Berlin. Linkspartei-Chefin Katja Kipping will die linke Mehrheit im Bundestag nutzen, um die Union auszubooten. Noch vor der Regierungsbildung soll gemeinsam mit SPD und Grünen ein flächendeckender Mindestlohn beschlossen werden. Doch die Offerte stößt bei den Sozialdemokraten auf Ablehnung.
Die Linkspartei-Vorsitzende Katja Kipping hat SPD und Grüne aufgefordert, die gemeinsame Mehrheit im Bundestag zu nutzen und rasch einen gesetzlichen Mindestlohn zu beschließen. "Ich prognostiziere, dass es lange bis zur Bildung einer Regierung dauern wird", sagte Kipping der "Mitteldeutschen Zeitung" (Online-Ausgabe am Mittwoch). Es gehe nun darum, dieses Zeitfenster zu nutzen. Kipping kündigte eine baldige Initiative für einen flächendeckenden Mindestlohn an. Denkbar wäre ein Modell wie in Großbritannien, wo der Mindestlohn von einer Kommission der Sozialpartner festgesetzt werde. "Diesen Vorschlag werden wir noch vor dem 22. Oktober vorlegen. Ich bin gespannt auf die Änderungsvorschläge von SPD und Grünen", sagte Kipping.
Die SPD-Fraktion signalisierte aber umgehend Ablehnung. Das Thema sei "viel zu wichtig", als dass es für "parteitaktische Spielchen missbraucht" werden sollte, erklärte Vizefraktionschef Hubertus Heil am Mittwoch. Offen für die Offerte der Linken zeigten sich dagegen die Jungsozialisten in der SPD. "Wir sollten die linke parlamentarische Mehrheit nutzen, um gemeinsame Projekte wie den flächendeckenden Mindestlohn voranzutreiben", sagte Juso-Chef Sascha Vogt zu "Bild.de". Doch Vize-Fraktionschef Heil will erst die neue Regierungsbildung abwarten. Im Kampf für den Mindestlohn bräuchten die Sozialdemokraten "keine Nachhilfe von der Linkspartei", sagte er.
Die Linkspartei hat im Wahlkampf einen gesetzlichen Mindestlohn von zehn Euro propagiert, der SPD schwebt dagegen ein Stundensatz von 8,50 Euro vor. Nach der Bundestagswahl haben mehrere SPD-Spitzenpolitiker eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei noch einmal ausgeschlossen.
Linkspartei wirbt weiter für Gespräche mit Rot-Grün
Linken-Fraktionschef Gregor Gysi wirbt dennoch für die Aufnahme von rot-rot-grünen Koalitionsverhandlungen. "Wir bleiben offen für Gespräche. Für SPD und Grüne wäre es besser, sie würden sich auf einen Politikwechsel und auf Gespräche mit uns einlassen", sagte Gysi der "Passauer Neuen Presse". Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel werde es schwer haben, in den nächsten Wochen einen Koalitionspartner zu finden. "Warten wir ab, wie sich SPD und Grüne bewegen werden."
Eine Neuauflage der großen Koalition von Union und SPD bezeichnete Gysi als "schlecht für Deutschland". Es sei ein Fehler der SPD gewesen, eine Koalition mit den Grünen und der Linkspartei auszuschließen. "Die parlamentarische Mehrheit dafür ist da", sagte Gysi. Die Linkspartei stehe aber nicht für eine Tolerierung zur Verfügung. Seine Fraktion werde nur dann einen SPD-Kanzler mitwählen, wenn die Linke auch wirklich Teil einer Koalition sei, schränkte er ein. (rtr)