Essen.

Der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz, Christoph Unger, fordert Nachhilfe für Städte bei Großveranstaltungen. Bundesweit sind Konsequenzen in der Diskussion.

Die Katastrophe von Duisburg wird zum Lehrstück. Die Berliner Feuerwehr will Einsicht in die Sicherungskonzepte der Duisburger Loveparade haben, um aus den Fehlern zu lernen. Sachsen hat die Überprüfung aller Sicherungspläne für Großveranstaltungen und Stadien angekündigt, nachdem 2009 bei einem ­AC/DC-Konzert in einem Zugangstunnel des Leipziger Stadions vorübergehend eine ähnlich drangvolle Enge wie in Duisburg entstanden war. Der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz, Christoph Unger, fordert mehr Zusammenarbeit von veranstaltungserfahrenen und weniger erfahrenen Kommunen.

Bundesweit sind Konsequenzen für Planung, Durchführung und Rettungspläne von Massenveranstaltungen in der politischen Diskussion. Dabei setzt die Bundesregierung auch auf ein Konzept, dass der Katastrophenschutzexperte Dirk Oberhagemann zusammen mit renommierten Instituten erarbeitet. Es heißt „Risiko Großveranstaltung“ und soll durchgreifende Verbesserungen für die Sicherheit vorbereiten.

Allerdings ist Koordinator Oberhagemann bei der Arbeit auf der Loveparade in Duisburg massiv behindert worden. Er durfte weder den umstrittenen Tunnel filmen noch erhielt er die Sicherheitsunterlagen ausgehändigt.

Report bis Ende 2011

In seiner Arbeit beleuchtet sein Team die Entwicklung von Besucherzahlen, Einsätzen, kritischen Situationen und auch kritischen Veranstaltungen; Ende 2011 soll der Report vorliegen. Die Regierung erwartet Aussagen zu brisanten Fragen: Wie viel Personen sind auf welcher Fläche erlaubt? Wie viel Rettungskräfte sind wann notwendig? Bund und Länder wollen daraus Konsequenzen ziehen.

„Eine Loveparade ist die kritischste Veranstaltung“, sagte er unserer Zeitung. Sie sei drei bis vier Mal kritischer als eine Kieler Woche. „Schon in Essen und Dortmund ist es zu schwierigen Situationen gekommen“. In Duisburg, glaubt er, hätte keine Loveparade stattfinden dürfen.

Die Duisburger Behinderungen haben ihn hart getroffen. Beim NRW-Tag in Hamm, bei „Bochum total“, der Cranger Kirmes, auf der Kieler Woche und erst kürzlich bei den Kölner Lichtern konnte er dagegen ungehindert Videoaufzeichnungen ma­chen. „Ich habe viele Beispiele, wie es gut gelaufen ist. So etwas wie in Duisburg ist noch nie dagewesen“.

Mehr Übungen nötig

Der Chef des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in Bonn, Christoph Unger, sagte unserer Zeitung, die Katastrophe am letzten Samstag habe klar gemacht, „dass es Probleme gibt bei der Vorbereitung und der Planung solcher Großveranstaltungen und beim Wissenstransfer“ – zumal die Zahl der Veranstaltungen zunahm.

Hier soll gegengesteuert werden: „Es müssen schwierige Szenarien mehr geübt werden, die Stäbe müssen stärker qualifiziert und ausgebildet und die Vorbereitungen intensiver werden“, fordert Unger. „Und wir müssen den Transfer der vorhandenen Kenntnisse verstärken.“ So funktioniere die Kölner Organisation reibungslos: „Denken Sie an Papstbesuch und Karneval. Es ist ganz wichtig, dass Erfahrene wie Köln weniger erfahrene Städte unterstützen“.

Unger lobte aber die Arbeit der Rettungskräfte in Duisburg. „Die Bewältigung der Aufgaben, nachdem die Katastrophe eingetreten war, hat gut funktioniert.“