Schwerte. . Schwertes Bürgermeister Heinrich Böckelühr äußerte sich am Freitag zu den umstrittenen Plänen, auf dem ehemaligen Gelände des KZ-Außenlagers Buchenwald Flüchtlinge unterzubringen. Rat und Verwaltung wollen an dem Entschluss festhalten.
Schwertes Bürgermeister Heinrich Böckelühr nahm bei einer Pressekonferenz am Freitag Stellung zu den viel kritisieren Plänen, in einer Baracke auf dem ehemaligen Gelände der KZ-Buchenwald-Außenstelle in Schwerte Flüchtlinge unterzubringen. Rat und Verwaltung der Stadt wollen bei dieser Entscheidung bleiben.
Böckelühr reagierte auf die Kritik, die unter anderem von NRW-Landesminister Guntram Schneider und NRW-Minísterpräsidentin Hannelore Kraft sowie von Historikern und Integrationsorganisationen kam.
Er erklärte: "So etwas kommt bei uns nicht ständig vor." Er warb für Verständnis für die "nicht einfache" Situation, in der er und die Stadt sich befänden. Im Vorfeld sagte Böckellühr, dass die Vertreter der Partei Die Linke kurzfristig abgesprungen seien. Alle anderen im Rat vertretenen Parteien nahmen an der Pressekonferenz teil und wollten die gemeinsam erarbeitete Erklärung vorstellen.
Besagte Baracke soll nach Krieg abgerissen worden sein
Der Bürgermeister kündigte an, die "aktuellen Erkenntnisse" der Stadt zur Geschichte der Baracke vorzustellen. Man habe beim Westfälischen Denkmalamt in Münster um Hilfe bei der Recherche gebeten.
Die Akten- und Datenlage sei schwierig, weil die Reichsbahn und dann Bundesbahn für das Gelände des ehemaligen Eisenbahnausbesserungswerks (EAW) bis 1990 zuständig gewesen sei.
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Bei den Recherchen, bei denen Luftbilder aus den Jahren 1952/1959 aufgetaucht sind, habe sich herausgestellt, dass die fragliche Baracke nach dem Zweiten Weltkrieg abgerissen worden sein muss. Allein die nahe gelegene Pfadfinderbaracke sei noch original.
Unklar ist, ob die Bodenplatten - die neuen Gebäude seien an der Stelle der alten SS-Baracken errichtet worden - historisch sind. Böckelühr erklärte, man sei sich dennoch des historischen Zusammenhangs des Geländes bewusst. Die besagten Luftbilder befänden sich derzeit beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL).
Pressekonferenz zur Flüchtlingsbaracke in Schwerte
Böckelühr auf die Frage, ob es erheblich sei, dass die Baracke nicht original sei: "Wir haben uns gefragt: Welche Form der Erinnerungskultur möchte ich in meiner Stadt vorhalten. Und da haben wir wirklich keinen Nachholbedarf." Der Bürgermeister verweist auf die zahlreichen Gedenk-Orte der Stadt. "Wir haben zu der historischen Bedeutung (des ehemaligen KZ-Außenlagers, die Red.) bekannt."
Alle Fraktionen hätten zugestimmt
Der Bürgermeister fragte: "Darf man ein solches Gelände (das EAW) in seiner Gesamtheit keiner anderen Nutzung zuführen?" Die Bahn habe das EAW weiterhin als Ausbesserungswerk genutzt, auf dem Grund und Boden, wo früher die Gefangenenbaracken standen, wurden Werksgebäude errichtet. Die Stadt habe bereits 1986 erste Überlegungen zur Einrichtung einer Gedenkstätte angestellt. Die Antwort auf die eingangs genannte Frage ist "Ja".
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Zum Entscheidungsfindungsprozess hinsichtlich des umstrittenen Standorts: Alle Fraktionen hätten der Einrichtung des Flüchtlingsheim in der Baracke zugestimmt, berichtete der Erste Beigeordnete Winkler. "Wir hatten aus Kapazitätsgründen gar keine andere Chance", so Winkler weiter. "Wir werden uns in den nächsten Wochen und Monaten intensive Gedanken zur Frage der Flüchtlingsunterbringung machen müssen."
Unklar, ob Flüchtlinge informiert werden
Unklar blieb, ob die Flüchtlinge im Vorfeld ihres Umzugs in die Räume über den historischen Hintergrund informiert werden oder worden sind.
Auf die Frage, warum die Stadt Schwerte sich erst jetzt mit der genauen Geschichte der Baracken auseinandergesetzt habe, erwiderte der Bürgermeister. "Es war kein Thema." Er verwies auf die unterschiedliche Nutzung der Baracke in den vergangenen Jahren. Erst jetzt, mit der "Zuspitzung" des Themas, habe man eine intensive Recherche angestrebt.
"Wer möchte, dass Menschen nicht nur in Sammelunterkünften untergebracht werden, muss den Kommunen geeigneten Wohnraum anbieten. Bewohnbaren Wohnraum", ergänzte Böckelühr. Er appellierte damit an Bürger, der Stadt leerstehende, adäquate Wohnungen für die Aufnahme von Flüchtlingen anzubieten. Oft seien die Wohnungen in keinem guten Zustand, so Böckelühr.
Ähnliche Pläne in Augsburg
Schwerte ist nicht die einzige Stadt, die Flüchtlinge in einer KZ-Außenstelle unterbringen will. Augsburg verfolgt ähnliche Pläne und lässt derzeit eine Kostenanalyse erstellen. Zuletzt hatte dort die US-Armee das Gebäude genutzt.
(mit dpa)