Essen. Investor wollte laut Handelsblatt fünf Filialen als „Hertie“ weiterführen, auch die Essener. Warum das offenbar am Insolvenzverwalter scheiterte.

Auch nachdem das Galeria-Management neue Investoren gefunden hat, die 76 der 92 Filialen weiterführen wollen, kommt der Warenhauskonzern nicht zur Ruhe. Einem Handelsblatt-Bericht zufolge soll ein anderes Konsortium, das mit seinem Übernahme-Angebot unterlegen war, Interesse an fünf der 16 zu schließenden Häuser angemeldet haben. Darunter auch die letzte Karstadt-Filiale in der Heimatstadt Essen. Doch Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus blockiere eine Übernahme.

Gleichzeitig sorgen von der Käuferseite um den deutschen Kosmetik-Manager Bernd Beetz und den US-Investor Richard Baker gestreute Investitionssummen und Ideen für monatliche Sonntagsöffnungen der Kaufhäuser für neue Unruhe und Enttäuschungen in den Belegschaften. Die vom „Spiegel“ genannte Summe von „bis zu 100 Millionen Euro“ für die Modernisierung der Warenhäuser sei viel zu niedrig, heißt es aus Arbeitnehmerkreisen.

Hoffnung für drei Filialen, die Essener ist nicht darunter

Doch zunächst geht der Kampf um einzelne Häuser, die auf der Schließungsliste stehen, weiter. Für drei Filialen in Oldenburg, Berlin-Spandau und Mannheim gebe es nach avisierten Mietsenkungen noch Hoffnung, schreibt der „Spiegel“. Galeria-Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus hatte vergangene Woche vor Journalisten zwar gesagt, die Mietverhandlungen seien „final abgeschlossen“, aber anschließend erklärt, es gebe noch „eine minimale Chance auf Einzellösungen Ende Mai/Anfang Juni“, falls verbesserte Angebote kämen. Aktuell muss man davon ausgehen, dass 1400 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verlieren, darunter 400 in der Essener Zentrale, die nach Düsseldorf umzieht.

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Auf die Frage unserer Redaktion, ob dies auch für die Essener Karstadt-Filiale im Einkaufszentrum Limbecker Platz gelte, antwortete Denkhaus nicht direkt, sagte nur allgemein für alle Schließungsfilialen, er wolle „den Beschäftigten keine falschen Hoffnungen machen“. Der Bericht über ein abgelehntes Übernahmeangebot auch für die Filiale im Limbecker Platz lässt in Essen nun aufhorchen.

Dem Bericht zufolge soll ein Konsortium namens RE-Think ein schriftliches Angebot zur Übernahme von fünf Filialen abgegeben haben, darunter neben der Essener auch die stark frequentierte in der Breite Straße in Köln und eine in Wesel. Die Filialen hätten unter dem Namen der früheren Kaufhauskette Hertie weitergeführt werden sollen. Hinter dem Konsortium steckt vor allem das Düsseldorfer Beratungsunternehmen Brook Valley.

Früherer Karstadt-Chef griff laut Handelsblatt nach Filiale im Limbecker Platz

Dessen Führungsduo Melina Brandstätter und Felix Finger hatte sich am Bieterwettbewerb für die Übernahme von Galeria beteiligt, wollte 60 Häuser übernehmen, wie es dem Manager Magazin sagte, erhielt aber nicht den Zuschlag. Für Brook Valley arbeitet zudem der frühere Karstadt-Chef Helmut Merkel, der im Arcandor-Konzern die Warenhäuser von 2003 bis 2006 führte.

Die fünf von der Schließung bedrohten Filialen wollten die Düsseldorfer dem Vernehmen nach im laufenden Betrieb, also samt Personal und Waren übernehmen, um durch eine zwischenzeitliche Schließung und Personalsuche nicht zu viele Stammkunden zu verlieren. Das kam offenkundig für Insolvenzverwalter Denkhaus nicht infrage, weil es nicht das beste Ergebnis für die Gläubiger gebracht hätte. Als gerichtlich bestellter Insolvenzmanager muss er die Gläubigerforderungen so gut es geht erfüllen.

Insolvenzverwalter betont „Maxime der Gläubigerbefriedigung“

„Aufgrund der im Bieterprozess vereinbarten Vertraulichkeit sowie aus Gründen des Datenschutzes werden wir uns zu diesen Fragen nicht äußern“, sagte ein Sprecher des Insolvenzverwalters unserer Redaktion dazu. Gleichwohl betonte er, Denkhaus handele „insbesondere unter der Maxime der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung“. Das habe auch den Ausschlag dafür gegeben, dem Konsortium um Baker und Beetz den Zuschlag zu geben.

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Nach der Beurkundung der Investorenvereinbarung ist dieser Vertrag zu erfüllen, erklärte Denkhaus‘ Sprecher zudem. Dazu gehört Stand jetzt auch die Abwicklung oder Verwertung der 16 Filialen, die Beetz und Baker nicht übernehmen wollen. Ob es ein Angebot zur Übernahme weiterer Häuser gegeben habe, beantwortete der Sprecher nicht, erklärte lediglich: „Es steht jedem Interessenten frei, mit Vermietern gekündigter Filialen Verhandlungen über einen neuen Mietvertrag zu führen.“

Doch dann ist es aus Sicht des Düsseldorfer Konsortiums dem Vernehmen nach zu spät. Unabhängig von der offenen Frage, wie ernsthaft und erfolgversprechend das nicht bezifferte Angebot war, ist es Denkhaus offenkundig zu niedrig. Der im Zuge der Schließung noch erwartete Erlös aus dem Ausverkauf der Waren dürfte wohl höher sein. Die mutmaßlichen Interessenten waren zunächst nicht zu erreichen. Galeria Karstadt Kaufhof wollte dazu auf Anfrage unserer Redaktion keine Stellungnahme abgeben.

Chefin der NRW-SPD sieht Landesregierung bei Galeria gefordert

Nach Einschätzung der nordrhein-westfälischen SPD-Vorsitzenden Sarah Philipp werfen die Vorgänge bei Galeria Fragen auf. „Sollte sich der Verdacht erhärten, dass das Galeria-Management ein seriöses Angebot zur Rettung von fünf weiteren Filialen und damit zur Sicherung von Arbeitsplätzen bewusst ausgeschlossen hat, wäre das Vertrauen in den neuen Investor massiv beschädigt. Darunter würde das ganze Unternehmen leiden, auch die Standorte, mit denen die Unternehmensführung in die Zukunft gehen will“, sagte Sarah Philipp unserer Redaktion. „Ich erwarte von der Galeria-Unternehmensführung, dass sie ihrer sozialen Verantwortung gerecht wird. Jede Chance, Standorte zu retten, sollte ernsthaft in Betracht gezogen werden.“

Die Chefin der NRW-SPD sieht auch die von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) geführte Landesregierung in der Verantwortung. „Mindestens drei der fünf Filialen, für die eine Rettung in Aussicht steht, liegen in NRW. Das sind mehrere hundert Arbeitsplätze. Deshalb muss sich die Landesregierung jetzt offensiv in den Prozess einschalten“, mahnt Sarah Philipp. „Es geht um nichts Geringeres als unsere Städte und das Leben in unseren Zentren. Das ist die Verantwortung einer Landesregierung. Wir brauchen wieder eine aktive Standortpolitik in Nordrhein-Westfalen.“

Essens OB Kufen zu Galeria: Nichts unversucht lassen

Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) verfolgt die Entwicklung bei Galeria Karstadt Kaufhof ebenfalls aufmerksam. „Aus meiner Sicht sollte nichts unversucht bleiben Filialen zu retten – vor allen Dingen im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, sagte Kufen unserer Redaktion.

In den Filialen, die nicht auf der Schließungsliste stehen, herrscht aktuell Erleichterung darüber, dass es weitergeht. Aber die ersten Nachrichten darüber, was die neuen Investoren vorhaben, sind dem Vernehmen nach mit Skepsis aufgenommen worden. So sei die angekündigte Investitionssumme von „bis zu 100 Millionen Euro“ viel zu niedrig, ist aus Ruhrgebietsfilialen zu hören. Das Management um Geschäftsführer Olivier Van den Bossche betont stets, in den bereits modernisierten Filialen seien die Umsätze signifikant gestiegen. Die meisten Filialen müssen aber erst noch umgebaut werden.

Marcel Schäuble, Galeria-Verhandlungsführer der Gewerkschaft Verdi, betonte gegenüber unserer Redaktion, es sollten möglichst alle Standorte und Arbeitsplätze erhalten werden . „Dazu gehört auch und vor allem, dass in die Standorte ausreichend investiert und ein tragfähiges Zukunftskonzept erarbeitet wird.“

Idee, Galeria-Filialen öfter sonntags zu öffnen, kommt in Filialen nicht gut an

Auch die aus dem Umkreis des früheren Dior- und Coty-Chefs Bernd Beetz kolportierte Idee, jedes Kaufhaus einmal im Monat sonntags zu öffnen, stößt auf wenig Begeisterung in den Filialen. Und zwar, weil der Glaube daran fehlt, dass das etwas bringe. Aus Galeria-Häusern im Ruhrgebiet ist zu hören, dass die Sonntage meist eher mittelmäßig gelaufen seien. Je nach Stadt haben die Kaufhäuser in NRW bereits jetzt bis zu viermal im Jahr geöffnet, wenn in der Innenstadt oder dem Stadtteil aus Anlass eines Festes alle Geschäfte öffnen dürfen. Die Sonntagszuschläge auf die Löhne könnten demnach kaum durch die Umsätze reingeholt werden.

Für zwölf offene Sonntage fehlt in den meisten Ländern zudem die gesetzliche Grundlage, in NRW etwa sind maximal acht offene Sonntage pro Jahr und Ort erlaubt.