Bottrop. . Tatort B 224: Wahrscheinlich war es ein illegales Straßenrennen, das am Samstag in Bottrop vier Unbeteiligte ins Krankenhaus brachte. Und auch in Krefeld ermitteln die Behörden wegen eines ähnlichen Delikts.

Zwei junge Frauen und ihr Fahrer in einem Taxi. Eine sechzigjährige Dame aus Essen in ihrem Twingo. Vier Menschen warten an einer Kreuzung der B 224 auf Grün. Es ist ein sonniger Samstagabend in Bottrop, Tagesschauzeit, vielleicht wollen sie Freunde besuchen. Doch an dieser Kreuzung werden sie zu Opfern. Dabei ist der Blick frei, das Taxi und der Twingo sind gut zu sehen. Doch das Unglück braust blindwütig heran. Und mit einer solchen Geschwindigkeit, dass die Opfer offenbar nicht mehr selbst reagieren können. Zwei Sportwagen rammen die vier Menschen mit einer Wucht, die sie ins Krankenhaus bringt, womöglich ihr Leben verändert.

Ein schrecklich normaler Unfall? Alles deutet daraufhin, dass die vier Unbeteiligten Opfer eines illegalen Straßenrennens wurden. Ein 21-Jähriger aus Essen und ein 26 Jahre alter Borkener hatten sich zwei Kreuzungen weiter südlich getroffen, einen Mercedes CL 500 mit 360 PS und einen Audi A5 mit 238 PS unterm Hintern. Im Audi saß noch eine Beifahrerin.

Ob die Männer sich hier verabredet hatten oder spontan den Vergleich suchten, weiß die Polizei nicht. Die Verursacher schweigen. „Aber es sieht so aus, als wenn es zuvor eine gewisse Absprache gegeben habe“, erklärt Udo Wefringhaus, Dienstgruppenleiter der Polizei Recklinghausen. Denn der Borkener Audi platzierte sich auf dem Linksabbieger, während der Essener Mercedes auf dem rechten Standstreifen wartete, zwischen ihnen ahnungslose Autofahrer. Zeugen sagen, die beiden seien losgerast Richtung Gladbeck, als die Ampel auf grün sprang.

Den Twingo frontal gerammt

Die Möchtegern-Rennfahrer sollen sich auf dem kurzen Stück mehrfach überholt haben, gerieten offenbar derart in Raserei, dass sie die rote Ampel an der Horster Straße ignorierten. Der Audi rammte das Taxi aus Gelsenkirchen, das gerade von rechts auf die B 224 einbiegen wollte. Der Essener versuchte nach links auszuweichen und geriet dabei auf die Gegenfahrbahn. Er rammte frontal die 60-jährige Frau in ihrem Twingo.

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Alle vier Opfer mussten mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden. Der Horrorunfall zertrümmerte das Becken und die Rippen einer jungen Frau, zerriss ihr die Blase. Dem anderen Mädchen brach er die Wirbelsäule; noch ist nicht klar, ob sie bleibende Schäden davontragen wird. Die zwei Verursacher und die Beifahrerin dagegen wurden nur leicht verletzt. „Auf gut deutsch: Die Verlierer sind immer die Unbeteiligten in den kleinen Autos“, sagt Wefringhaus.

Was haben die mutmaßlichen Täter nun zu befürchten (und man muss sie so nennen, denn solche Straßenrennen sind eine Straftat)? Ihre Führerscheine sind zunächst weg. Die Staatsanwälte dürften eine Anzeige wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr mit gefährlicher Körperverletzung stellen. Bis zu fünf Jahre Gefängnis kann ein Gericht dafür verhängen.

Der Bundesgerichtshof hat Ende 2008 eine Tendenz vorgegeben, indem er ein Urteil des Landgerichts Konstanz verschärfte und bei zwei „Rennfahrer“ sogar auf fahrlässiger Tötung erkannte. Bei ihrer Hatz mit einem getunten VW Gold und einem Porsche Carrera war ein Beifahrer umgekommen. Der BGH erklärte, dieses Urteil sei verschärft worden, „um Nachahmer abzuschrecken“. Denn: „Der Senat sieht mit Besorgnis, dass diese Mutproben zunehmen.“

Einen solchen Trend kann die Polizei in Recklinghausen nicht bestätigen. Und auch in Bochum, wo sich die Szene gerne rund um den Sitz des Tuninganbieters D&W trifft, schätzt die Polizei illegale Rennen nicht mehr als großes Problem ein – wenngleich hier 2006 ein Bochumer bei einem solchen ums Leben kam. Wie in Mülheim am Rhein-Ruhr-Zentrum oder im Duisburger Norden hält die Polizei durch ständige Kontrollen die Szene in Schach, hat sie teils gezwungen, ihre Treffpunkte zu verlagern oder aufzugeben.

Unfall mit Kindern

Dass der Unfall in Bottrop kein Einzelfall ist, zeigt der Blick nach Krefeld: Hier wird aktuell gegen eine 19-Jährige ermittelt, die am Freitagabend in der Innenstadt mit ihrem vollbesetzen Mercedes einen vor ihr fahrenden Seat rammte. Dessen Fahrer musste in eine Spezialklinik geflogen werden. Zeugen hatten zuvor gesehen, dass ein dunkler Wagen – ein BMW? – neben ihr herraste. Zum Glück nur leicht verletzt wurden die zwei Kinder im Unfallwagen.