Bochum. . Prof. Wolff Schmiegel, Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft ist überzeugt: Würde die Darmkrebs-Vorsorge ernst genommen, könnte sich die Zahl der Neuerkrankungen von 73.000 auf 5000 bis 6000 Fälle reduzieren lassen. Das Verfahren gilt als sicher. Das Unangenehmste ist die Vorbereitung.
Darmkrebs ist tückisch. Wenn er Symptome zeigt, ist er oft schon weit fortgeschritten, und die Chance auf Heilung sinkt. Mit über 70.000 Neuerkrankungen und fast 30 000 Todesfällen pro Jahr gilt Darmkrebs als zweithäufigste Tumorerkrankung in Deutschland. Darmkrebs ist eine Krankheit, die den Menschen Angst macht. Dabei müsste das gar nicht sein.
Prof. Wolff Schmiegel, Direktor der Medizinischen Universitätsklinik Bochum und Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft sagt: „Würden alle 22 Millionen Menschen, die zur Vorsorge berechtigt sind, auch wirklich zur Darmspiegelung gehen, würde sich die Zahl der Neuerkrankungen von 73.000 auf 5000 bis 6000 reduzieren lassen.“
Darmkrebs zeigt keine Frühsymptome
Darmkrebs, so Prof. Schmiegel, sei „die einzige Krebsart, die sich durch eine vernünftige Vorsorge vermeiden lässt“. Um das Ziel zu erreichen, falle auch dem Hausarzt eine wichtige Rolle zu. „Er muss dem Patienten die Vorteile und Risiken genau erklären, davon hängt sehr viel ab.“
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Entgegen der weit verbreiteten Auffassung mache Darmkrebs keine Frühsymptome: Wenn Blut im Stuhl sichtbar ist, handele es sich, so Schmiegel, meist um einen schon fortgeschrittenen Tumor. Auch dann sei die Krankheit behandelbar, doch liegen die Chancen bei einem früh erkannten Karzinom deutlich höher.
Wie sieht die richtige Krebs-Vorsorge aus?
Ab dem 50. Lebensjahr zahlen die Krankenkassen einen Stuhltest. Bisher ist es nur der Enzymtest auf verstecktes Blut im Stuhl. Doch Krebs-Experten wie Prof. Schmiegel halten moderne Tests, so genannte „immunologische Stuhltests“, für deutlich aussagefähiger. (Der Preis liegt in etwa zwischen zehn und 20 Euro). Während der klassische Test ein Drittel aller Fälle von Darmkrebs aufspürt, konnten die immunologischen Tests Studien zufolge etwa doppelt so viele Krebserkrankungen erkennen.
„Die beste Methode ist die Darmspiegelung, sie ist der Goldstandard“, sagt Schmiegel. Statistisch betrachtet liege in 0,8 Prozent der Fälle (8 von 1000) eine Darmkrebserkrankung vor. „Früh erkannt, ist der Krebs dann jedoch zu siebzig Prozent heilbar.“ Die Entfernung von Polypen, also von möglichen Krebsvorläufern, ist jedoch als Vorsorge ebenfalls sehr wichtig denn danach „kann der Patient aufatmen, weil der Schalter für das Krebs-Risiko praktisch auf Null gestellt worden ist. Das ist in der Krebsfrüherkennung nahezu einzigartig.“
Wie funktioniert die Darmspiegelung?
In den meisten Fällen erfolgt eine Darmspiegelung ambulant. Wer möchte, bekommt kurz vor der Spiegelung ein Mittel gespritzt, das beruhig und schläfrig macht. Damit empfinden fast alle Patienten die Untersuchung als schmerzfrei. Sie dauert im Schnitt etwa 20 bis 30 Minuten. Wer vom Arzt ein Beruhigungsmittel bekommen hat, darf am Tag der Untersuchung nicht mehr Auto, Fahrrad oder Motorrad fahren. Außerdem darf er keine gefährlichen Tätigkeiten mehr ausführen.
Wie sieht die Vorbereitung zur Darmspiegelung aus?
Am Tag vor der Darmspiegelung empfehlen Experten leicht verdauliche Kost wie Joghurt oder klare Gemüsebrühe. Zusätzlich müssen die Personen eine abführende Lösung trinken. Menge und Einnahmezeitraum hängen dabei vom jeweiligen Präparat ab – meist sind es jedoch zwei bis drei Liter.
Ab mittags dürfen die Patienten normalerweise nichts mehr essen. Trinken ist erlaubt und erwünscht. Am Tag der Untersuchung fällt das Frühstück aus. Die Patienten trinken morgens eine zweite Portion des Abführmittels, damit sie den Darm vollständig reinigen. Je sauberer er ist, desto besser kann der Arzt die Schleimhaut beurteilen.
Welche Risiken birgt die Darmspiegelung?
Die Darmspiegelung gilt als ein sehr sicheres Verfahren. Blutungen kommen äußerst selten vor, so Prof. Schmiegel. Ebenso unwahrscheinlich ist ein Loch (Perforation), das durch die Untersuchung oder durch das Entfernen von Polypen entsteht.
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Manche Ärzte bieten auch eine „virtuelle Darmspiegelung“ an. Dabei wird der Darm anhand eines Computertomogramms oder eines Kernspintomogramms am Computer bildlich dargestellt. Diese Verfahren liefern derzeit noch keine so belastbaren Ergebnisse wie die „echte“ Darmspiegelung. Schmiegel: „Es ist keine Alternative zur Darmspiegelung.“
Was kann die neue „Kolon-Kapsel“?
Seit einiger Zeit gibt es auch eine „Kolon-Kapsel“, also eine Kapsel, die etwas dicker als eine Tablette und voll gestopft mit Technik ist. Es klingt verlockend einfach: Der Patient schluckt sie herunter. Und während sie auf ihrem Weg durch Magen und Darm saust, werden tausende von Bildern geschossen. Nach etwa acht Stunden scheidet der Patient die Kapsel wieder aus. Und der Arzt kann die Bilder auf einem Monitor betrachten.
Prof. Wolff Schmiegel: „Die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA hat die Kapsel zwar vor einigen Wochen zur Krebsfrüherkennung zugelassen. Doch noch ist dieses Verfahren der klassischen Darmspiegelung unterlegen. Unser Team arbeitet daran, die Methode zu verbessern, so dass dann nur noch Patienten zur Darmspiegelung müssen, bei denen die Kapsel gezeigt hat, dass Polypen vorliegen.“ Noch übernehmen die Kassen die Kosten (etwa 1000 Euro) nicht.