Miami. . Nach abfälligen Bemerkungen über sozial schwache Wähler übt sich der konservative US-Präsidentschaftskandidat Mitt Romney in Schadensbegrenzung. In einem TV-Interview gab er sich mitfühlend.

Der konservative US-Präsidentschaftskandidat Mitt Romney bemüht sich nach seinen abfälligen Äußerungen über rund die Hälfte der amerikanischen Wählerschaft um Schadensbegrenzung. „Mein Wahlkampf dreht sich um die 100 Prozent in Amerika und ich sorge mich um sie“, sagte Romney am Mittwoch (Ortszeit) in einem Interview mit dem spanischsprachigen Fernsehsender Univision in Miami, US-Staat Florida.

„Ich mache mir Sorgen, dass in den vergangenen vier Jahren das Leben für die Amerikaner härter geworden ist.“ So seien unter US-Präsident Barack Obama mehr Menschen in die Armut gerutscht.

Romney will sich um die Armen kümmern – und um die Mittelschicht

Auf einer Wahlkampfveranstaltung in Atlanta, US-Staat Georgia, versuchte Romney ebenfalls, wieder in die Offensive zu kommen. „Die Frage in diesem Wahlkampf ist nicht, wer sich um die Armen und die Mittelschicht sorgt. Ich tue es, er tut es“, rief Romney mit erhobener Stimme und hämmerte dabei mit dem Zeigefinger auf sein Rednerpult ein. Die Frage sei vielmehr, wer den Armen und der Mittelschicht helfen könne. „Ich kann es, er kann es nicht, und das hat er in vier Jahren unter Beweis gestellt“, sagte er.

Der Multimillionär Romney hatte bei einer exklusiven Wahlkampfveranstaltung gesagt, fast die Hälfte der Amerikaner sähen sich als Opfer und setzten nur darauf, dass der Staat sie unterstütze. Das seien die Wähler seines Kontrahenten Obama. Der Auftritt während einer Spendengala im Mai war heimlich mitgeschnitten und erst kürzlich veröffentlicht worden. „Es sind 47 Prozent, die zu ihm (Obama, Red.) halten, die abhängig sind von der Regierung, die sich als Opfer sehen und die glauben, dass die Regierung sich um sie kümmern muss“, betonte Romney in dem mit versteckter Kamera gedrehten Mitschnitt.

Kritik von palästinensischer Seite

Derweil gab es erneut Kritik von palästinensischer Seite an den Äußerungen Romneys während seines dokumentierten Auftritts. Darin spricht Romney auch über seine Einschätzungen zur Lage in Nahost. Die Palästinenser seien nicht an einem Frieden interessiert, erklärte er. Ein Vorwurf, den der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat am Donnerstag strikt zurückwies. Niemand profitiere mehr vom Frieden, und habe zugleich mehr bei seinem Nichtvorhandensein zu verlieren als die Palästinenser, sagte Erekat.

Unterdessen musste Romney am Donnerstag den Abgang des stellvertretenden Vorsitzenden seines Wahlkampfteams, Tim Pawlenty, verkraften. Der frühere Gouverneur von Minnesota werde am 1. November ihr neuer Präsident und Vorstandsvorsitzender, teilte die Wall-Street-Lobbygruppe Financial Services Roundtable (FSR) mit. Da es sich beim Amerikanischen Bankenverband um eine parteiübergreifende Organisation handele, trete Pawlenty von seinem Wahlkampfposten zurück, teilte der FSR weiter mit.

Umfragen: Mehrheit der Amerikaner hält Romney-Attacke für unfair

Nach Bekanntwerden besagter Äußerungen verlor der konservative Herausforderer von Obama in der Wählergunst. Einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters und des Meinungsforschungsinstituts Ipsos zufolge sehen 43 Prozent der Befragten Romney als weniger vorteilhaft an als zuvor. Fast 60 Prozent der Befragten sahen in Romneys Äußerungen eine unfaire Herabsetzung eines großen Teils der Amerikaner. Seine Äußerungen wirkten sich auch auf den US-Kongresswahlkampf aus: Mehrere republikanische Senatsbewerber gingen zu ihrem Präsidentschaftskandidaten auf Distanz. (rtr/dapd)