Washington. Die Frage, wer für die Republikaner im Herbst gegen US-Präsident Barack Obama ins Rennen gehen wird, könnte schon sehr bald beantwortet sein. Mitt Romney, der ehemalige Gouverneur hat nach Iowa auch die Vorwahl in New Hampshire für sich entschieden. Das hat seit 1976 keiner geschafft. Am 21. Januar könnte in South Carolina schon alles klar sein.

Zwei Mal angetreten, zwei Mal gewonnen. Der frühere Gouverneur von Massachusetts, Mitt Romney, hat nach dem Auftakt in Iowa gestern auch die Vorwahlen im Ostküsten-Bundesstaat nach vorläufigen Ergebnissen mit rund 39 Prozenz der abgegebenen Stimmen für sich entscheiden können.

Hinter dem 64-Jährigen landeten der texanische Kongress-Abgeordnete Ron Paul (23 Prozent) und der frühere US-Botschafter in China, Jon Huntsman (17 Prozent) auf den Plätzen zwei und drei.

Der ehemalige Sprecher des Repräsentantenhauses Newt Gingrich (10 Prozent) und der in Iowa überraschend starke Rick Santorum (9 Prozent) blieben deutlich zurück. Rick Perry, Ex-Gouverneur von Texas, erzielte mit 1 Prozent das schlechteste Ergebnis der etablierten Kandidaten.

„Die Nacht, in der wir Geschichte geschrieben haben“

Romney, der bei der Kandidatenauswahl für den Kampf ums Weiße Haus 2008 seinem Kontrahenten John McCain unterlag, schaltete nach den ersten belastbaren Hochrechnungen direkt auf Angriff gegen Präsident Obama um und gerierte sich als der künftige Herausforderer. „Das hier ist die Nacht, in der wir Geschichte geschrieben haben”, rief er seinen Anhängern zu.

Romney gilt nach jüngsten Umfragen auch bei den kommenden zwei Vorwahlen in South Carolina (21. Januar) und Florida (31. Januar) als Favorit. Sollte er alle vier Ausscheidungen gewinnen, gehen die meisten Beobachter und Medien davon aus, dass ihm die Kandidatur gegen den Amtsinhaber schon Ende Januar kaum mehr zu nehmen sein wird.

Bis zum Parteitag Ende August in Tampa/Florida, auf dem die Republikaner den Herausforderer für die Wahl am 6. November offiziell auf den Schild heben, stehen insgesamt noch 48 Vorwahlen an. In der Regel entwickeln die ersten Wahlen eine Dynamik, der sich nachfolgende Bundesstaaten kaum mehr entziehen können.

„Ungeliebter Sohn“ der republikanischen Parteifamilie

Was Mitt Romney geschafft hat – Iowa und New Hampshire zu gewinnen – hat vor ihm seit 1976 niemand geschafft. Der Multi-Millionär mit dem kantigen Kinn, dessen tippelschrittiges Auftreten hölzern und dessen Lachen einstudiert wirkt, bleibt trotzdem fürs erste der „ungeliebte Sohn” in der republikanischen Parteifamilie.

Er hat eine sehr wechselhafte (mal für, mal gegen Abtreibung) und unter dem Strich reichlich moderat-liberale Polit-Biographie (er hat die Blaupause für Obamas bei Republikaner verhasste Gesundheitsreform entwickelt). Das ist vielen Konservativen nicht geheuer. Aber er hat auch die mit Abstand größte „Kriegskasse”, die meisten Unterstützer in der Hochfinanzwelt und die professionellste Wahlkampfmaschine.

Und: Er übt seit 2007 für das höchste Amt im Staate. Auch wenn ihn jetzt auf sozusagen heimischem Terrain, er war im Nachbarstaat Massachusetts Gouverneur, 65 Prozent der Wähler gestern nicht wollten: Sollten seine Konkurrenten ihn, den gläubigen Mormonen, in South Carolina bei den dort den Ton angebenden streng gläubigen Evangelikalen und radikalen Tea-Party-Sympathisanten nicht unmöglich machen können, ist das Rennen gelaufen.

Schlammschlacht bis 21. Januar

In den Tagen bis zum 21. Januar muss man sich daher auf eine brutale Schlammschlacht gefasst machen – mit noch mehr Vorwürfen über und unter der Gürtellinie gegen Romney. In diesem Zusammenhang könnte von Bedeutung sein, wie sich 150 religiöse Meinungsführer und 500 Tea-Party-Aktivisten verhalten, die in den nächsten Tagen ausloten wollen, ob sich ein chancenreicher Anti-Romney aufbauen lässt.

Kein Ticket für Ron Paul

Der zweitplatzierte von New Hampshire, Ron Paul (76), wirkt mit seinen radikal libertären Vorstellungen, die auf einen nahezu kompletten Rückzug des Staates und einer Überbetonung individueller Freiheiten basieren, gewiss in die Jugend und viele Wählerschichten bis ins demokratische Spektrum hinein. Seine letztlich weltfremden isolationistischen Konzepte in der Außenpolitik – Rückzug aller Militärbasen, künftige Nichteinmischung in Konflikten im Ausland – stoßen bei weiten Teilen des republikanischen Establishments und der nach dem 11. September 2001 noch mehr auf Wehrhaftigkeit setzenden konservativen Wählerschaft mehrheitlich auf Ablehnung. Prognose: Paul, der Gegenentwurf eines Realpolitikers, wird noch längere Zeit im Rennen bleiben und die „liberalen” Preise hochtreiben. Das Ticket bekommt er am Ende nicht.

Newt Gingrichs Chancen zweifelhaft

Ob der sich von Romney persönlich verleumdet fühlende Newt Gingrich, zweifelsohne der erfahrenste Politiker, beste Rhetoriker und gleichzeitig der unberechenbarste Egomane im Bewerberfeld, in South Carolina wirksam punkten kann, erscheint im Moment zweifelhaft. Gingrichs beißende Attacke gegen Romney, der als Chef der Bain-Capital-Beteiligungsgesellschaft in den 90er-Jahren sowohl Arbeitsplätze vernichtet wie geschaffen hat, habe nach Ansicht führender Partei-Kreise inzwischen irritierende anti-kapitalistische Untertöne. „Republikaner mögen es nicht, wenn Republikaner sich gegenseitig niedermachen und den Demokraten den Job abnehmen”, sagt ein Wahlkampf-Stratege aus South Carolina.

Mangels Finanzmasse und Rückhalt (Jon Huntsman), Verstand, Geschick und Perspektive (Rick Perry) und lagerübergreifender Wählerbarkeit (Rick Santorum) dürften diese drei Kandidaten in absehbarer Zeit auch die Segel streichen.

Aber selbst wenn die Personalfragen geklärt und zu Gunsten Romneys entschieden sein sollten: Mit welchem inhaltlichen Konzept es der ehemalige Finanzinvestor gegen Obama aufnehmen will, ist bis heute ungewiss. Mehr als Phrasen und Pathos waren bisher von Mitt Romney nicht zu hören.