Münster/ Hagen. . Eine Superbiomarkt-Kette aus Münster will nach Südwestfalen vorstoßen. Inhaber Michael Radau eröffnet in Kürze seine 21. Filiale. „Superbiomärkte sollen die treibende Kraft im Biofachhandel sein“, fordert Radau.

Jaja, die bewegten 70er und 80er Jahre. Die Älteren erinnern sich noch an einige Errungenschaften dieser Zeit. Da gab es plötzlich kleine, dunkle Läden mit einem reichhaltigen Angebot an Vollkornprodukten, in denen meist langhaarige junge Menschen in groben Strickpullovern mit missionarischem Eifer bedienten und jeden Kunden sogleich duzten. Bioladen stand über der Tür. Ein Klischeebild, gewiss. Auch der Unternehmer Michael Radau (53) aus Münster kennt es und hat seine Lehren daraus gezogen.

„Viele Menschen fühlten sich in den klassischen Bioläden nicht wohl“, berichtet er in seinem SuperBioMarkt, einem von heute 20, im Untergeschoss der Arkaden im Zentrum von Münster. Aber der Bedarf war da Anfang der 90er Jahre. „Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl war noch nicht lange vorbei und die Menschen machten sich Gedanken um Ernährung - nicht um das, was schmeckt, sondern darum, wieviel Becquerel etwas enthält“, erinnert sich Radau, der in seinem hellgrauen Anzug dem Klischeebild des Öko-Unternehmer so gar nicht entspricht: „Man musste den Leuten eine Verkaufsform jenseits des Bioladen-Klischees anbieten, einen Bio-Supermarkt.“

Weiter nach Süden

Die Idee hat sich durchgesetzt, und Radau ist gerade dabei, seine 21. Filiale aufzumachen, in einem aufgegebenen Rewe-Markt an der B1 in Dortmund-Gartenstadt. Es ist bereits der zweite in Dortmund, und Radau kann sich gut vorstellen, noch weiter nach Südwestfalen, in Städte wie Hagen und Siegen, vorzustoßen. Ein Hochschul-Milieu ist kein Muss, schließlich hat er auch eine Filiale in Gelsenkirchen riskiert. „Sie liegt aber im Stadtteil Buer“, wie er versichert. Voraussetzung für eine Neugründung ist aber seinen Vorstellungen zufolge eine Mindestgröße von 400 Quadratmetern, zwei bis vier neue Filialen im Jahr hält Radau für ein „vernünftiges organisches Wachstum.“

Die Zeit der verbissenen ideologischen Grabenkämpfe ist vorbei, das kommt dem gebürtigen Münsteraner zugute. „Der Öko-Bereich ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen“, drückt er es aus. „Ich will zeigen, dass Ökologie und Ökonomie miteinander harmonieren.“ Dass das tatsächlich funktioniert, ist schon daran zu erkennen, dass der Laden in den Münsteraner Arkaden gefüllt ist wie ein herkömmlicher Supermarkt - und erkennbar nicht mit Kunden aus dem alternativen Milieu. Vor Neugründungen ist Radau nicht bange, wenn das Umfeld stimmt: „Manch einer wird bei uns zunächst nur Milch kaufen, bis er merkt, dass da wirklich freundliche und kompetente Menschen bedienen. Dann wächst das Vertrauen.“

Treibende Kraft im Handel

Im hellen und freundlichen Supermarkt selbst steht Obst und Gemüse aus biologischem Anbau im Eingangsbereich - die Kunden sollen dadurch Inspirationen erhalten, was sie kochen können. Darunter sind Erzeugnisse wie Pastinaken, Topinambur, Süßkartoffeln, Hokkaido-Kürbis, Ingwer, Kurkuma, schwarzer Rettich, Steckrüben - man muss sich guten Geschmack auch leisten können. Im Kühlregal Vegetarisches wie Bratlinge als Alternative zum Fleisch, Säfte, die Kernkompetenz eines Bioladens, in hunderten Geschmacksrichtungen, nicht viel weniger Sorten Müsli und Hülsenfrüchte. Dazu Bio-Bier von Pinkus Müller aus der Nachbarschaft.

Wo will Radau in zehn Jahren stehen, wie wird sich die Branche entwickeln? Er überlegt. „Superbiomärkte sollen dann die treibende Kraft im Biofachhandel sein“, sagt er. Und: „Im Lebensmitteleinzelhandel soll dann nicht mehr allein der Preis den Ausschlag geben.“