Essen. . Der Frachtverkehr auf den Straßen in NRW soll sich bis 2050 fast verdoppeln. Doch schon jetzt sind viele Autobahn-Bauwerke der Belastung kaum mehr gewachsen - weil sie zu alt sind. Der Landesbetrieb Straßen.NRW kennt zwölf Brücken, die dringend erneuert werden müssten.
3,5 Milliarden Euro braucht das Land NRW in den nächsten zehn Jahren, um die 400 Fernstraßen-Brücken zu sanieren, deren Tragfähigkeit dem Verkehr von heute nicht mehr gewachsen ist. Denn viele von ihnen sind zwischen 1965 und 1979 gebaut worden. Sie sind einfach alt.
Mehr noch: Beim Landesbetrieb Straßen.NRW gibt es längst eine „Top Twelve“-Liste mit Bauwerken, die ein Totalschaden sind. Sie müssen abgerissen und durch neue ersetzt werden müssen. Neben der jetzt auffällig gewordenen Leverkusener Autobahnbrücke über den Rhein ist durchaus noch andere Prominenz dabei: So der „Tausenfüßler“, der die Autobahn nach Koblenz A 565 durch die nördliche Bonner City führt.
Das ist die Abriss-Liste:
- A 1-Brücke bei Leverkusen
- A1 Liedbachtalbrücke
- A1 Dütebrücke
- A 1 Exterheide
- A 3/A46 im Autobahnkreuz Hilden
- A 4/A 544 im Kreuz Aachen
- A 45 Lennetal
- A 45 Talbrücke Rinsdorf
- A 45 Talbrücke Brunsbecke
- A 57 bei Dormagen
- A 59 bei Porz-Wahn und
- A 565, der Bonner „Tausendfüßler“.
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Nun warnen die Experten von Straßen.NRW davor, beim Befahren dieser Bauten ängstlich zu werden. „Es gibt kein Sicherheitsrisiko, weil wir ein engmaschiges Netz von Kontrollen haben“, sagen sie. „Jede Brücke wird mindestens zwei Mal im Jahr besichtigt, um zu prüfen, ob sich Veränderungen ergeben haben“. Alle sechs Jahre gibt es zudem eine Hauptuntersuchung.
Doch alleine die Leverkusener Rheinbrücke musste vor der aktuellen Sperrung für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen jeden Tag das Gewicht von 20.000 Lkw verkraften. 20.000 Lkw – das bedeutet, 20.000 Mal dem zerstörerischen Druck Stand halten, den 60.000 Pkw bewirken würden. Und bis 2050 soll der Frachtverkehr in NRW noch einmal um 80 Prozent zunehmen.
Erst Abriss und dann Neubau?
Abriss und Neubau sind nicht einfach. Die Aktion, die in den nächsten zehn Jahren, vielleicht aber noch kurzfristiger am Leverkusener Rheinufer starten muss, kostet alleine rund 150 Millionen Euro. Und dabei ist noch unsicher, wie man das hinbekommt. Erst der Abriss, dann ein gleicher Stelle der Neubau? Das bedeutet Jahre lange Staus auf dem ohnehin zugestauten Kölner Ring. Näher liegt also, die neue Brücke über den Rhein zu schlagen, solange die alte Brücke noch befahrbar ist - in unmittelbarer Nachbarschaft. Problem: Die Straßenbauer gehen davon aus, dass nicht nur die Brücke, sondern auch das Autobahnstück der A 1 zwischen Brücke und Leverkusener Kreuz ersetzt werden muss. Dort aber liegt unmittelbar die Sondermülldeponie des Chemiekonzerns Bayer.
Eher zufällig passen die sieben tiefen Risse im Brückenbauwerk von Leverkusen in die Schlussphase der Beratungen der Daehre-Kommission. Unter dem Vorsitz des früheren Verkehrsministers von Thüringen errechnen Experten gerade, wie teuer der Erhalt der Verkehrsinfrastruktur tatsächlich wird. Sie werden dort feststellen, dass 20 Prozent der Autobahnen und 40 Prozent der Bundesstraßen in bedenklichem Zustand sind und eigentlich jedes Jahr 7,5 Milliarden Euro für Straße, Schiene und Wasserwege zusätzlich gebraucht werden, um die Beulen auszubügeln.
Der nordrhein-westfälische Verkehrsminister macht sich schon Gedanken, wie an das Geld zu kommen ist. Tatsächlich läuft in den Debatten der Verkehrspolitiker viel in die Richtung einer deutlichen Erhöhung der Lkw-Maut. Sie müsste auf allen Straßen der Republik gezahlt werden, nicht mehr nur auf Autobahnen.
Aber vor der Bundestagswahl wird das wohl nichts mehr.