Essen. . Hotelbewertungen im Internet sind gefürchtet und umstritten. Sie können aber auch eine Chance sein, sagen Experten. Gericht entschied aktuellen Fall.

„Granatenschlecht“, „Gar nicht erst buchen!“, „Halten Sie sich bloß fern“ – besuchen frisch ausgecheckte Hotelgäste Urlaubsportale im Internet, um ihre Erfahrungen zu teilen, dann kann ihre Bewertung auch mal eher schlecht als recht ausfallen. Von schimmeligen Duschen in der italienischen Romantikpension ist die Rede, von Horror-Toiletten im ägyptischen Vier-Sterne-Hotel oder von Ameisen und Kakerlaken in der türkischen Wohlfühl-Oase.

Von blutigen Matratzen bis hin zum unfähigen Personal ist alles dabei. Aber auch deutsche Hotels bekleckern sich in den Augen der Gäste nicht gerade mit Ruhm. Da liest man von überaus schlechter Laune in Oberhausen, unhygienischen Gemeinschaftsduschen in Hamburg oder vom zugemüllten Innenhof in Berlin.

Hostel sorgt sich um seinen Ruf

Ein Berliner Hostel wollte sich vor solchen negativen Erfahrungsberichten schützen und zog sogar bis vor den Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Der Auslöser war eine negative Bewertung auf der Internetseite HolidayCheck. Ein ehemaliger Gast hatte behauptet, im Haus seien Bettwanzen gewesen - fälschlicherweise, wie sich herausstellte. Nach einer Abmahnung hatte das Online-Portal die Beurteilung dann zwar entfernt, die Hostel-Betreiber forderten jedoch, dass derartige Einträge erst gar nicht erscheinen dürften und reichten Klage ein.

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Von Jürgen Polzin

Doch der BGH entschied nun, dass die Betreiber von Online-Bewertungsportalen schlechte Kritiken in der Regel vorab inhaltlich nicht prüfen müssen. Die Klage wurde abgewiesen, die Betreiber sind gescheitert. Sie sorgen sich, die Kritik könne den Ruf des Hostels schädigen.

Berechtigte Befürchtungen, denn laut einer Studie besuchen 90 Prozent sogenannte „Customer Review Sites“ als Entscheidungshilfe, um eine passende Unterkunft für den nahenden Urlaub zu suchen. 35 Prozent buchen erst gar nicht, sind die Bewertungen zweifelhaft. Klar, dass da so mancher Hotelier mit Magengrummeln auf beliebte Bewertungsportale schaut.

Beleidigungen sind verboten

Thorsten Hellwig, Sprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes NRW (Dehoga), sieht Bewertungsportale auch als Chance. „Hoteliers sollten Kritik konstruktiv nutzen, um ihren Betrieb zu verbessern.“ Daher sei es wichtig, sogar möglichst viele Gäste zur Meinungsäußerung zu bewegen, „je mehr desto besser“. Kritisch wird es laut Hellwig, wenn die Beurteilung über sachliche Anmerkungen hinausgeht.

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Doch viele Plattformen gehen direkt dagegen vor. HolidayCheck zum Beispiel prüft Einträge durch eine Software vorab auf Beleidigungen, Schmähkritik oder Eigenbewertungen. Zweifelhafte Einträge schaffen es dann erst gar nicht auf die Internetseite.

15 Prozent sind Fälschungen

Gefälschte Bewertungen hingegen finden sich immer wieder auf den Portalen, etwa solche, die von Agenturen gezielt platziert wurden – angeheuert von Hotels. Experten zufolge sind insgesamt gut 15 Prozent der Beurteilungen auf entsprechenden Plattformen eine Fälschung, genaue Zahlen gebe es allerdings nicht.

Abhilfe sollen unter anderem geschlossene Bewertungssysteme auf Plattformen schaffen – sowohl für den Hotelier als auch für zukünftige Gäste. Heißt, der Nutzer, der einen Kommentar zu einem Hotel verfassen möchte, muss nachweisen können, dass er auch tatsächlich Gast in diesem Haus war.

500 Euro wegen negativer Bewertung

Andere Hoteliers wollen mit weniger seriösen Methoden sicherstellen, dass Bewertungen nicht negativ ausfallen. Ein Gasthof-Betreiber in New York etwa stellte negative Beurteilungen unter Strafe. 500 Euro sollten Gäste bezahlen, wenn sie nach ihrem Aufenthalt eine negative Online-Kritik verfassen. Der Betreiber bezeichnete die Mahnung allerdings nach etlichen Protesten letztendlich als schlechten Witz.

Profit aus mieser Bewertung hingegen schlägt ein niederländisches Haus, das „Hans Brinker Budget Hotel“ in Amsterdam – oder auch „Das schlechteste Hotel der Welt“. Auf der eigenen Internetseite heißt es beispielsweise: „Das Hotel übernimmt keinerlei Haftung für Lebensmittelvergiftungen, Nervenzusammenbrüche, Cholera und Krätze“ – das ist natürlich maßlos übertrieben, die Bewertungen pendeln im Mittelbereich. Das Konzept des Hotels, das sich selbst auf die Schippe nimmt, hat Erfolg.