Leipzig. Die umstrittenen E-Zigaretten sind keine Arzneimittel. Das hat das Bundesverwaltungsgericht am Donnerstag verkündet. Wären diese sogenannten Liquids als Arzneimittel eingestuft worden, hätten sie nicht mehr wie bisher in Tabakläden oder im Internet verkauft werden dürften. Zudem bräuchten sie wie jedes Medikament eine Zulassung.
Die Raucher von E-Zigaretten können weiter Dampf ablassen. Die nikotinhaltigen Flüssigkeiten, die in den elektronischen Zigaretten erhitzt und verdampft werden, sind keine Arzneimittel, entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Donnerstag und lehnte ein Verbot der elektronischen Zigaretten ab.
Somit brauchen die sogenannten Liquids auch keine Zulassung und können wie bisher frei in Kiosken, Tabakläden und im Internet verkauft werden. (Az.: BVerwG 3 C 25.13 bis 27.13)
Für die Anhänger der E-Zigaretten ist das Urteil eine Bestätigung. Gesundheitsexperten reagierten dagegen enttäuscht, weil die umstrittenen elektronischen Zigaretten weiterhin nicht kontrolliert und überwacht werden.
"Wir haben von Anfang an die Position vertreten, dass es ein Tabakprodukt ist. Die E-Zigarette ist für Raucher gedacht, sie simuliert das Rauchen, sie sieht sogar ähnlich aus wie eine Zigarette", sagt Dac Sprengel, der Vorsitzende des Verbands des eZigarettenhandels (VdeH).
Gericht: E-Zigarette hat keinen therapeutischen Zweck - deshalb kein Arzneimittel
Nach Angaben des Verbandes greifen immer mehr Menschen in Deutschland zur E-Zigarette. 2012 dampften 1,4 Millionen, 2013 waren es 2,2 Millionen. Ende dieses Jahres werde die Zahl der "Dampfer" auf mehr als drei Millionen steigen. "In den nächsten zehn Jahren werden wir die Tabakzigarette beim Marktanteil überholen. Das heißt, es werden weniger Menschen an raucherbedingtem Krebs sterben", sagt Verbandschef Sprengel.
Gegen die Einstufung als Arzneimittel spricht aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts vor allem eines: Es fehlt der therapeutische Zweck. Zwar wirkt sich das Nikotin auf den Körper aus - aber der Sinn des Nikotin-Dampfens sei es nicht, ein Leiden zu lindern. Ehemalige Tabakzigaretten-Raucher griffen auch nicht zur E-Zigarette, um sich das Rauchen insgesamt abzugewöhnen.
Bundesrichter folgen der Entscheidung des OVG Münster
Damit folgten die Bundesrichter einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster. Es hatte den drei Klägern - einer Ex-Ladenbesitzerin aus Wuppertal und zwei Herstellern von E-Zigaretten und Liquids - in der Vorinstanz recht gegeben.
Einer der Hersteller wurde von Linken-Politiker Gregor Gysi als Anwalt vertreten. "Ich bestreite, dass man sich mit Nikotin Nikotin abgewöhnen kann", meint Gysi. "Die elektronische Zigarette ist Vieles, aber kein Arzneimittel und kein Medizinprodukt."
Ob die E-Zigarette, wie von Befürwortern behauptet, tatsächlich dazu beitragen kann, die Zahl der Krebstoten zu senken, ist indes offen. Die Heidelberger Krebsforscherin Martina Pötschke-Langer sagt: "E-Zigaretten sind lediglich im Vergleich mit Tabakzigaretten weniger schädlich. Ein vollständiger Umstieg zum Rauchen von E-Zigaretten könnte wahrscheinlich das Gesundheitsrisiko der Raucher senken."
Noch keine Daten zu Langzeitfolgen von E-Zigaretten
Doch zu den Langzeitfolgen des Dampfens gebe es noch keinerlei Daten. Das Nikotin in der E-Zigarette dürfe nicht verharmlost werden, betont Pötschke-Langer. "Es macht abhängig, ist ein Zellgift und fördert das Wachstum bestehender Tumorzellen. Es steht auch im Verdacht, sogar Krebs zu erzeugen."
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Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte bedauert das Urteil. "Obwohl E-Zigaretten Nikotin verdampfen und deshalb mit potenziellen Gesundheitsrisiken verbunden sind, werden sie jetzt weiterhin nicht überprüft, nicht überwacht", teilt ein Sprecher mit.
Wie schwer sich die Behörden mit den umstrittenen E-Zigaretten und dem Gesundheitsschutz tun, zeigt auch ein anderes Urteil des OVG Münster. Das entschied erst Anfang Oktober, dass das strenge Nichtraucherschutzgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen nicht für Verdampfer gelte. Weil bei E-Zigaretten kein Tabak verbrannt werde, handele es sich nicht um Rauchen.
Gegen das Urteil ließen die Richter keine Revision zu. Jedoch kann die Stadt Köln, die einem Dampfer-freundlichen Wirt Ordnungsmaßnahmen angedroht hatte, dagegen Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einlegen. (dpa)