Berlin. Elon Musk polarisiert. Nun kehren erste Firmen dem Trump-Unterstützer den Rücken – doch für Tesla wiegt etwas anderes noch schwerer.

In den USA erfreuen sich neuerdings Stoßstangen-Aufkleber wachsender Beliebtheit. „Ich kaufte dieses Auto, bevor wir wussten, dass Elon verrückt ist“, steht drauf, oder auch „Liebe das Auto, nicht Elon“. Offenkundig scheint es manchen Amerikanern zunehmend unangenehm zu sein, mit ihrem Tesla durch die Gegend zu kurven. Der Grund dafür ist der Mann an der Spitze des Elektro-Auto-Pioniers Tesla: Elon Musk.

An dem 53-Jährigen scheiden sich seit jeher die Geister. Für die einen ist er der geniale Visionär, dessen Produkte die Menschheit um Jahrzehnte nach vorne bringt. Der für einen Fortschritt steht, der den Klimawandel aufhalten will und – sollte das misslingen – die Menschheit notfalls auf den Mars umsiedelt. Der nicht nur die Autobranche, sondern auch die Raketentechnik mit SpaceX revolutioniert hat und dessen Starlink-Satelliten immer zentralere Rollen in den militärischen Konflikten auf der Welt spielen.

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Für die anderen ist er bestenfalls ein erratischer Firmenchef, der vom Weg abgekommen ist. Oder aber ein gefährlicher, unberechenbarer Exzentriker. Von ungefähr kommen auch diese Ansichten zu Elon Musk, der mit einem Vermögen von knapp 227 Milliarden US-Dollar nach wie vor der reichste Mensch der Welt ist, nicht. Seit Musk im Jahr 2022 für den überteuerten Preis von 44 Milliarden Dollar Twitter kaufte und daraus „X“ machte, beäugen ihn einige noch kritischer.

Elon Musk: Tesla-Kauf droht zum Politikum zu werden

Ursprünglich wollte Musk das soziale Netzwerk besser gegen Fake News schützen. Daraus wurde nichts. Stattdessen ist Musk selbst immer ungezügelter auf seiner eigenen Plattform unterwegs. Jüngst verbreitete Musk selbst ein gefälschtes Video von Kamala Harris. Zu den rechtsextremen Krawallen in Großbritannien schrieb er, dass ein „Bürgerkrieg unausweichlich“ sei und löste so Empörung bei der britischen Regierung aus.

Unternehmer Raoul Roßmann distanziert sich von Tesla-Chef Elon Musk.
Unternehmer Raoul Roßmann distanziert sich von Tesla-Chef Elon Musk. © imago images/localpic | via www.imago-images.de

Für reichlich Diskussionen sorgte auch Musks Umgang mit seiner Trans-Tochter Vivian Wilson. „Im Grunde habe ich meinen Sohn verloren“, sagte er über sie. Wilson selbst bezeichnete Musk als „Lügner, Heuchler und Rassisten.“ Im US-Wahlkampf ist Musk sehr aktiv, nach dem Attentat auf Donald Trump sicherte Musk dem Republikaner seine volle Unterstützung zu. Seitdem wetterte er erst gegen Joe Biden und nun gegen Kamala Harris.

Tesla: SAP und Sixt kaufen keine Teslas mehr – Rossmann boykottiert

Plötzlich scheint der Tesla-Kauf zum Politikum zu werden. Und das nicht nur für Privatkunden. So teilte Raoul Roßmann, Sprecher der Geschäftsführung von Rossmann, am Mittwoch mit, dass die Drogeriekette ab sofort keine weiteren Tesla-Fahrzeuge für ihren Fuhrpark anschaffen werde. Es gebe eine Unvereinbarkeit zwischen den Aussagen von Musk und den Werten, die Tesla mit seinen Produkten vertrete

„Elon Musk macht keinen Hehl daraus, Donald Trump zu unterstützen“, ließ sich Roßmann zitieren. Trump hat den Klimawandel wiederholt als Schwindel bezeichnet – diese Haltung steht in krassem Gegensatz zur Mission von Tesla, durch die Produktion von Elektroautos einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten“

Rossmann will bei seinem Fuhrpark künftig auf Tesla-Autos verzichten.
Rossmann will bei seinem Fuhrpark künftig auf Tesla-Autos verzichten. © AFP | PATRICK T. FALLON

Bei Tesla dürfte sich der Ärger in Grenzen halten. Aktuell unterhält Rossmann lediglich 34 Teslas in seinem Fuhrpark. Allerdings ist es nicht das erste Mal, dass auch deutsche Firmen Teslas aussortieren. Software-Riese SAP ärgerte sich im Februar über Teslas schwankende Listenpreise und verfrühte Lieferungen. Kurz zuvor hatte schon der Autovermieter Sixt angekündigt, keine neuen Teslas mehr zu erwerben. Auch Sixt warf Tesla eine „unkalkulierbare“ Preispolitik vor.

Experten halten Elon Musk nicht für ein Geschäftsrisiko

Rossmann bringt nun eine neue Komponente mit, indem es gezielt politische Gründe für den Boykott nennt. Und damit die Frage aufwirft, inwieweit Musk zum Geschäftsrisiko für Tesla werden könnte. Immerhin hat Musk mit seinem Kurs auch viele Demokraten in den USA verprellt, eine Käuferschicht, die Tesla einst groß machte.

Autoprofessorin Helena Wisbert hält das Risiko Musk für die Marke Tesla für überschaubar. „Der Autokauf ist grundsätzlich nicht politisch“, sagte die Direktorin des Duisburger Centers Automotive Research (CAR) unserer Redaktion. „Tesla hat trotz der Äußerungen von Elon Musk das Image, der umweltfreundlichste Automobilkonzern der Welt zu sein.“ Die Marke stehe für die Mobilitätswende und die Pionierarbeit im Bereich der Elektromobilität.

„Der Autokauf ist grundsätzlich nicht politisch.“

Helena Wisbert
Direktorin des Center Automotive Research

Zwar hätten sich manche prominente Demokraten von Tesla abgewandt. „Die breite Masse erreichen sie damit aber auch in den USA nicht. Die Zulassungszahlen sind stabil, ein Abwandern einer großen Käuferschaft lässt sich nicht belegen“, erläutert Wisbert. Auch Frank Schwope, Lehrbeauftragter für Automobilwirtschaft in Hannover und Köln, ist überzeugt, dass Tesla keine größeren Käuferschichten wegbrechen werden.

Tesla hat eine Reihe von Problemen – Absatz geht deutlich zurück

„Es wollen immer noch viele das Auto des Avantgardisten Elon Musk fahren“, sagt Schwope. „Der breiten Masse sind seine Äußerungen oft egal.“ Laut Schwope sei Musks Werbeeffekt noch immer größer als sein „Antiwerbeeffekt“. Bis ins vergangene Jahr schaltete Tesla beispielsweise keine bezahlte Werbung. „Elon Musk war und ist Teslas Werbung.“

Wobei Musk zunehmend Probleme in seinem Unternehmen managen muss. Im Frühjahr kündigte Musk seinen Mitarbeitern an, dass jede zehnte Stelle im Konzern gestrichen werde – über 14.000 Beschäftigte wären von dem Kahlschlag betroffen. Zuletzt hatte Tesla mit sinkenden Absatzzahlen zu kämpfen. Knapp 440.000 Fahrzeuge wurden im zweiten Quartal 2024 ausgeliefert, fünf Prozent weniger als im selben Quartal vor einem Jahr.

Im März sprach Tesla-Chef Elon Musk in Grünheide zu Mitarbeitern.
Im März sprach Tesla-Chef Elon Musk in Grünheide zu Mitarbeitern. © DPA Images | Carsten Koall

An der Börse hat sich Tesla gegenüber dem Allzeithoch aus dem Jahr 2021 nahezu halbiert. Laut Schwope sei das auf das schwierige Gesamtumfeld zurückzuführen – und darauf, dass Musks Ankündigung, jährlich um 50 Prozent wachsen zu wollen, auf lange Sicht unrealistisch gewesen sei. Mit seinen abfälligen Äußerungen auf „X“ hat die Kursentwicklung nichts zu tun, meint auch Wisbert: „An der Börse gibt es keinen Elon-Musk-Abschlag für Tesla.“

Musk und Deutschland: In Grünheide liegen die Ausbaupläne auf Eis

Einen Schub verleihen könnte Tesla, wenn die Ankündigung des autonomen Robotaxis wahr werden würde. Doch eine angekündigte Präsentation wurde mehrfach verschoben, nun soll sie im Oktober stattfinden. Schwope glaubt nicht daran, dass es Musk gelingen wird, in diesem Jahr ein „souverän“ autonom fahrendes Auto zu präsentieren. Realistisch sei dies frühstens zum Ende des Jahrzehnts.

Im brandenburgischen Grünheide hat Tesla derweil seine Ausbaupläne auf Eis gelegt. Laut einer Marklines-Datenauswertung, über die die dpa berichtet, lag die Auslastung in der Grünheider Gigafactory im vergangenen Jahr lediglich bei 51 Prozent. Eigentlich hatte Tesla geplant, die Kapazität von aktuell 250.000 Fahrzeugen pro Jahr auf eine Million Fahrzeuge hochzufahren.

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„Es wird sich zeigen, ob Musk hier in Zukunft investiert – das hängt auch mit externen Faktoren wie zum Beispiel den deutschen Energiekosten zusammen“, sagte Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer unserer Redaktion. Für den Standort sieht Dudenhöffer keine Folgen durch Musks Social-Media-Aktivitäten: „Die eher linke Landesregierung in Brandenburg wird mit Musks Äußerungen sicher ein Problem haben. Aber keine Landesregierung würde negativ gegenüber einem Großinvestor auftreten, der über 12.000 Arbeitsplätze geschaffen hat“, sagte Dudenhöffer.