Oberhausen. . In unseren Köpfen befindet sich das Müsli in der Schublade der vernünftigen Lebensmittel. Dabei enthält der Topf mit den Frühstückflocken oftmals eine gehörige Portion Zucker. Ein Experte verrät, wie Sie versteckten Kalorienbomben auf die Schliche kommen und wie Sie Ihr eigenes Menü kreieren können.
Der Weg ins Müsliparadies führt über einen Oberhausener Hinterhof. Durch eine Garage geht es an Paketen vorbei in einen kleinen Raum, dann durch eine Tür in einen anderen kleinen Raum – und da ist er, der wahr gewordene Traum jedes Frühstücksflockenverehrers: auf dem Fußboden große Kisten mit Drei- oder Fünf-Korn-Flockenmischungen, Schokoknusper und anderen Basiszutaten, an der Wand ein Metallregal mit alphabetisch geordneten, sorgfältig beschrifteten Plastikbehältern voller Cornflakes, gefriergetrockneter Erdbeeren, Leinsamen, Cranberries in Orangenschokolade, Cashewnuss-Stücken, Schokolinsen. . .
Die Auswahl überfordert jeden Müsli-Laien, doch Béla Kubick, Chef von müsli.de und Herrscher über all diese Flocken, Körner und Früchte, berät gern bei der Zusammenstellung. Voller Enthusiasmus schaufelt er Zutaten in die Waagschale, erklärt seine Unternehmensphilosophie, streut nebenbei ein paar Ernährungstipps ein und garniert das Ganze mit ausladenden Gesten und einem Lächeln – er könnte glatt einem Frühstückscerealien-Werbespot entsprungen sein.
Süß, süßer, Fertigmüsli
In unseren Köpfen befindet sich das Müsli in der Schublade der vernünftigen Lebensmittel. Ein Blick auf die Inhaltsstoffe eines gängigen Supermarktmüslis zeigt jedoch: Neben Haferflocken, Nüssen und anderen Bestandteilen enthält es auch eine große Portion Zucker. Der steht meist ganz vorne auf der Zutatenliste und dann gleich noch mehrfach weiter hinten, nur „inkognito“, also unter anderem Namen. Die Verbraucherzentrale stellte in einem Marktcheck neben Zucker 70 verschiedene Bezeichnungen für süßende Zusatzstoffe in Lebensmitteln fest: Glukose-Fruktose-Sirup, Gerstenmalzextrakt, Oligofruktose, Molkepulver, Invertzuckersirup – um nur einige zu nennen.
Tückisch ist in diesem Zusammenhang der Zusatz „weniger süß – 30 Prozent weniger Zucker“, mit dem einige Produkte beworben werden. Erstens seien „30 Prozent weniger Zucker“ oft immer noch zuviel, so die Duisburger Ökotrophologin Birthe Krenski, und zweitens ändere sich der Kaloriengehalt des Müslis dadurch meist gar nicht. Wir lassen uns durch das klingende Werbeversprechen aber gern dazu verleiten, mit gutem Gewissen die doppelte Portion zu essen.
Natürliche Süße durch Obst oder Trockenfrüchte
Statt zur gesüßten Fertigmischung solle man lieber zu einer ungezuckerten Variante greifen, rät Birthe Krenski. Natürliche Süße erhalte das Müsli durch frisches Obst oder Trockenfrüchte. Wem das nicht süß genug sei, der könne dann immer noch mit Honig oder etwas Zucker nachhelfen.
Auch Béla Kubick verzichtet bei seinen Biomüslis auf zusätzlichen Zucker. Na gut, die Komponente Gummibärchen, die neben etwa 70 anderen Zutaten zur Auswahl steht, klingt nicht ganz nach vollwertigem Frühstück. Doch Kubick will seine Kunden ja auch nicht zu gesunder Ernährung zwingen: Wer Gummibärchen oder Schokolade im Frühstück haben wolle, bekomme sie auch – „ab und zu ist das schon ok“.
„Ein Schokomüsli kann schon lecker sein“, sagt auch Birthe Krenski, „man muss sich aber klarmachen, dass das kein besonders gesundes Frühstück mehr ist“.
Die Menge macht den Unterschied
Was die Ernährungsexpertin und der Müslifachmann an den Supermarktmischungen einhellig kritisieren, ist neben dem hohen Zuckergehalt der Zusatz von Aromastoffen. Da wir allerdings von Kindesbeinen an die künstlichen Geschmacksstoffe gewöhnt seien, so Krenski, könne es passieren, dass unsere Geschmacksnerven bei ausschließlich natürlichen Inhaltsstoffen etwas vermissen. „Wir müssen uns oft erst wieder an normalen Geschmack herantasten“. Aber das lohnt sich.
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Wir halten Müsli für gesund, also können wir auch reichlich davon essen – oder nicht? Die Menge ist der Knackpunkt, beim gesunden Biomüsli ebenso wie bei der Supermarktmischung. „Viele haben kein Maß“, sagt Birthe Krenski, „sie schütten eben Müsli in die Schüssel, bis sie voll ist“. Müsli sei aber eine gehaltvolle Hauptmahlzeit, und kein Snack: „Nüsse und Mandeln machen satt und liefern gute Fette“, sagt die Expertin, „haben aber auch viele Kalorien“. Kommt dann noch der zugesetzte Zucker hinzu, wird aus dem gut gemeinten Frühstück schnell eine Kalorienbombe.
Tägllich 30 Gramm Ballaststoffe
Außerdem empfiehlt Birthe Krenski, auf den Ballaststoffanteil zu achten: „Der sollte nicht unter acht Gramm pro 100 Gramm liegen“. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt übrigens, täglich etwa 30 Gramm an Ballaststoffen zu sich zu nehmen.
Besonders in der kalten Jahreszeit empfiehlt Birthe Krenski ein Müsli mit warmer Milch oder warmem Wasser. „Viele finden das erst einmal komisch“, sagt sie „aber es eignet sich perfekt, um gut in den Tag zu starten“. Und genau diese Starthilfe ist es ja, die wir von unserem Frühstück erwarten.
So stellen Sie Ihr Müsli selbst zusammen
Wer sichergehen will, dass er weder zu viel Zucker, noch zugesetzte Aromen in der Müslischüssel hat und außerdem Wert auf Bio-Zutaten legt, sollte sein Müsli selbst zusammenstellen. So geht’s:
Für Bequeme: Bestellen und liefern lassen
Das ganz persönliche gesunde Müsli ist nur ein paar Mausklicks entfernt: Da wäre zum einen das kleine, aber feine Oberhausener Portal Müsli.de Alles Bio, alles von Hand gemischt, alles verpackt. Für Unentschlossene gibt es einen Fragebogen mit dem Titel „Welcher Müslityp bist du?“
Der erste Anbieter, der die Idee des personalisierten Müslis auf den deutschen Markt brachte, war: Mymuesli mit Sitz in Passau. Hier kann aus 80 Zutaten gewählt werden, die sich aber vom Angebot des kleineren Konkurrenten kaum unterscheiden.
Und auch bei Cereal Club aus Hamburg lassen sich verschiedene Flocken, Früchte, Nüsse und Extras individuell zusammenstellen. Dabei werden dem Kunden auch Vorschläge gemacht, welche Zutaten gut zu seiner bisherigen Auswahl passen könnten. Dem selbst kreierten Müsli kann man bei allen drei Portalen einen Namen geben, um es bei einer späteren Bestellung wiederfinden zu können. Zudem lassen sich die Nährwerte der Müslis anzeigen und aufschlüsseln.
Allerdings hat das Angebot seinen Preis: Bei mymuesli.com kostet eine beispielhaft aus Basismüsli, drei Fruchtsorten, drei Nusssorten, zusätzlichen Flocken, Flakes, Samen und etwas Knuspermüsli zusammengestellte 575 Gramm-Packung 9,05 Euro (15,74 Euro pro Kilo). Die gleiche Mischung (allerdings mit 580 Gramm Inhalt) gibt es bei müsli.de für 9,75 Euro (16,81 Euro pro Kilo). Bei Cereal Club kostet ein ähnliches Müsli in der 600-Gramm-Packung 8,45 Euro (14,08 Euro pro Kilo). An Versandkosten berechnen alle Anbieter 3,90 Euro, die ab einem Bestellwert von 40 (Mymuesli, Müsli.de) bzw. 35 Euro (Cereal Club) entfallen.
Für Kreative: Mischen und nach Belieben verfeinern
Doch auch zu Hause kann man schnell ein eigenes leckeres Müsli kreieren: Für ihr „herzgesundes Müsli“ nimmt die Ernährungsberaterin Birthe Krenski drei Esslöffel grobe Vollkorn-Haferflocken als Grundlage, fügt einen Esslöffel Mehrkornfleks, und je einen Teelöffel Haferfleks und Cranberries hinzu. Dann schneidet sie einen halben Apfel und eine getrocknete Aprikose hinein und gibt zum Schluss drei Walnusshälften dazu. „Bei Bedarf kann man das Müsli mit etwas Honig süßen“, sagt sie. „Herzgesund“ ist die Mischung, da erstens die Ballaststoffe von Hafer und Apfel helfen, den Cholesterinspiegel zu senken, zweitens die Nüsse wichtige Omega-3-Fettsäuren liefern und drittens das Kalium der Aprikose auch noch den Herzmuskel stärkt.
Wer lieber das etwas süßere Knuspermüsli isst, vermischt grobe Haferflocken und beispielsweise Haselnüsse mit Honig und etwas Speiseöl, verteilt alles auf einem mit Backpapier belegten Backblech und lässt es im Ofen bei 175 Grad (Ober-/Unterhitze) backen, bis die Flocken leicht gebräunt sind. Zwischendurch immer wieder umrühren, damit das Müsli gleichmäßig knusprig wird.
Nach Belieben kann man sein Müsli mit gerösteten Kokoschips, Amaranth, Nüssen und frischem Obst verfeinern. Wer Trockenfrüchte bevorzugt, sollte darauf achten, dass sie nicht geschwefelt sind – „die sehen dann zwar nicht so schön bunt aus, sind aber gesünder“, so Birthe Krenski. Besonders experimentierfreudigen Müslifans rät die Fachfrau, mit Gewürzen wie Zimt, Vanille oder Kardamom zu experimentieren.