Wesel. Im zweiten Jahr in Folge plant Wesel eine Erhöhung der Grundsteuer B. Wen das genau betrifft und welche Rolle das Land dabei spielt.

Kommunale Steuern sind ein kompliziertes Fach – und taugen trotzdem schnell zum Aufreger. Das merken derzeit viele Immobilienbesitzerinnen und Besitzer bei der mühsamen Grundsteuererklärung. Und es wird auch immer dann Thema, wenn eine Erhöhung ansteht. Jahrelang war das in Wesel nicht der Fall, jetzt will die Stadt zum zweiten Mal in Folge den Hebesatz für die Grundsteuer B anpassen: Er soll von 479 Prozentpunkte auf dann 493 steigen. Die Stadt argumentiert damit, dass ihr ansonsten Geld in sechsstelliger Höhe vom Land fehlt. Aber ist die Erhöhung wirklich alternativlos?

Zum Hintergrund: Die Grundsteuer B zahlen Eigentümerimmen und Eigentümer von Immobilien oder Grundstücken, also zum Beispiel Besitzer von Häusern oder Wohnungen. Vermieter können die Kosten auf die Nebenkosten umlegen, Mieterinnen und Mieter zahlen die Steuer also indirekt in der Regel ebenso. Die finanziellen Auswirkungen der geplanten Erhöhung sind zwar überschaubar, kommen allerdings in einer Zeit, in der bekanntlich alles teuer wird: Für ein durchschnittliches Einfamilienhaus fallen rund zehn Euro zusätzliche Kosten im Jahr an, für ein Mehr-Parteien-Haus sind es im Schnitt weniger als 20 Euro mehr.

Welche Bedeutung der fiktive Hebesatz bei der Grundsteuer hat

Grund für die Anhebung in Wesel ist laut Stadtverwaltung der sogenannte fiktive Hebesatz. Das ist sozusagen ein Orientierungswert, der vom Land Nordrhein-Westfalen vorgegeben wird – und der steigt im kommenden Jahr für kreisangehörige Kommunen auf 493. Aus Sicht des Bundes der Steuerzahler ist deshalb auch in erster Linie das Land der Preistreiber bei der Grundsteuer.

„Ohne die Erhöhung müsste Wesel auf die Schlüsselzuweisungen verzichten. Das ist aus Sicht der Stadt ein echtes Problem“, sagt Markus Berkenkopf, Referent beim Steuerzahlerbund. Denn würde Wesel auf dieses Geld verzichten, müsste an anderer Stelle gekürzt werden. „Die Stadt ist quasi dazu gezwungen“, sagt Berkenkopf. „Es ist schon mal gut, dass Wesel nicht über den fiktiven Steuersatz gehen will.“ Im Falle von Wesel geht es um rund 300.000 Euro vom Land – ohne die Anhebung stünde dieses Geld nicht zur Verfügung. Gleichzeitig kalkuliert Kämmerer Klaus Schütz noch mal mit über 300.000 Euro mehr, die durch die erhöhte Grundsteuer im nächsten Jahr in die Haushaltskasse gespült werden.

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Zwar gibt es in Nordrhein-Westfalen durchaus Städte und Gemeinden die unter dem fiktiven Satz bleiben, das sind aber meist Kommunen, die ohnehin sehr hohe Steuereinnahmen und vergleichsweise geringe Aufwände haben, zum Beispiel im Düsseldorfer Umland. Für sie gibt es auch keine Schlüsselzuweisungen vom Land. Die Stadt Verl in Ostwestfalen hat gerade mal einen Hebesatz von 190 Prozent – das ist landesweit der niedrigste Wert.

Grundsteuer B: So sieht es im Kreis Wesel aus

Bürgermeisterin Ulrike Westkamp verwies bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfes für das kommende Jahr darauf, dass die Grundsteuer B auch in der Hansestadt weiterhin moderat ausfallen werde. Verglichen mit den anderen Kommunen im Kreis ist der Hebesatz tatsächlich relativ niedrig: So blieben in 2022 nur Sonsbeck (413 Prozent) und Alpen (443 Prozent) unter dem fiktiven Hebesatz. Schermbeck liegt bei 495 Prozent, Hünxe bei 600 Prozent und Hamminkeln bei 650 Prozent. Die höchsten Sätze fallen derzeit in Moers (740 Prozent) und Kamp-Lintfort (765 Prozent) an.

Es macht sich durchaus auf dem Konto bemerkbar, wo man wohnt: Laut dem Steuerzahlerbund beträgt der Unterschied bei der Steuerlast für ein durchschnittliches Ein-Familien-Haus zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Satz gut 328 Euro im Jahr. In Wesel liegen die jährlichen Steuerkosten für ein durchschnittliches Wohnhaus bei rund 500 Euro.