Wesel. Die Grundsteuer B und weitere Hebesätze sollen 2024 wieder angehoben werden. Warum die Weseler Stadtverwaltung keine Alternative dazu sieht.
War im vergangenen Jahr schon von „schwierigen Zeiten“ die Rede, so werden bei der Haushaltsplanung für 2024 die Sorgenfalten noch einmal ein gutes Stück tiefer: Die Stadt rechnet mit einem Defizit von 16,8 Millionen Euro. Bürgermeisterin Ulrike Westkamp formulierte bei der Vorstellung des Etatentwurfs das Ziel der Finanzplanung für das kommende und die darauffolgenden Jahre so: „Wir wollen handlungsfähig bleiben“. Das heißt: Ein Abrutschen in die Haushaltssicherung will die Stadt vermeiden. Daher müssen sich die Bürgerinnen und Bürger wie schon in den vergangenen zwei Jahren auf eine Steuererhöhung einstellen. Der Anhebung der Hebesätze für die Grundsteuern A und B sowie die Gewerbesteuer soll der Stadtrat im Dezember zustimmen.
Dabei wird in erster Linie der Anstieg der Grundsteuer B von 493 auf 690 Prozentpunkte die Weselerinnen und Weseler treffen. Die Anhebung werde zum Beispiel für eine Doppelhaushälfte etwa 100 Euro im Jahr ausmachen, also etwas mehr als acht Euro im Monat, erklärt Kämmerer Klaus Schütz. Je nach Art des Hauses und Grundstücksgröße könnten es auch sechs Euro pro Monat mehr sein. Die Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke soll sich von 265 auf 370 Prozentpunkte erhöhen und die Gewerbesteuer von 448 auf 468 Prozentpunkte.
Darum ist die Erhöhung der Grundsteuer B laut Stadtverwaltung notwendig
Das Problem seien die vielen Pflichtaufgaben, die Wesel übernehmen muss – und die von Bund und Land nicht ausreichend erstattet werden, erklärt Klaus Schütz. Er nennt das Beispiel Kitas: Allein in diesem Bereich macht die Stadt zehn Millionen Euro miese, weil die Ausgaben durch höhere Personalkosten, mehr Kinder und den Kitaausbau die Zuschüsse weit übersteigern. Die Liste solcher Beispiele sei lang, so Schütz. Allein für den Bereich Kita, Schulen und Ganztag liege die Mehrbelastung bei 5,3 Millionen Euro. Wesel gehört daher zu den 355 NRW-Kommunen, die vom Land eine den Aufgaben angemessene Finanzausstattung fordern.
Der Etatentwurf geht von Erträgen in Höhe von 226,1 Millionen Euro bei Aufwendungen in Höhe von 242,9 Millionen Euro aus. Bleibt unterm Strich eine Lücke von 16,8 Millionen Euro, die aus den Rücklagen in Höhe von 49,2 Millionen Euro ausgeglichen werden kann. Das klingt erst einmal nicht dramatisch, doch in den kommenden Jahren stellt sich der Kämmerer weiter auf rote Zahlen ein: Für die Jahre 2023 bis 2027 rechnet er mit Defiziten in Höhe von 35,4 Millionen Euro – grob geschätzt. „Wir wissen nicht, was kommt“, sagt auch Bürgermeisterin Westkamp.
Gewerbesteuereinnahmen in Wesel sinken
Eine zusätzliche Belastung für die Kommunen ergibt sich dadurch, dass die Folgekosten von Corona und dem Ukraine-Krieg künftig nicht mehr vom Haushalt isoliert werden können. In Wesel beläuft sich diese Summe auf 27,8 Millionen Euro. Die städtischen Personalkosten schlagen mit 47,9 Millionen Euro zu Buche, das sind durch die Tarifsteigerung rund 5,6 Millionen Euro zusätzlich. Auf der anderen Seite werden die Einnahmen durch die Gewerbesteuer wohl weiter sinken: Mit 45,9 Millionen Euro rechnet der Kämmerer, dabei ist die geplante Erhöhung schon eingerechnet. 2022 waren es noch 49,5 Millionen Euro. „Hier sind wir trotzdem noch auf hohem Niveau unterwegs.“ Der Bau des Kombibades am Rhein belastet den Etat für 2024 übrigens nicht mehr, denn alle Finanzierungszusagen an die Städtischen Bäder sind schon in den Etats der Jahre 2022 und 2023 enthalten, so Schütz.
Angesichts vieler nicht hausgemachter Faktoren sieht die Stadtverwaltung keine andere Möglichkeit, als die Hebesätze zu erhöhen und damit das Ziel, handlungsfähig zu bleiben, im Auge zu behalten, begründen Kämmerer Klaus Schütz und Bürgermeisterin Ulrike Westkamp den Schritt. Denn die Steuern seien die einzigen „wesentliche Stellschrauben“, mit denen die Kommune ihre finanzielle Situation beeinflussen kann. Der Anhebung muss allerdings noch die Politik zustimmen, am 12. Dezember entscheidet der Stadtrat darüber. Der Haushalt selbst wird erst am 12. März verabschiedet.
Investitionen und Kredite
Für das kommenden Jahr plant die Stadt Wesel Investitionen in Höhe von 75,6 Millionen Euro. Der Großteil fließt in Schulen (20 Millionen), Abwasser (12,3 Millionen) und Straßen (zehn Millionen). Bei den Schulen ist die Planung der Erweiterung der Ida-Noddack-Gesamtschule mit sieben Millionen Euro der größte Einzelposten.
Das Investitionskreditvolumen steigt um 52 Millionen Euro auf weit über 200 Millionen Euro, berichtet Kämmerer Klaus Schütz. Für die kommenden Jahre bedeutet das Aufwendungen von rund 2,5 Millionen Euro zusätzlich für Zinsen und Abschreibungen für kommenden Haushalte.