Essen. Mit einer anderen Fahrweise lässt sich der Verbrauch des Autos senken, ohne dabei länger unterwegs zu sein und ohne die üblichen technischen Mitteln. Mehr rollen lassen, weniger Gas geben, heißt die Devise. Die Bereitschaft dazu scheint jedoch gering zu sein.

Spritspartrainings sind in Deutschland (und nicht nur da) in etwa so beliebt wie Reifenpannen. Es gilt, sie nach Möglichkeit zu vermeiden. Das verbindet die Spar-Schulungen mit Fahrsicherheits- oder Seniorentrainings. Die Deutschen sind eben nicht nur ein Volk von Autofahrern, sondern das Volk der besten Autofahrer, das Ratschläge in den Fahrtwind schlägt: Danke, haben wir nicht nötig.

Eine überwältigende Mehrheit von 82 Prozent der Deutschen teilt die Meinung, dass ihre Landsleute mindestens gut Auto fahren, so – nur ein Beispiel – der jüngste Verkehrssicherheitsreport der Axa. Dass sich die Befragten selbst zu mehr als 90 Prozent für sehr gute Piloten halten, wundert da nicht. Der deutsche Teufelsfahrer verschwendet mit seinem Zaubergasfuß keinen Tropfen Benzin, basta.

Man muss nicht langsamer unterwegs sein

Spritspartraining, das klingt natürlich auch nach Anti-Fahrspaß, nach Unfreude am Fahren. Wer lässt sich schon gerne sagen, er soll erstens weniger und zweitens langsamer fahren, auf PS-Leistung und Luxus verzichten und öfter mal Fahrgemeinschaften bilden, schlimmstenfalls Rad fahren oder zu Fuß gehen, von Bus- und Bahn-Benutzung ganz zu schweigen. Oder tragen Sie Birkenstock-Latschen am Steuer?

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Dabei muss man ja gar nicht langsamer unterwegs sein, wenn man die einfachen Spartipps fürs Fahren beherzigt und den Wagen einfach mal rollen lässt. Rollen lassen? Da klingeln im Autofahrerhirn die Alarmglocken.

Viele Autofahrer deaktivieren die Start-Stop-Schaltung

An die automatische Motorabschaltung im Stand haben die Autohersteller den Fahrer ja inzwischen halbwegs gewöhnt. Geblieben ist die unterschwellige Angst, ohne laufenden Motor an der Ampel oder, schlimmer noch, auf der Kreuzung zu stehen. Das hat sicher viel mit Kontrollverlust zu tun – Komme ich hier wirklich wieder weg, oder fällt die Meute der anderen Autofahrer hupend über mich her? Kein Wunder, dass viele Autofahrer die Start-Stop-Schaltung lieber deaktivieren.

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Volkswagen war einst der Pionier der Motorabschaltung, aber der Golf Ecomatic scheiterte 1993 grandios und wurde nur 2000mal verkauft. Erst BMW gelang es 1997, die „unsportliche“ Motorabschaltung im Paket mit anderen angeblichen High-tech-Maßnahmen als „Efficent Dynamic“ zu verkaufen, ohne dabei die Silbe „Öko“ in den Mund zu nehmen.

Männer mit Benzin im Blut müssen tapfer sein

Das effiziente dynamische Erfolgsrezept von BMW haben alle anderen Hersteller kopiert, und längst grübeln Ingenieure und Werber darüber, wie man dem Autokäufer die nächste logische Spritsparstufe als Hochtechnologie schmackhaft machen kann. Der Golf Ecomatic hat es vorgemacht, einige Hybridmodelle tun es bereits: Es geht darum – alle Männer mit Benzin im Blut müssen jetzt ganz tapfer sein – den Wagen möglichst oft mit stehendem Motor einfach rollen zu lassen.

Wobei: Mehr Rollen lassen zum Spritsparen, das könnte eigentlich jeder jetzt schon haben.

Das bringt was

  • Leichtlaufreifen kaufen. Der sogenannte Rollwiderstand des Reifens macht rund ein Viertel der Widerstände aus, die ein Fahrzeug mit seiner Motorkraft überwinden muss. Er wird bei leicht laufenden Reifen bis zu 30 Prozent verringert – macht unter dem Strich ein Spritersparnis bis gut acht Prozent. Gute „L-Reifen“ sind auch kein Sicherheitsrisiko mehr mit viel längeren Bremsweg. Viele Infos zum Thema und Listen empfehlenswerter Leichtläufer für Winter wie Sommer gibt es bei der Deutschen Energie Agentur (Dena): www.ichundmeinauto.info/leichtlaufreifen.
  • Leichtlauföl verwenden. Sinngemäß gilt für Leichtlauföle das Gleiche wie für Leichtlaufreifen. Der Einspareffekt ist jedoch in der Praxis mit zwei Prozent geringer, die Mehrkosten liegen prozentual ein Vielfaches über denen der „leichten“ Reifen. Deshalb rät die Dena, bei einem Ölverbrauch über 0,3 Liter pro 1000 Kilometer auf teure Leichtlauföle zu verzichten.
  • Regelmäßige Wartung. Niedriger Luftdruck erhöht den Verbrauch und ist ein hohes Sicherheitsrisiko, das nebenbei auch noch den teuren Reifen zerstört. Ein zugesetzter Luftfilter und verschlissene Zündkerzen kosten jede Menge Sprit.
  • Kurzstrecken vermeiden.Ein kalter Motor benötigt im Winter mehr Kraftstoff als bei Autobahn-Vollgas. Benziner sind aus Prinzip deutlich kaltstartempfindlicher als Dieselmotoren. Natürlich lässt sich der „K-Start“ in der Praxis kaum vermeiden, vermeiden kann man aber, den Wagen im Stand warm laufen zu lassen. Das bringt nur dem Tankwart etwas und schädigt den Motor. Besser sofort losfahren.
  • Klimaanlage bedarfsgerecht einsetzen. Ungeregelte Anlagen nicht im Dauerbetrieb laufen lassen, da sie auch bei geringer Kälteabgabe mit hoher Leistung angetrieben werden müssen. Innenraum nicht zu stark herunterkühlen.
  • Keinen Strom verschwenden. Starke elektrische Verbraucher wie Scheiben- und Sitzheizung arbeiten nicht zum Nulltarif. Wer sie nur bei Bedarf einsetzt, kann in der Praxis ein paar Zehntelliter Kraftstoff auf 100 Kilometer sparen.

Das bringt wenig

  • Ballast abwerfen. Nur wer ständig zentnerweise Übergepäck sinnlos mit sich herumschleppt, hat Sparpotenzial im Kofferraum. Aber wer fährt tatsächlich immer vier volle Wasserkästen spazieren? Das Gleiche gilt für Dachgepäckträger und Dachboxen und Fahrradträger.

Das bringt nichts

  • „Premium“-Kraftstoffe. Wer mehr Oktan in den Tank schüttet als sein Motor verlangt, verbraucht zwar nicht mehr Super, bezahlt aber einen teils unverschämten Aufpreis an die Mineralölmultis. Das gilt auch für Diesel. „Sie sind nicht zum Spritsparen gedacht“, urteilt der ADAC über die angeblichen Premiumsorten.
  • Wundermittel. Da sie einfach nicht aussterben, muss es wohl immer noch genug Leichtgläubige geben, die für geheimnisvolle Benzinleitungsmagnete und wundersame Kraftstoffzusätze und anderen Hokuspokus Geld bezahlen. An denen verdient nur einer, und der Käufer ist es mit Sicherheit nicht.