Duisburg. .
OB Sauerland will nachweisen, dass er keine Fehler begangen habe. Die Schuld für die Katastrophe gibt er der Polizei. Unterlagen, die DerWesten vorliegen, zeigen auch: Schon vier Wochen vor der Tragödie gab es massive Sicherheitsbedenken.
Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland denkt trotz des zunehmenden Drucks nicht an Rücktritt. Wenn er für die Tragödie die Verantwortung übernähme, würde er für den Rest seines Lebens für die Todesopfer verantwortlich gemacht, sagte Sauerland im Gespräch mit der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Wenn er sich so verhalten würde, wäre das quasi wie ein Eingeständnis, den Tod der Besucher verursacht zu haben. „Ich muss das durchhalten“, sagte Adolf Sauerland. Er werde nachweisen, keine Fehler begangen zu haben. Der Duisburger Verwaltungschef macht im Gespräch mit der WAZ, wie bereits vor ihm Loveparade-Veranstalter Lopavent, das Fehlverhalten der Polizei für die Katastrophe am Tunnel verantwortlich.
Sauerland kannte Details der Sicherheitsbedenken
Bereits vier Wochen Wochen vor der Loveparade 2010 in Duisburg hat das Bauordnungsamt massive Einwände gegen das vorgelegte Sicherheitskonzept erhoben. Das geht aus einem Sitzungsprotokoll hervor, das DerWesten vorliegt. Danach mussten die Sicherheitsbedenken auch dem Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland entgegen bisherigen Aussagen im Detail bekannt gewesen sein. Dies geht aus dem Verteiler hervor, der handschriftlich auf dem Protokoll vom 18.06. vermerkt ist und das Kürzel OB trägt. Das bedeutet, dass das Protokoll an den Oberbürgermeister geleitet wurde.
In dem Schriftstück, das an Stadtbaudezernent Jürgen Dressler gerichtet ist und das eine Sitzung mit dem Loveparade 2010 in Duisburg-Veranstalter Lopavent, der Feuerwehr, dem Ordnungsamt und dem Ordnungsdezernenten Wolfgang Rabe zusammenfasst, ist der Streit um die Fluchtwege dokumentiert.
„Überrascht, welche rechtlichen Anforderungen die Bauaufsicht stelle“
Lopavent wehrte sich dem Protokoll zufolge gegen die Vorschrift, bei 220 000 Besuchern 440 Meter Fluchtwege nachweisen zu müssen. In dem Protokoll werden die Lopaventvertreter mit den Worten zitiert: „Die rechtlichen Voraussetzungen hätten sie noch nie machen müssen. Sie seien überrascht, welche rechtlichen und formalen Anforderungen die Bauordnung stellen würde.“
Lopavent bestand dem Papier zufolge auf 155 Meter Fluchtweg, da es ihrer Erfahrung „ausreichend sei, wenn 1/3 der Personen entfluchtet werden können.”
„Die Anforderungen ließ er nicht gelten“
Aus dem Schriftstück geht weiter hervor, dass der Ordnungsdezernent Wolfgang Rabe, der an dem Gespräch teilnahm, Druck ausübte. „Herr Rabe stellte in dem Zusammenhang fest, dass der OB die Veranstaltung wünsche und dass daher hierfür eine Lösung gefunden werden müsse. Die Anforderungen der Bauordnung, dass der Veranstalter ein taugliches Konzept vorlegen müsse, ließ er nicht gelten“, so das Protokoll. Rabe forderte das Bauordnungsamt, das normalerweise nur Kontrollfunktion hat, auf, „an dem Rettungsgwegekonzept konstruktiv mitzuarbeiten“.
Der Leiter des Baudezernats, Jürgen Dressler, kommentierte das Schreiben handschriftlich: „Ich lehne aufgrund dieser Problemstellung eine Zuständigkeit und Verantwortung (...) ab. Dieses entspricht in keinerlei Hinsicht einem ordentlichen Verwaltungshandeln und einer sachgerechten Projektstellung.“
Hier geht es zum Gesprächsprotokoll: http://files1.derwesten.de/flashmm/PDF/protokoll.pdf