Berlin. Guttenberg bleibt ein peinliches Gerichtsverfahren wegen seiner Doktorarbeit erspart. Und schon nehmen die Spekulationen über ein Comeback des einstigen Shootingstar der deutschen Politik rasant an Fahrt auf. In einem Interview äußert er sich nun auch erstmals selbst zu seinen Fehlern und seiner Zukunft. Analyse der zaghaften Schritte zurück ins Rampenlicht.
Beschimpft und beschämt musste Karl Theodor zu Guttenberg im März als Verteidigungsminister zurücktreten, weil er den Großteil seiner Doktorarbeit abgeschrieben hat. Nun rappelt sich der gefallene Held der CSU wieder hoch - und darf auf ein Comeback hoffen.
20.000 Euro hat der 39-Jährige an die Kinderkrebshilfe gezahlt, im Gegenzug stellte die Staatsanwaltschaft Hof das Ermittlungsverfahren gegen ihn ein. Damit ist seit Mittwoch sicher: Guttenberg, der zurzeit abgeschirmt vor der deutschen Öffentlichkeit in den USA lebt, bleibt ein peinlicher Gerichtsprozess erspart. Auch gilt er als nicht vorbestraft - was ihn für hochrangige politische Posten disqualifiziert hätte.
Und jetzt spricht Guttenberg auch wieder selbst: Der Wochenzeitung "Die Zeit" sagte er, er wolle auf jeden Fall zurück nach Deutschland. "Ob eine Rückkehr mit einem politischen Engagement welcher Art auch immer verbunden sein wird, ist heute gänzlich offen. Dass ich ein politischer Mensch, ein Zoon politikon, bleibe, steht außer Frage", sagte er.
Seine abgeschriebene Doktorarbeit nannte der 39-Jährige einen "ungeheuerlichen Fehler". Es sei aber kein absichtlicher Betrug gewesen. Vielmehr sei "das Abschreiben das fatale Ergebnis einer chaotischen und ungeordneten Arbeitsweise". Er bilanzierte: "Ich war ein hektischer und unkoordinierter Sammler."
Wie könnte es aber nun weitergehen? Der kanadische Verteidigungsminister Peter MacKay, ein guter Bekannter aus erfolgreicheren Tagen, weiß es genau: "In zwei Jahren wird Guttenberg Kanzlerkandidat." MacKay traf Guttenberg am Wochenende auf einer Sicherheitskonferenz im kanadischen Halifax, wo der Ex-Minister seinen ersten öffentlichen Auftritt seit Monaten absolvierte.
Rund 5.500 Kilometer entfernt von seiner bayerischen Heimat referierte Guttenberg in fließendem Englisch versiert über die internationale Sicherheitspolitik. In Deutschland interessierten aber weniger seine Aussagen als sein Aussehen: Guttenberg hat ordentlich zugenommen, trägt keine Brille mehr und hat eine neue Frisur - ohne das früher obligatorische nass-glänzende Haargel.
Seehofer erneuert Angebot
Es war der erste zaghafte Schritt zurück ins Rampenlicht, und weitere sind schon geplant: In einem neuen Buch äußert sich Guttenberg zu seinem spektakulären Absturz. Der vielsagende Titel "Vorerst gescheitert" nährt gezielt Spekulationen über eine baldige Wiederkehr des früheren Publikumsmagneten, der ein Abo auf den Titel des beliebtesten Politikers hatte. Das Buch erscheint am Dienstag, es ist ein "Disput" zwischen Guttenberg und "Zeit"-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo.
Acht lange Monate ist es her, dass Guttenberg sein Ministeramt und alle sonstigen Ämter aufgab. Er sprach damals vom "schmerzlichsten Schritt meines Lebens". Im Sommer zog er mit seiner Familie nach Connecticut, dort gehört er dem "Center for Strategic and International Studies" an. Gerüchten zufolge feilt er dort an einer neuen, selbst geschriebenen Doktorarbeit - auch um die angekratzte Familienehre seines traditionsreichen Adelsgeschlechts wiederherzustellen.
Hintergrund ist, dass seinem Vater die Plagiatsaffäre immer noch zu schaffen macht. Enoch zu Guttenberg sagte Anfang September im Fernsehen, die Identität seiner Familie - nämlich die Glaubwürdigkeit - sei beschädigt. "Es ist an meinem Sohn, diese Glaubwürdigkeit - wie auch immer - wiederherzustellen", verfügte der 65-jährige renommierte Dirigent.
"Daheim in der CSU" stehen Karl Theodor die Türen offen. Parteichef Horst Seehofer erneuerte am Mittwoch jedenfalls sofort sein Angebot an den früheren Shootingstar, in die Politik zurückzukehren. Der Ex-Minister sei in der CSU nach wie vor "willkommen", sagte Seehofer. Auf dem jüngsten CSU-Parteitag gab es in seiner Abwesenheit Applaus, als Kanzlerin Angela Merkel Guttenbergs Rolle bei der Bundeswehrreform hervorhob.
Merkel hat ihm eine Brücke gebaut
Die Kanzlerin hatte Guttenberg im März eine Brücke gebaut. Seine Bitte um Entlassung nahm sie zwar an, zeigte sich gleichzeitig aber überzeugt, "dass wir - in welcher Form auch immer - in Zukunft Gelegenheit zur Zusammenarbeit haben werden." Es gilt in der Union als ausgemacht, dass Merkel bei der Bundestagswahl 2013 noch einmal antritt. 2017 hätte das Jahr von Guttenberg sein können - und wer weiß: Vielleicht wird er es das nun trotzdem?
Offen bleibt aber, wie der Wiedereinstieg konkret gelingen kann. Es bieten sich mehrere Optionen: Im Jahr 2013 könnte Guttenberg zum Beispiel für den bayerischen Landtag kandidieren und einen Kabinettsposten unter Seehofer anstreben. Oder er lässt sich für die Bundestagswahl im Herbst aufstellen - mit der Hoffnung, einen satisfaktionsfähigen Posten in der Unionsfraktion zu ergattern.
So oder so: Am 5. Dezember, seinem 40. Geburtstag, hat "K.T." nach neun langen, frustrierenden Monaten wieder einen Grund zu feiern. (dapd)