Lünen. .
PCB-Belastungen zum Teil weit jenseits der Toleranzwerte, aber unterhalb der Interventionswerte sind im ehemaligen Realschul-Trakt der Geschwister-Scholl-Gesamtschule entdeckt worden. Darüber informierte am Dienstagmittag die Stadt Lünen zusammen mit einer Fachfirma und dem Gesundheitsamt des Kreises Unna. Zur Sicherheit wird der komplette Anbau vorerst geschlossen. Das Kreisgesundheitsamt beruhigt: Mit einer Gesundheitsgefährdung ist nicht zu rechnen.
Die Untersuchungen wurden im Vorfeld der eigentlich anstehenden Arbeiten zur energetischen und brandschutztechnischen Sanierung des Gebäudeteils vorgenommen. Bei den Messungen in fünf Räumen wurden Raumluftkonzentrationen zwischen 447 und 2368 Nanogramm pro Kubikmeter Luft festgestellt. Unterhalb von 300 Nanogramm gibt es gemäß der PCB-Richtlinie keinen Handlungsbedarf, zwischen 300 und 3000 ng/m3 muss die Quelle aufgespürt und mittelfristig beseitigt werden. Erst darüber kann eine Gesundheitsgefährdung nicht mehr ausgeschlossen werden und es muss umgehend gehandelt werden.
Gefährdung nicht auszuschließen
Was die Stadt trotzdem zum sofortigen Handeln bewegt hat, waren die Messwerte bei einem von 209 „technischen Gemischen“, die es bei den polychlorierten Biphenylen (PCB) gibt. Beim PCB 118, das in seinem chemischen Aufbau Dioxin recht ähnlich ist, wurden Werte zwischen 8 und 68 ng/m3 gemessen. Ab 10 ng/m3 ist eine Gesundheitsgefährdung zwar nicht automatische Folge, aber nicht mehr auszuschließen.
Als Quelle der Belastung hat die Firma Tauw, welche die Untersuchungen durchgeführt hat, bestimmte Deckenplatten ausgemacht. Bei dem entdeckten Typ sei PCB in den Anstrichen vorgekommen, erläuterte Olaf Dünger, Abteilungsleiter Gebäudeschadstoffe des Unternehmens. Proben hätten dies bestätigt.
„Jetzt müssen wir klären, was noch Sekundärquellen sein könnten“, so erster Beigeordneter Günter Klencz in Vertretung des Schuldezernenten. So könne PCB auch von Wänden oder Möbeln aufgenommen werden, wenn es über viele Jahre in der Raumluft enthalten ist.
Ähnliche Fälle in NRW
„Bei der Frage nach einer gesundheitlichen Gefährdung kann ich beruhigen“, so der Amtsarzt des Kreises Unna, Dr. Bernhard Jungnitz. „Ich sehe da keine Gefahr.“ Er begründet dies mit Erfahrungen aus ähnlichen Fällen in NRW, vor allem aber aus eigenen Erfahrungen mit einer Bergkamener Schule, in der vor einigen Jahren PCB-Belastungen entdeckt wurden. Dort seien die Werte viermal so hoch gewesen. Seinerzeit habe man Blutuntersuchungen angeboten.
Selbst bei einer Lehrerin, die 27 Jahre lang in den betroffenen Räumen unterrichtet habe, seien keine Werte festgestellt worden, die sich von einem in dieser Region üblichen „Hintergrundrauschen“ unterscheiden würden. Er wies auch darauf hin, dass auch nach abgeschlossener Sanierung von PCB-freier Umgebung nicht die Rede sein könne, sondern dass Werte unterhalb der Toleranzgrenze angestrebt würden. PCB sei ein vom Menschen geschaffener Stoff, der allgegenwärtig sei und den man so schnell nicht mehr los werde. Den größten Anteil nehme der Mensch mit seiner Nahrung auf. Die Toleranzgrenzen sollen sicherstellen, dass nicht mehr als zehn Prozent über die Atemluft hinzukommen. Besorgte Eltern oder Lehrkräfte könnten sich jederzeit ans Kreisgesundheitsamt wenden.
Info-Veranstaltung geplant
Schulleiter Heinrich Behrens kündigte an, auch er stehe als Kontakt für Eltern zur Verfügung. Derzeit werde eine Info-Veranstaltung geplant, die nach den Ferien stattfinden soll. Außerdem wird ein Informationsschreiben herausgegeben. „Wir spielen mit offenen Karten, das ist doch keine Frage“, so Behrens.
Über die Kosten der Sanierungsarbeiten und ihre genaue Dauer gibt es noch keine Klarheit. Die Verwaltung geht davon aus, dass die Räume wohl ein Schuljahr lang nicht zur Verfügung stehen. Als Ersatz sollen zunächst die acht Klassenräume des ehemaligen Gebäudes der Overbergschule in Lünen-Süd verwendet werden, bis auf dem Gelände der Gesamtschule Klassencontainer aufgestellt werden können. Dies werde wohl aber nicht vor Beginn der Weihnachtsferien der Fall sein.
Betroffen sein werden wohl rund 200 Oberstufen-Schüler. Ob und wie häufig sie von Lünen-Süd nach Mitte pendeln müssen, steht deshalb noch nicht fest. Am ersten Unterrichtstag sollen sie sich zunächst an der Gesamtschule einfinden.