Berlinerin tourt durch Deutschland und begeistert ihr Publikum. Wir sprachen mit ihr über ihr Erfolgsrezept und Schattenseiten des Rampenlichts.

Gisela, Petra, Doris, Dilara und Orkan sind nicht einfach nur Namen, sie sind fiktive Charaktere und Kollegen bei „Conny from the block“ – einem Instagram-Kanal einer Berlinerin, die dort nicht nur mit Klischees rund ums Amt spielt, für das sie selbst viele Jahre tätig war. Aktuell tourt sie durch Deutschland und begeistert ihr Publikum auch live als Comedian. Wir sprachen mit ihr über die Anfänge ihres Kanals, ihr Erfolgsrezept und die Schattenseiten des Rampenlichts.

Wie kamst du auf die Idee, dich auf Instagram als „Amtsfluencerin“ zu präsentieren?

Das war gar nicht groß geplant. Es begann alles im ersten Lockdown während der Corona-Pandemie. Ich war mit meinem privaten Account unterwegs, als ich den Filter sah, der jetzt für die Figur Conny steht. Ich dachte nur: ,Die sieht ja aus wie jemand, die auf dem Amt arbeitet’. Damit habe ich erstmal herumgespielt. Als ich dann gemerkt habe, dass es nicht nur mir Spaß macht, sondern auch den Followern, kam der eigene Kanal zustande.

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Dieser heißt „Conny from the Block“ – ein auffälliger Name, der an Jennifer Lopez erinnert.

Mit JLo hat das tatsächlich nichts zu tun. Conny steht als Abkürzung für die Corona-Zeit, mit dem Block ist der Berliner Bezirk Neukölln gemeint, wo ich herkomme. Das schlechte Image des Bezirks ist größtenteils der medialen Aufmerksamkeit geschuldet. Umso mehr freue ich mich jetzt, zeigen zu können, dass es auch eine Neuköllnerin schaffen kann. Auch wenn das gar nicht meine Absicht gewesen ist.

Deine Charaktere aus dem „Connyversum“ sind vielfältig. Nach welchen Ideen kreierst du sie? Welche Rolle spielen dabei deine türkischen Wurzeln, etwa bei der Figur Gül, oder wie du sie als Berlinerin nennst – Jül?

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Gül war mit Conny eine Figur der ersten Stunde. Sie steht ein wenig für meinen Migrationshintergrund und die zwei Welten, in denen sich Dilara, Güls Tochter, die später hinzukam, bewegt. Zu Hause gelten andere Regeln als auf dem Amt. Vieles von dem, was ich mit und über die Figuren schildere, habe ich persönlich erlebt. Es ist daher eine Art Realsatire, die ich mache.

Du hast vor Kurzem dein erstes Buch veröffentlicht („Da bin ick nicht zuständig, Mausi“) und hast jetzt auch einen Podcast („Amtlich!“), der jeden Freitag mit einer neuen Folge erscheint. Wie gelingt es dir, trotz dieser Öffentlichkeit deinen echten Namen weiterhin geheim zu halten?

Als Amtsfluencerin ist Conny from the block derzeit auf Erfolgskurs.
Als Amtsfluencerin ist Conny from the block derzeit auf Erfolgskurs. © Vanessa Wunsch Photography | www.vanessa-wunsch.com

Da bin ich mittlerweile gar nicht mehr so sehr hinterher. Eines Tages wird er wohl nicht mehr geheim bleiben, das lässt sich mit der Präsenz nicht vermeiden. Anfangs war es hilfreich, da ich ja noch fürs Amt tätig war und ich mir auf diese Weise eine gewisse Anonymität bewahren wollte. Mittlerweile habe ich mich entlassen lassen. Ich denke auch, dass mein Name nicht so wichtig ist. Welchen Vorteil hat es, wenn man weiß, wie ich tatsächlich heiße? Ohnehin täten sich die meisten vermutlich schwer mit ihm, da er aus Sicht deutscher Muttersprachler schwer auszusprechen ist. Mit Conny und den ganzen anderen deutschen Namen fahre ich schon gut, die gebe ich nicht mehr her (lacht).

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Deine Tour erfreut sich großer Resonanz. Hast du mit diesem Erfolg gerechnet? Wie gehst du mit der gesteigerten Aufmerksamkeit um?

Nein, damit habe ich nicht gerechnet. Ich versuche auch, das nicht so sehr an mich heranzulassen. Denn das ist wirklich verrückt. Ursprünglich hatten wir aufgrund meines Buches ein paar Leseabende geplant. Nachdem der Andrang bei der Premiere in Berlin so groß war, entschieden wir uns, eine Tour zu organisieren. Die meisten Auftritte waren oder sind bereits ausverkauft. Deswegen haben wir ein paar zusätzliche Termine hinzugenommen. Es sind auch gar keine Leseabende im klassischen Sinne mehr, es geht eher in Richtung Stand-up und Crowd-work-Comedy, wobei mir der Austausch mit dem Publikum sehr wichtig ist. Ohnehin habe ich das Gefühl, dass das Publikum und ich uns sehr gut kennen. Wir lachen schließlich über dieselben Dinge.

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Du hast eben im Zusammenhang mit der Tour von „wir“ gesprochen. Wie organisierst du deine Zeit, was hast du ausgelagert?

Angefangen habe ich allein und wurde bereits recht früh von Agenturen angesprochen. Damals habe ich noch abgelehnt. Doch durch die Ideen und Projekte habe ich mittlerweile so viel um die Ohren, weshalb ich ein Management habe, das mir hilft, Dinge zu filtern, Kooperationsanfragen zum Beispiel. Es ist ja nicht nur mein Podcast und der Live-Auftritt abends, es gehören auch viel Kommunikationsverkehr und Büroarbeit dazu.

Das kostet sicher auch Kraft und raubt dir die Energie und Kreativität, oder?

Ja, die Gefahr ist gegeben. Ich bin schließlich darauf angewiesen, immer wieder neuen Content zu produzieren. Ohne geht es nicht. Dafür muss ich kreativ sein. Mein Management ist in der Hinsicht auf jeden Fall eine Hilfe, ich nehme aber auch professionelle Unterstützung in Anspruch, um mich auf das Kreativ-Sein und das Content-Produzieren konzentrieren zu können.

Ich finde das bemerkenswert. Du warst zuletzt auf dem Amt im Bereich Recruiting tätig, davor unter anderem in der Hotellerie. Dann hast du einen Instagram-Kanal gegründet, schreibst ein Buch, machst einen Podcast und tourst plötzlich durch ganz Deutschland und trittst in vollen Hallen auf. Wie geht das?

Ich finde das auch bemerkenswert und versuche, wie gesagt, mir nicht allzu viele Gedanken darüber zu machen. Auf der Bühne hilft mir mein Improvisationstalent ungemein.

Von außen wirkt es, als gehe dein Weg steil nach oben. Gibt es auch Schattenseiten des Erfolgs, die nicht unmittelbar sichtbar sind?

Das, was ich gerade mache, ist der anstrengendste Job, den ich je hatte. Feierabende und Wochenende kenne ich schon lange nicht mehr. Ich bin zwar selbstständig und kann machen, was mich erfüllt, andererseits entwickelt so eine Karriere auch eine Eigendynamik, die nur schwer aufzuhalten ist. Die Kunst wird sein, ein gutes Mittelmaß zu finden.

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Kannst du dir angesichts deines Erfolgs vorstellen, in Zukunft wieder eine Stelle im Amt anzunehmen, oder siehst du deine Zukunft klar im Bereich der sozialen Medien und Unterhaltungsbranche?

Ich versuche, den Moment zu genießen und mich auszuprobieren. Eine Rückkehr, in welcher Funktion auch immer, ist aber immer eine Option und möglich, da ich alle notwendigen Abschlüsse habe, um wieder einzusteigen.

Wäre eine Rückkehr auch willkommen?

Ich hoffe doch. Ärger hatte ich wegen meiner Videos nie. Weil ich die Dinge ja so darstelle, wie sie sind. Dem zu widersprechen, dürfte schwer werden, auch wenn ich natürlich überspitze.

Trotz der Kritik, die du übst, gehst du auch auf die Vorteile ein, die ein Job auf dem Amt mit sich bringt. Gibt es jemanden aus deiner Community, die deine Inhalte gesehen und sich allein deswegen für einen Job auf dem Amt beworben hat?

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Tatsächlich gibt es einige, die mir das berichtet haben. Und sie sagen: „Es ist genauso, wie du es beschreibst.“

Dann bist du ja nach wie vor als Recruiterin tätig. Welche Tipps hast du für (junge) Menschen, die sich für eine Karriere auf dem Amt interessieren?

Sie sollen sich fleißig bewerben und meine Inhalte anschauen. Wer einen strukturierten Arbeitsalltag möchte und sich Sicherheit im Job wünscht, für den ist das genau das Richtige.

In Deutschland wirkt vieles schwerfällig und wenig innovativ. Nicht nur in Sachen Amtswesen und Digitalisierung. Hast du auch das Gefühl, dass wir grad dabei sind, den Anschluss zu verlieren? Wenn nein, was lässt dich für die Zukunft hoffen?

Wir stehen uns ein wenig selbst im Weg. In vielen Dingen sind wir nicht oder zu wenig dienstleistungsorientiert. Der politische Wille, Dinge zu ändern, ist da, aber es gibt gesetzliche Vorschriften, die uns daran hindern. Dann dauern Anträge mal eben zwei, drei, vier Monate. Die Bürgerinnen und Bürgern haben in den Ämtern oft das Gefühl, Bittsteller zu sein. Es wäre schön, wenn wir dazu übergehen könnten, ihnen auf Augenhöhe zu begegnen.


Das Buch von Conny trägt den Titel „Da bin ick nicht zuständig, Mausi“. Es hat 272 Seiten und ist im dtv-Verlag erschienen. Ihren Podcast „Amtlich!“ kann man unter anderem auf Spotify hören. Im Rahmen ihrer Tour tritt Conny am 17. Januar 2024 im Junkyard in Dortmund auf.

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