Wesel. Mehr Wohnungslose, Kritik an Zuständen in der Notschlafstelle: Die Caritas soll die Betreuung der Menschen übernehmen und das Angebot ausbauen.

Die laut Stadt Wesel „rasant gestiegene Belegung der städtischen Notunterkunft“, die „mannigfaltigen Probleme“ der Menschen und die „Probleme mit dem Verhalten der Securitymitarbeiter“ haben zuletzt zu Diskussionen über die Zustände in der Notschlafstelle am Herzogenring geführt. Nun schlägt die Stadtverwaltung der Politik vor, die Betreuung der Wohnungslosen in Wesel komplett in die Trägerschaft des Caritasverbandes zu geben und auszubauen. Das Konzept für die Betreuung und Beratung der Menschen stellt der Verband in der nächsten Sitzung des Sozialausschusses am 1. Februar vor.

Die Stadt unterhält am Herzogenring eine Notunterkunft, in der aktuell 39 Personen übernachten. Sie steht von abends 18 Uhr bis morgens um 8 Uhr als Schlafplatz zur Verfügung. Tagsüber dürfen sich die Wohnungslosen nur im Winter in der Schlafstätte aufhalten. Schlechte hygienische Zustände und Gängelung durch das Sicherheitspersonal hatte die CDU nach Gesprächen mit Bewohnern vor einigen Wochen kritisiert. Nun hat sich die Stadt entschlossen, die Betreuung der Menschen an den Caritasverband zu übertragen. Die Gespräche mit dem möglichen Träger hatten aber schon vorher begonnen, betont Sozialdezernent Rainer Benien. Es gehe der Stadt vor allem darum, dass die Menschen möglichst schnell ins betreute Wohnen kommen.

Mehr Wohnungslose in Wesel

Die Caritas unterhält nur wenige Meter weiter an der Fluthgrafstraße 23 bereits mehrere Angebote für Menschen ohne eigene Wohnung: Eine Beratungsstelle für Frauen, eine allgemeine Beratungsstelle, Betreutes Wohnen für Menschen ohne Bleibe und das Cari-Café als Tagestreff. Im Haus gibt es auch Duschmöglichkeiten und Spinde zur Aufbewahrung persönlicher Gegenstände.

Die Standorte sollen künftig zu einer sogenannten „Komplexeinrichtung“ zusammengeführt werden. Die Zahl der Wohnungslosen in Wesel ist gestiegen, weiß auch Caritasdirektor Michael van Meerbeck. Gleichzeitig sind auch die Problemlagen der Menschen vielschichtiger geworden. „Mehr Menschen bleiben auf der Strecke.“ Betroffen seien auch ganz junge Menschen. Van Meerbeck: „Wir brauchen eine differenzierte Begleitung für jeden Menschen.“ Auch die Wohnungsnot in Wesel trage zur Situation bei, sagt Rainer Benien. Ebenso wie die Tatsache, dass Räumungen während der Coronazeit ausgesetzt waren und anschließend nachgeholt wurden.

Caritas plant Bau einer neuen Wärmestube für Obdachlose

Um die Aufgaben leisten zu können, plant der Caritasverband mehr Platz zu schaffen für die Angebote. Dafür soll an der Fluthgrafstraße ein Anbau am bestehenden Gebäude errichtet werden, in dem die Beratungsstellen und eine Wärmestube mit Essensangebot, Duschen, Waschmöglichkeit und Spinden entstehen. In das derzeit für die Beratung genutzte Haus sollen ausschließlich Wohnangebote wie betreutes Wohnen einziehen. Die Drogenberatungsstelle bleibt von den Plänen unberührt.

In der Notschlafstelle, dann Herberge genannt, will die Caritas auf einen Security-Dienst verzichten und stattdessen eigene Mitarbeiter einsetzen. Van Meerbeck: „Regeln wird es aber trotzdem geben.“ Für wohnungslose Familien soll an anderer Stelle Wohnraum gefunden werden. Für den Verband sei wichtig, dass die Menschen Beratung erhalten, um aus der Wohnungslosigkeit heraus zu kommen. Das Gebäude der Notunterkunft am Herzogenring bleibt in städtischem Besitz. Die Stadt übernimmt die Personalkosten. Sollte die Politik den Planungen zustimmen, soll zum nächstmöglichen Zeitpunkt mit der Umsetzung begonnen werden, erklärt Rainer Benien.