Duisburg/Berlin. .

Die Massenpanik bei der Loveparade in Duisburg, die 19 Menschen das Leben kostete, hätte von den Ordnern kaum verhindert werden können. Auslöser für eine Massenpanik sei die hohe Dichte an Menschen, so ein Verhaltensbiologe.

Die Massenpanik bei der Loveparade in Duisburg, die 19 Menschen das Leben kostete, hätte von den Ordnern kaum verhindert werden können. „Sicherheitskräfte sind in so einem Fall auch machtlos, ein einzelner kann da nicht eingreifen“, sagte Jens Krause, Verhaltensbiologe an der Humboldt-Universität zu Berlin, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur ddp. Krause und sein Team erforschen das Verhalten von großen Menschenmengen und Tierschwärmen.

Auslöser für eine Massenpanik sei die hohe Dichte an Menschen. „Bei zu hoher Dichte verliert der einzelne Mensch die Kontrolle, dann wird es den meisten unheimlich“, sagte er. Das sei etwa dann der Fall, wenn sich mehr als sechs Menschen auf nur einem Quadratmeter Fläche aufhielten. In Extremsituationen sei aber auch schon beobachtet worden, dass sich etwa zehn Personen auf so kleiner Fläche drängten. „Das war etwa bei der Panik in Mekka 2006 der Fall.“ Dort starben während der islamischen Wallfahrt Hadsch mehr als 350 Menschen.

In Menschenmengen entstehen Druckwellen

Aus Videoaufzeichnungen und Computersimulationen wisse man heute sehr genau, wie solche Menschenströme aussehen. Bei zu hoher Dichte entstünden regelrechte Druckwellen, in denen die Menschen hin und her geschleudert würden. „Wenn man in so einer Druckwelle steckt, ist man ganz passiv. Der Einzelne kann da nichts mehr tun“, sagte Krause.

Mit Rücksichtslosigkeit habe das Verhalten von Menschen bei einer Massenpanik nichts zu tun. „Gestürzten Menschen kann man in einer solchen Situation nicht helfen, selbst wenn man möchte“, sagte er. Wer das versuche, lande selbst schnell auf dem Boden und werde niedergetrampelt.

Engstellen immer gefährlich

Versuche der Forscher hätten allerdings gezeigt, dass sich Menschenmassen durchaus steuern ließen. Dazu sei es wichtig, Ordnungskräfte nicht nur am Rand des Geschehens, sondern auch mitten unter den Feiernden einzusetzen. „Es reichen etwa fünf Prozent an Menschen, die eine Richtung vorgeben“, erklärt Krause seine Versuchsergebnisse. Die Masse würde diesen dann folgen und könnte so schneller evakuiert werden.

Die Wahl des Festgeländes in Duisburg sieht der Verhaltensbiologe allerdings kritisch. „Der Tunnel ist ein Flaschenhals, da komprimiert sich die Menge“, sagte er. Engstellen wie diese seien immer gefährlich und müssten kontrolliert werden, damit die Dichte der Menschen dort nicht über den kritischen Punkt steige. Eventuell hätten die Veranstalter auch einfach die Beteiligung unterschätzt, vermutet Krause. Er empfiehlt, derartige Veranstaltungen eher auf offenem Feld abzuhalten, damit die Menschen Fluchtmöglichkeiten haben. „Das war etwa in Berlin im Tiergarten der Fall“, sagte er. (ddp)