Berlin. . Wenn Wechselkennzeichen in Österreich funktionieren, muss das noch nicht heißen, dass es auch in Deutschland klappt. Ein einzelnes Nummerschild für mehrere Fahrzeuge klingt zunächst verlockend wegen der Steuer, ist aber in Wirklichkeit kein Vorteil.
Ab 1. Juli dürfen Autofahrer mit nur einem Nummernschild wechselweise unterschiedliche Fahrzeuge im Straßenverkehr bewegen. Ähnliche Lösungen gibt es bereits in der Schweiz und in Österreich. Dort lässt sich mit dem Wechselkennzeichen Geld sparen: Man bezahlt Steuern und Versicherung für das größere, teurere Auto und für das zweite Auto nichts. Demgegenüber ist die deutsche Lösung eine Regelung mit Haken und Ösen.
Dennoch hofft Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), dass sie einen Anreiz darstellt, sich für kürzere Strecken einen sparsamen und damit umweltfreundlicheren Zweitwagen anzuschaffen. Auf diese Weise könne das neue Kennzeichen einen positiven Effekt für die Umwelt bewirken und ein Signal für die Automobilwirtschaft in Sachen Elektrofahrzeuge sein, heißt es in einer Stellungnahme des Ministeriums. Da aber Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nicht auf die Kfz-Steuern verzichten will, sind hierzulande beim Wechselkennzeichen für beide Mobile Steuern zu zahlen.
Der Auto-Versicherer will sein Risiko kennen
Auch bei den Versicherungen ist vermutlich nicht mit hohen Rabatten zu rechnen, da bereits Nachlässe für den auf klassische Art versicherten Zweitwagen gewährt werden. Außerdem müssten für eine Rabattierung hinreichende Schadensinformationen vorliegen, und das ist bezüglich der Wechselkennzeichen laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) noch nicht der Fall. Daher will der Verband vorerst keine unverbindliche Kalkulationsempfehlung für die Assekuranzen vorlegen. Und ohne diese Empfehlung geben Versicherungen nahezu keine Auskunft.
"Um eine Schadensinformation zu erhalten, muss der mögliche Kaskoschaden durch die Nutzer des Wechselkennzeichens ermessen werden", sagt Christian Lübke vom GDV. Im Klartext: Der Versicherer will sein Risiko kennen. Dafür müsste man wiederum wissen, für wen ein Wechselkennzeichen wirklich von Vorteil wäre.
Lübke fallen da bislang nur zwei Gruppen ein: Hobby-Autobastler und Menschen mit hohem Einkommen und mehreren Autos. Für alle anderen biete sich in Deutschland eher das Saisonkennzeichen an, das steuerlich und laut GDV-Vermutung wohl auch von der Versicherungsprämie her für den Fahrzeughalter günstiger sei als das Wechselkennzeichen.
Mit spitzem Bleistift kalkulieren
Der ADAC dagegen rechnet mit Vorteilen bei der Kfz-Versicherung. Um mit gutem Beispiel voranzugehen und wohl auch um neue Kunden zu gewinnen, bietet er einen speziellen Tarif mit nach eigener Aussage attraktiven Beiträgen an, von denen Wechselkennzeichennutzer profitieren sollen. Kein Wunder, dass GDV-Fachmann Lübke rät: "Man muss sich das im Individualfall ganz genau durchrechnen und man wird sehen, wie viele diese Lösung nutzen."
Und die ist einigermaßen kompliziert: Somit dürfen entweder zwei Pkw oder ein Pkw und ein Wohnmobil oder zwei Motorräder oder zwei Anhänger bis 750 Kilogramm zulässiger Gesamtmasse ein und dasselbe Kennzeichen besitzen, aber nicht ein Pkw und ein Motorrad. Das Nummernschild besteht aus zwei Teilen, dem fest angebrachten und fahrzeugbezogenen Teil mit gültiger TÜV-Plakette, und einem Blech mit dem Ort und der Zulassungsplakette, das wechselweise an beiden Fahrzeugen angebracht wird.
Parken nur auf privatem Gelände erlaubt
Gefahren werden darf immer nur eines der beiden Fahrzeuge, während das andere auf privatem Gelände abgestellt werden muss. Parken am Straßenrand oder in öffentlichen Parkhäusern ist nicht erlaubt. Saison-, Kurzzeit- und Ausfuhrkennzeichen sowie die rote Nummer können nicht als Wechselkennzeichen ausgeführt werden.
Wer das neue Nummernschild zum Auswechseln haben möchte, muss beim Straßenverkehrsamt voraussichtlich 105 Euro an Gebühren und Sachkosten bezahlen. Hinzu kommen die Kosten für die Kennzeichen. (dapd)