Kornwestheim. Nahezu jeder Autofahrer wird früher oder später einmal mit Tempoverstößen zu tun bekommen. Doch wie verhält man sich richtig, um möglichst glimpflich aus der Sache rauszukommen? Der Anwalt Michael Winter hat die richtigen Tipps.

Tempoverstöße passieren irgendwann wohl jedem Autofahrer. "Wird er nicht sofort angehalten, sollte er einige Ratschläge beachten, um sich später effizient wehren zu können", sagt der Kornwestheimer Anwalt Michael Winter. Der auf Verkehrsrecht spezialisierte Anwalt weiß aus seiner täglichen Erfahrung, wo Fußangeln lauern. "Ist man tatsächlich zu schnell gefahren und drohen keine Punkte in Flensburg, sollte man sich überlegen, ob ein Einspruch lohnt. Drohen indes Fahrverbot und Punkte, empfiehlt es sich, anwaltlichen Rat einzuholen", gibt der Jurist zu bedenken.

Beweisführung nicht unnötig erleichtern

Als einen "Kardinalfehler" bezeichnet Winter, nach Durchfahren der Kontrolle umzudrehen, hinter dem Messfahrzeug anzuhalten und mit den Beamten ein Gespräch zu beginnen. Denn bis zu diesem Zeitpunkt sei für die Tempo-Kontrolleure noch unklar, wer am Steuer gesessen habe. Lediglich die Fahrzeugfront, das Kennzeichen und - möglicherweise - das Gesicht des Fahrers habe die Kamera fixiert, und "im Hinblick darauf, dass der Staat gezwungen ist zu beweisen, wer am Steuer saß, sollte man ihm dies mit allem Respekt nicht unnötig erleichtern".

Temposünden fallen in den Bereich der sogenannten Halter-/ Kennzeichenanzeigen. Über das Kennzeichen wird der Fahrzeughalter ermittelt. Ihm geht eine sogenannte Anhörung zu. Der Halter ist verpflichtet, seine Daten anzugeben und kann sich zu dem Vorwurf oder zur Frage äußern, wer das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt lenkte. Reagiert er nicht, kann dies als eine Ordnungswidrigkeit geahndet und mit einem Bußgeld belegt werden.

Halter muss seine Daten angeben

"Derartige Anhörungen gehen stets formlos zu", schildert Winter den Gang der Dinge, "der Staat verfügt also über keinerlei Zustellungsnachweis." Bußgeldbehörden beachteten jedoch stets die ab Tattag gegenüber dem Fahrzeugführer laufende dreimonatige Verjährungsfrist. Die Bußgeldbehörde werde also versuchen, innerhalb der ersten drei Monate den Fahrzeugführer zu ermitteln. Dabei könne sie sich beispielsweise der Hilfe der örtlichen Polizei oder der Hilfe des Einwohnermeldeamts bedienen.

"Oft kommt es vor, dass ein Sachbearbeiter unter der Halteradresse lebende Personen ausfindig macht, die Passbilder einsieht und so abklärt, ob beispielsweise Ehefrau, Sohn oder Tochter mit dem Fahrzeug des Vaters gefahren sind. Über diesen erlaubten Datenabgleich kann man möglicherweise schon den Fahrzeugführer identifizieren", erläutert der Rechtsanwalt.

Dem Anwalt wird die Ermittlungsakte zugesandt

Sei dies gelungen, könne eine Anhörung des tatsächlichen Fahrers ergehen. Diese Anhörung unterbreche die Verfolgungsverjährung: Die Drei-Monatsfrist beginne erneut. Vor Ablauf der Fristen werde die Bußgeldbehörde, auch wenn der Fahrzeugführer sich nicht geäußert habe, dann üblicherweise einen Bußgeldbescheid erlassen. Dessen Zustellung erfolge über das Einwerfen der behördlichen Post in den Hausbriefkasten. "Ab diesem Zustelldatum läuft eine zweiwöchige Einspruchsfrist, welche keinesfalls versäumt werden sollte", betont Winter.

"Zu beachten ist zudem, dass bei Temposünden ab 21 Stundenkilometer bereits Punkte im Verkehrszentralregister eingetragen werden. Hier sollte unbedingt Einspruch eingelegt und ein auf Verkehrsrecht spezialisierter Rechtsanwalt eingeschaltet werden." Zwar habe man als Betroffener generell selbst das Recht, die Bußgeldakte einzusehen, jedoch nur am Ort der Bußgeldbehörde. Dem Anwalt werde die Akte zugesandt.

Vorsicht nach Bußgeldbescheid

Komme es zu einer Hauptverhandlung, finde die immer vor demjenigen Gericht statt, das örtlich für den Tatort zuständig sei, und das Gericht erwarte auch am Verhandlungstag die persönliche Anwesenheit. Viele Bußgeldverfahren enden nach Winters Erfahrungen in diesem Stadium, da manche Betroffene es nicht für sinnvoll erachteten, Reiseaufwand in Kauf zu nehmen, sondern stattdessen einen Punkteeintrag, sogar Fahrverbote kassierten.

"Das kann ins Auge gehen", gibt Winter zu bedenken und skizziert ein Beispiel: "Als bislang unbescholtener Autofahrer flattert Ihnen ein Bußgeldbescheid ins Haus; 27 Kilometer pro Stunde zu schnell gefahren. Nach dem Motto einmal ist keinmal unternehmen Sie gegen den Bußgeldbescheid nichts. Zwei Wochen nach dem Erhalt wird dieser rechtskräftig - was Sie jedoch nicht wissen, ist, dass Sie ab diesem Moment genau ein Jahr lang äußerst vorsichtig im Straßenverkehr agieren müssen." Komme es nämlich innerhalb dieses Jahres erneut zu einer Geschwindigkeitsübertretung von 26 Kilometer pro Stunde oder mehr, falle ein sogenanntes Regelfahrverbot für Wiederholungstäter von einem Monat an. (dapd)