Moers. Um 4.58 Uhr am Freitagmorgen war für viele Menschen am Niederrhein die Nacht zu Ende. Nach einem Bergschlag bebte in Moers und Umgebung die Erde. Der Geologische Dienst maß mit 3,1 auf der Richterskala den höchsten Wert für die Region seit Beginn der Aufzeichnungen 1955.

Am Niederrhein bebte Freitag um 4.58 Uhr (das ist 2.58 UTC-Weltzeit) die Erde: Der Geologische Dienst NRW maß mit 3,1 auf der nach oben offenen Richterskala den höchsten Wert für die Region seit Beginn der Aufzeichnungen 1955. Auslöser des so genannten Bergschlags, erklärt der Geo-Physiker Dr. Klaus Lehmann ist der Bergbau. "Die geringe Herdtiefe von etwa einem Kilometer lässt darauf schließen." Natürliche Beben hingegen entstünden in fünf bis 25 Kilometern Tiefe, so der Fachmann vom Geologischen Dienst NRW in Krefeld.

Das Bergwerk West in Kamp-Lintfort. Von hier aus wird das Flöz Girondelle 5 abgebaut, in dem es Freitagmorgen in 1200 Metern Tiefe zu dem Bergschkag kam. Grafik: Geologischer Dienst NRW / Luftbild: Hans Blossey
Das Bergwerk West in Kamp-Lintfort. Von hier aus wird das Flöz Girondelle 5 abgebaut, in dem es Freitagmorgen in 1200 Metern Tiefe zu dem Bergschkag kam. Grafik: Geologischer Dienst NRW / Luftbild: Hans Blossey © Hans Blossey

Was war passiert? „Hier sind keine Hohlräume oder Stollen eingestürzt. Im Boden lief das Spannungsgleichgewicht aus dem Ruder”, sagte Lehmann. Dadurch seien die Deckschichten oberhalb der Kohle in Erschütterung geraten. Das bekamen auch Kerstin Jordan und Markus Fabri zu spüren, die später über das Beben twitterten.

Fünf Sekunden, dann war wieder alles ruhig

Die Moerserin @lucky47 lebt nur wenig entfernt vom Epizentrum des Bergschlags in Genend. „Wenn es ein leichtes Beben ist und der Boden nur leicht vibriert, habe ich damit keine Probleme“, erzählt sie. „Aber bei diesem war ich total geschockt. Auch wenn es vielleicht nur fünf Sekunden waren, die alles gewackelt hat.“ Die Gläser im Wohnzimmerschrank, der Spiegel im Badezimmer. EIne Vase und mehrere Aufsteller sind herunter gefallen. Schäden am Haus hat der neuerlich Erdstoß glücklicherweise nicht hinterlassen. „Erst im Juni ist unser Haus neu verputzt worden.“ Grund auch hier: ein Bergschaden. Das Haus der Jordans hat von der vorderen zur hinteren Seite rund sieben Zentimeter Höhenunterschied, wie bei vielen anderen Häusern in der Siedlung.

@hr_markus lebt in Neukirchen-Vluyn und beschreibt die Situation so, „als wenn man über einer U-Bahn wohnt, die gerade unter einem herfährt." Auch er wurde durch die Erdstöße aus dem Schlaf gerissen, der Kleiderschrank wackelte. "Danach konnte ich nicht wieder einschlafen." Was den absoluten Bergbaugegner stört: "Insbesondere nach Tagebrüchen wie in Nachterstedt sollte auch die Deutsche Steinkohle sensibilisiert sein für solche Geschichten."

Nachdem der Geologische Dienst NRW morgens noch von einer vorläufigen Stärke von 3,3 auf der Richter-Skala berichtet hatte, korrigierten die Krefelder die Intensität des Bebens im Lauf des Vormittags nach unten auf 3,1. „Erst nach und nach waren die Aufzeichnungen der Seismometer aus den 13 verschiedenen Messstationen verfügbar." Zu spüren waren die Auswirkungen vor allem in südöstlichen Teil Kamp-Lintfort und dem nördlichsten Moerser Ortsteil Repelen. Etliche Rückmeldungen von Bürgern, die die Erdstöße bemerkten erhielt der Geologische Dienst über seine Internetseite aber auch von Bürgern aus Duisburg und Düsseldorf. Hier ist ein entsprechendes Formular hinterlegt, in das die Bürger ihre Beobachtungen eintragen können.

Die Deutsche Steinkohle AG (DSK), die im linksrheinischen Kamp-Lintfort das Bergwerk West betreibt, hat den Abbau im Flöz Girondelle 5 als Verursacher des Bebens ausgemacht. „Dieser befindet sich zurzeit im Bereich des Nordrandes der Pattberg-Halde in Moers-Repelen auf rund 1200 Metern Tiefe“, sagt DSK-Sprecher Ulrich Aghte. Er spricht auch davon, dass Erderschütterungen nicht zu verhindern und für den weiteren Abbau nicht auszuschließen seien." Schäden an Gebäuden wurden der DSK bei Freitagnachmittag nicht gemeldet. Eingeschaltet hat sich auch die Bezirksregierung Arnsberg, die den Vorfall als Bergaufsicht untersucht.

Stärkere Beben wird es wohl nicht geben

Das letzte bergbaubedingte Beben in der Region hatte es am 25. Februar dieses Jahres gegeben. Dies fiel aber mit einem Wert von 2,1 auf der Richterskala aber weitaus niedriger aus. Geo-Physiker Dr. Klaus Lehmann spricht in diesem Zusammenhang vom größten Ereignis der vergangenen Jahre. Dass die Menschen am Niederrhein auf noch stärkere Beben vorbereitet sein müssen, davon gehen Lehmann und seine Kollegen nicht aus. „Mit diesem Ereignis der Höchstwert erreicht."