Nachrodt-Wiblingwerde.
Dass die Feuerwehr beim Löschen von Bränden mit Wasser arbeitet, ist bekannt. Dass sie nun aber auch im Wasser arbeitet, ist neu. Doch seit wenigen Tagen verfügt die Freiwillige Feuerwehr Nachrodt-Wiblingwerde als einzige Feuerwehr im Märkischen Kreis über zwei so genannte Strömungsretter.
Bei einem Strömungsretter handelt es sich um einen Schwimmer, der Personen aus fließenden Gewässern rettet. Michael Kling und Tobias Murza wurden in Österreich für diese neue Aufgabe speziell ausgebildet. In der Nähe von Landeck, im Tiroler Oberland, gibt es viele Wildgewässer, die zu beherrschen die beiden Wehrleute gelernt haben. Geschult wurden sie durch ein zertifiziertes Unternehmen; am Schluss der Ausbildung stand sowohl eine theoretische als auch praktische Prüfung.
Zunächst wurde die Handhabung einer Wurfleine geübt. Das ist ein starkes Seil, das an einem schwimmfähigen Sack befestigt ist. Die Funktion dieses Rettungsgerätes ist mit der eines Rettungsringes vergleichbar. Allerdings entfernt sich eine in ein fließendes Gewässer gefallene Person mit unglaublicher Geschwindigkeit. Eine Rettung von Land aus ist dann unter Umständen nicht mehr möglich. Dann ist der Zeitpunkt gekommen, wo die Strömungsretter ins Wasser gehen. Die dazu notwendige Technik beherrschen Kling und Murza jetzt und sind berechtigt, sich „geprüfte Strömungsretter“ zu nennen.
Fluss wird leicht unterschätzt
Nun ist die Lenne vom Inn, auf dem die Ausbildung auch stattfand, weit entfernt. „Die Lenne ist aber nicht weniger gefährlich“, erklärt Kling, dass der Fluss vor der Haustür leicht unterschätzt wird. Heftige Strömungen im Nachrodter Bereich gibt es beispielsweise in der Rastatt-Kurve unterhalb Klaras Höhe und am alten Nachrodter Wehr an der Klingestraße. „Bei Hochwasser“, so Kling weiter, „herrschen dort mindestens so extreme Bedingungen wie bei einem Gebirgsfluss“. Dann schießen über das Nachrodter Wehr schon einmal rund 400.000 Liter Wasser in der Sekunde. Wer in einen solchen reißenden Fluss gerät, hat kaum eine Chance. Die Wahrscheinlichkeit, dass Kling und Murza an der Lenne einmal ihre speziellen Fähigkeiten unter Beweis stellen müssen, ist gar nicht so gering. So wusste Kling zu berichten, dass in den vergangenen Monaten zunehmend zu beobachten sei, dass Eltern und Kinder an und in der Lenne Erholung suchen. „Das ist auch kein Wunder“, ergänzte Murza. „Viele Schwimmbäder schließen und daher wählt man dann als Alternative den vermeintlich harmlosen Lennefluss“.
Auch das Kajakfahren auf der Lenne sei beliebt. Nur müsse man sich auskennen wie beispielsweise die aktiven Mitglieder des Kanu-Vereines Altena. „Die kennen natürlich die gefährlichen Stellen und weichen ihnen aus“, so Kling. Auswärtige Kajakfahrer haben dagegen schon einmal ihre Probleme, wenn sie ihre Fahrt mit dem Ziel Hohenlimburg in der Rastatt-Kurve beginnen. „Dann müssen sie das Nachrodter Wehr passieren“, sagt Kling. Bei Niedrigwasser ist das kein Problem, bei Hochwasser dagegen sehr wohl.
Zahl der Unfälle stieg überproportional
Die Zahl der Unfälle mit Personen, die in Fließgewässer fallen, sei in den vergangenen Jahren überproportional gestiegen, wissen die beiden Strömungsretter. Nicht nur die Nachrodter Wehr, sondern alle Blauröcke aus dem Märkischen Kreis hätten – sofern an einem Fluss zuhause – Probleme bei der Wasserrettung.
Kling will das ändern: „Ich möchte erreichen, dass sich mittelfristig noch mehr Wehrleute als Strömungsretter qualifizieren können“, sagt der stellvertretende Kreisbrandmeister. Denn er kennt einen Feuerwehrmann, der hilflos mit ansehen musste, wie eine Person in der Strömung der Lenne ertrunken ist. „Das ist zwar schon viele Jahr her“, so Kling weiter. „Aber heute könnten wir es verhindern“.