Essen. Geschwindigkeitskontrollen an Autobahnen sind ein einträgliches Geschäft für die Städte. Ein neuer Blitzer an der A 2 bei Bielefeld beispielweise schaffte in Rekordgeschwindigkeit 100.000 Fotos und 16 neue Jobs in der Verwaltung. Aber auch die Blitzerquote an der A 40 kann sich sehen lassen.

Sie lauern an Autobahnen, Bundesstraßen, in Ortschaften: Radarfallen. Eine Anlage an der A 2 bei Bielefeld schaffte jetzt einen für Autofahrer traurigen Rekord. In einem halben Jahr schoss sie 100.000 Fotos. Beileibe kein Einzelfall: In NRW gibt es zahlreiche Blitzer, die es zu fragwürdiger Berühmtheit gebracht haben. Eine (höchst subjektive) Auswahl.

„Wie mir das passieren konnte, ist mir unbegreiflich.” Pendler Jörg F. aus Hagen musste tief in die Tasche greifen, als er an der A 45 zwischen dem Kreuz Dortmund-Süd und dem Westhofener Kreuz in die Tempofalle der Polizei Dortmund rasselte.

Fast jeden Morgen stehen die Beamten der Verkehrsüberwachung an diesem Punkt der Sauerlandlinie, Fahrtrichtung Frankfurt. Hier gilt Tempo 100, für Lkw gerade einmal Tempo 60. Ein einträgliches Geschäft, dem vor allem Ortsfremde zum Opfer fallen. Und Kundige, die gedankenverloren den Blick vom Tacho schweifen und den Wagen rollen lassen.

Blitzer am Unfallschwerpunkt

Wie viele Autofahrer der Blitzer im vergangenen Jahr erwischte, vermag die Polizei nicht aufzuschlüsseln: Nur so viel: 110.000-mal blitzte es allein im vergangenen Jahr im Zuständigkeitsbereich der Polizei Dortmund. Überhaupt gibt es in Nordrhein-Westfalen bislang keine zentrale Erfassung der Blitzerdaten. Eine Rangliste? Fehlanzeige.

Und noch ein Autobahnblitzer mit hoher „Abschussquote”: Seit Anfang 2008 steht an der A 46 vor dem Kreuz Wuppertal eine Anlage, um den Unfallschwerpunkt zu entschärfen. 85.377-mal ging Autofahrern seitdem ein Licht auf, eines, das über 62.000 teuer zu stehen kam. Noch immer halten genügend Kraftfahrer die 70 Stundenkilometer für eine Empfehlung.

Im Schwelmer Kreishaus wurden neun zusätzliche Mitarbeiter eingestellt, um die Pkw-Lenker eines Besseren zu belehren. Der Spitzenreiter schaffte Tempo 173. Er musste mehrere Monate auf seine Lizenz zum Fahren verzichten. Über eine Million Euro spült die Anlage dem Kreis jährlich in die Kasse.

Mitarbeiter eingestellt

Auch in Bielefeld stockte die Bußgeldstelle auf. Der Rekordblitzer an der A2 in Höhe Bielefelder Berg bescherte 22 Sachbearbeitern einen neuen Job, allein 16 mussten neu eingestellt werden und bezogen ein eigens angemietetes Bürohaus. Schlecht für die Stadt, gut für die Autofahrer-Nation: Nur etwa die Hälfte der rund 100.000 Fotografierten konnte ermittelt werden. Seit dem 11. Dezember 2008 wurden 50.000 Bescheide verschickt. Zahlreiche Ermittlungen verliefen im Sande, weil die Raser etwa aus Ländern kamen, die mit Deutschland keine Rechtsbeihilfe vereinbart haben oder weil sie auf den Bildern nicht erkennbar waren.

Trotzdem rechnet Stadtsprecher Dietmar Schlüter damit, dass sich die Anlage langfristig rechnet: „Wir haben 3,5 Millionen Euro investiert. Es bleibt was über. In Millionenhöhe.” Doch das sei nicht das Wichtigste, stellt er klar: „Die Anlage entschärft einen Unfallschwerpunkt.”

Ein solcher war auch Ursache für die Blitzer-Parade an der A 40: Hier warten gleich vier „Gebühreneinzugsmaschinen”, zwei für jede Fahrtrichtung, auf unvorsichtige Leidgeplagte, die sich tagtäglich über den Ruhrschnellweg quälen müssen. Wer viel Geschick beweist, kann gleich zweimal innerhalb weniger Minuten abgelichtet werden, einmal in der Buderus-Kurve zwischen Essen-Frillendorf und der Ausfahrt Kray und dann nochmal zwischen Kray und Gelsenkirchen.

120.000 Fälle an der A 40

120.000 aktenkundige Fälle 2008 – die Blitzerquote 2008 kann sich sehen lassen. Um mit einem Irrtum aufzuräumen: An die Verkehrsbeeinflussungsanlage, die die vorgeschriebene Geschwindigkeit der Verkehrssituation anpasst, sind die Blitzer nicht gekoppelt, können aber manuell nachjustiert werden. In Sicherheit kann sich kein Autofahrer wiegen. „Die Anlage ist ein Erfolg”, kommentiert das Rüdiger Wittkat, Leiter der Verkehrsüberwachung der Stadt Essen, knapp. „Die Ignoranz mancher Autofahrer ist einfach unglaublich.”