Essen. . Das feine Bindegewebe hat eine enorme Wirkung. Mit Übungen aus dem Yoga bleiben die Faszien, die sich durch unseren Körper ziehen, geschmeidig.

Ein geheimnisvolles Netz durchzieht unseren Körper: die Faszien. Diese feinen Schichten aus Bindegewebe haben großen Einfluss auf uns: Sind sie verspannt und verhärtet, umschließen sie unseren Körper und unsere Psyche wie die Mauern eines Gefängnisses. Lockern und lösen wir sie aber, so tritt ein wunderbarer Effekt ein: Nicht nur unserem Körper geht es dann besser, sondern auch unserer Seele. Blockaden, negative Denkmuster, Ängste – all das wird in den Faszien gespeichert.

Psyche und Körper sollten nicht isoliert betrachtet werden

Neue wissenschaftliche Studien bestätigen: Wir sind ein Ganzes und unsere Psyche kann nicht von unserem Körper getrennt betrachtet werden. „Emotionen haben eine enorme Kraft, sie formen unseren Körper sehr viel mehr, als jede Vernunft es je zustande bringen würde“, schreibt der Heilpraktiker Peter Schwind in seinem Buch „Faszien: Gewebe des Lebens“.

Was in unserem Körper passiert, wenn er immer wieder mit zu viel Stress und negativen Gefühlen bombardiert wird, erklärt der amerikanische Körpertherapeut und Dozent Thomas W. Myers: „Wenn sich Stress im Körper ansammelt, hat er nur zwei Wege nach draußen. Der eine Weg führt über die Körperchemie.“ Durch den Stress werden dann sogenannte Neuropeptide ausgeschüttet und wirken auf unser Nervensystem. Das spüren wir an einer veränderten Stimmung, an Gereiztheit oder Nervosität. „Der andere Weg führt über Verspannungsmuster in unserem Körper“, so Myers. Hat die Seele zu viel Stress abbekommen erlebt, leitet sie den übermäßigen Druck an unseren Körper weiter.

Das Zwicken in der Schulter

Wir spüren dann eine Verspannung im Nacken oder es zwickt an der Schulter. Das Fatale: Haben sich Sorgen und Belastungen erstmal im Körper festgesetzt, können wir sie nicht mehr so leicht loslassen. „Schließlich werden unsere Gefühle sogar Teil des faszialen Gewebes“, erklärt Thomas Myers, Autor des Buches „Anatomy Trains: Myofasziale Leitbahnen“. Faszien bestehen aus festem Kollagengewebe und können versteifen und verfilzen.

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Gesunde Faszien sind dagegen sehr elastisch und enthalten viel Flüssigkeit und Nährstoffe. Sie machen uns flexibel und beweglich. Wenn wir älter werden oder viel Stress haben, verfilzen und vertrocknen die Faszien. Unser Körper wird anfälliger für Schmerzen.

Ida Rolf, Pionierin der Körpertherapie, war eine der ersten, die die Bedeutung der Faszien erkannte. Sie war schon früh der Meinung, dass ungelöste psychische Konflikte in unserem Bindegewebe feststecken – und dass wir sie über den Körper auch wieder lösen können. Doch erst heute können viele von Rolfs Visionen wissenschaftlich bewiesen werden. Wie Recht sie hat, beweist zum Beispiel dieses Experiment: In einem Laborversuch wurden Stress-Hormone auf Faszien-Gewebe geträufelt. Und selbst unter diesen Bedingungen, mit Gewebe, das längst nicht mehr lebendig war, zeigte sich ein starker Effekt: Das Faszien-Gewebe zog sich zusammen, verklumpte und verhärtete.

Nicht jede Form von Bewegung hilft

Was können wir also tun, wenn wir unsere negativen Gefühle wieder aus den Faszien lösen wollen? Nicht jede Form von Bewegung hilft, denn: „Die meisten Sportarten werden das Muster der Faszien nicht stark verändern, weil sie für die Muskeln entwickelt wurden oder für das Herz-Kreislaufsystem“, sagt Myers.

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Wenn Sie zum Beispiel joggen, ist das zwar sehr gesund. Das Bindegewebe wird dadurch aber nicht stark gedehnt, wenn Sie sonst keine anderen Übungen machen. Doch es gibt eine alte, einfache Methode, um unseren Körper wieder in Fluss zu bringen: Yoga. Studien haben die Heilkraft des Yoga belegt. Unsere Faszien lieben es, wenn wir sie intensiv dehnen. „Das ist das Wunderbare am Yoga, dass Sie durch die tiefe, lange Dehnung das Bindegewebe verändern können“, erklärt Thomas W. Myers. Die erfahrene Yoga-Lehrerin Christine Ranzinger bestätigt: „Faszien-Training kann ein effektiver Weg der Selbstheilung sein.“

Wenn verhärtete Faszien wieder biegsam und flexibel werden, dann kommt der Fluss der Lebenskraft wieder ins Fließen. Ganz so, als fordere der befreite Körper die Seele auf, aufzuwachen.

Die Geschichte ist im Magazin „Herzstück“ (Heft 02/15, 4,50 Euro, am Kiosk) erschienen.