Sie entstehen im Körper als letzte Abbauprodukte, wenn ein Blutgerinnsel aufgelöst wird. Blutgerinnsel bestehen aus Fibrin. Wird Fibrin abgebaut, sind es zum Schluss besagte D-Dimere, die übrig bleiben und gemessen werden können.

In der aktuellen Leitlinie der European Society of Cardiology (ESC) wird besonders die Wichtigkeit der bildgebenden Verfahren wie CT und MRT hervorgehoben.

Hier könnten, neben der guten Darstellung der gesamten Aorta, auch Schädigungen von den abgehenden Gefäßen sichtbar gemacht werden. „Auch in Verdachtsfällen ist ein CT oder MRT meist notwendig, um ein akutes Aortensyndrom auszuschließen“, betont Raimund Erbel. Die Familienanamnese ist ebenfalls wichtig bei der Diagnosestellung. Denn Schädigungen der Aorta gehen nicht selten auf eine Bindegewebsschwäche zurück, die bereits andere Familienmitglieder betroffen haben könne.

Zudem sind zurückliegende Erkrankungen oder Operationen der Aorta ein Risikofaktor. „Grundsätzlich sollten nahe Angehörige ebenfalls untersucht werden, wenn sich der Verdacht bestätigt, um frühzeitig Schädigungen zuvorzukommen“, sagt Raimund Erbel.

Blutdruckkontrolle

Eine regelmäßige Kontrolle des Blutdrucks ist zwar sehr wichtig, aber genauso müssen im Alltag konsequent Verhaltensregeln eingehalten werden, um die Hauptschlagader zu schonen. Dazu gehört der Verzicht auf Nikotin, und bei zu hohem Blutdruck eine dauerhafte Senkung. „Gerade zu Beginn der Therapie geht es vielen Patienten mit den Medikamenten erstmal schlechter, aber das pendelt sich mit der Zeit meist ein“, sagt Raimund Erbel. Sport, der den Blutdruck zusätzlich steigert, ist damit tabu.

Behandlung

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Erkrankungen der Aorta zu behandeln. „Wenn die Schädigung im absteigenden Teil der Aorta (Aorta descendens) liegt, können wir oft erstmal konservativ mit Blutdrucksenkenden Mitteln behandeln“, sagt Erbel. Immer häufiger werden Stents, Gefäßstützen, die die Aorta stabilisieren und den Innenraum glätten, eingesetzt.

Transthorakale und transösophageale Echokardiographie

Neben dem CT und MRT gibt es noch die transthorakale und transösophageale Echokardiographie. Bei der sogenannten transthorakalen Echokardiografie (TTE) wird der Ultraschallkopf auf den Brustkorb gelegt. Diese Methode ist risikofrei.

Bei der transösophagealen Echokardiografie (TEE) wird das Herz von der Speiseröhre aus geschallt. Dabei wird, wie bei einer Magenspiegelung, ein Schlauch mit einem Ultraschallkopf in die Speiseröhre gebracht. Hier können vor allem kleine Blutgerinnsel sichtbar gemacht werden. In seltenen Fällen kann hierbei die Speiseröhre verletzt werden.

Gerade bei komplizierten Verläufen mit Ergussbildungen und Schmerzen, die nicht nachlassen, seien sie geeignet. „Heute passen sich die Stents der Anatomie besser an, sie sind biegsamer“. Frei von Risiken ist so ein Eingriff natürlich nie. „Aber mit Stents ist das Risiko niedriger, als bei der konventionellen Operation“, so Kardiologe Erbel.

Anders sehe es aus, wenn der aufsteigende Abschnitt (Aorta ascendens) betroffen ist. „Hier ist eine Operation angebracht.“ Auch wenn der Betroffene keine Beschwerden hat, so drohe ab einem Durchmesser der Hauptschlagader von über fünf Zentimetern eine innere Zerreißung (Dissektion) oder ein kompletter Riss (Ruptur).