Wesel. Die nächste Veränderung in Wesels Einzelhandel: Zum Jahresende gibt ein Feinkost- und Spirituosenhändler sein Geschäft ab. Aus mehreren Gründen.
Begonnen hat die Geschichte von Wolfdietrich Degler und der Weseler Innenstadt an einem besonderen Datum: Am 14. September 2013 schloss er zum ersten Mal die Türen seines Barrique-Geschäftes an der Hohen Straße für Kundinnen und Kunden auf. „Das war der Tag, an dem die neu gestaltete Fußgängerzone eröffnet wurde“, erinnert sich der Einzelhändler. Etwas mehr als zehn Jahre später endet dieses Kapitel – mit dem Jahreswechsel schließt der 53-Jährige sein Spezialitätengeschäft für Wein, Spirituosen und ausgewählte Feinkost.
Die Gründe für diese Entscheidung sind vielfältig, berichtet Degler im Gespräch mit der NRZ-Redaktion. Ganz praktisch gesehen: Der Vertrag mit dem Franchise-Geber Barrique läuft nach den zehn Jahren aus. „Ich hätte zwar verlängern können, aber das nur für mindestens fünf Jahre. Das war mir angesichts der vielen Unsicherheiten eine zu lange Zeit“, sagt Degler.
Er kämpft, wie so viele Einzelhändler, mit dem Personalmangel. Zwei Aushilfen beschäftigt er derzeit, das ist eigentlich zu wenig. Immer wieder muss er deswegen kurzfristig die Öffnungszeiten verkürzen oder an manchen Tagen auch mal komplett schließen, wie auf der Facebook-Seite seines Ladens nachzulesen ist. „Es ist immer schwieriger geworden, geeignetes Personal zu finden“, so der Geschäftsmann.
Dazu kommt die komplizierte Lage des Einzelhandels im Allgemeinen und die der Weseler Innenstadt im Speziellen. Das Geschäft mit Wein, Gin oder ausgefallenen Olivenölen, wie es Barrique betreibt, ist dem gehobenen Segment zuzuordnen – und am Luxus haben die Menschen angesichts von steigenden Energiekosten, zwischenzeitlich hoher Inflation und mitunter düsteren Wirtschaftsprognosen als erstes gespart. Die Konsequenzen spürte und spürt Degler: „Das Kaufverhalten hat sich verändert. Es kommen weniger Spontankäufer, die Leute geben überlegter ihr Geld aus.“ Zudem hat die Fußgängerzone derzeit einige Probleme, die Zahl der Leerstände ist zuletzt deutlich gestiegen, für viele freie Geschäftslokale sind noch keine Nachfolger in Sicht. „Man weiß nicht, wo die Reise hingeht“, formuliert es Degler.
Barrique-Nachfolge in Wesel: Es droht ein prominenter Leerstand
Der 53-Jähriger, der eigentlich aus dem Schwarzwald kommt und den es der Liebe wegen in die Hansestadt verschlagen hat, ist in der hiesigen Branche gut vernetzt. Von 2016 bis 2020 war er der Vorsitzende der mittlerweile aufgelösten Weseler Werbegemeinschaft. Wenn seine Barrique-Zeit zu Ende geht, will er persönlich zurück in ein Angestelltenverhältnis – in der Stadt wird er aber weiterhin wohnen und leben. Bis zum 30. Dezember wird er wie gewohnt noch für seine Kundinnen und Kunden da sein – alle noch gültigen Gutscheine sollten natürlich bis zum Jahresende eingelöst werden. In den nächsten Wochen wird es wahrscheinlich die ein oder andere Abverkaufsaktion geben.
Für den Laden sucht er zusammen mit dem Unternehmen aus Niedersachsen bereits seit April diesen Jahres eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger. Bisher erfolglos. Noch hat Degler die Hoffnung aber nicht aufgegeben, dass der Barrique in Wesel von jemand anderem weitergeführt wird – er wäre sogar bereit, sein Engagement noch ein paar Wochen oder Monate zu verlängern, um die neuen Franchise-Nehmer einzuarbeiten. Gelingt jedoch keine Nachfolge-Lösung, droht der Innenstadt der nächste Leerstand an prominenter Stelle in der Fußgängerzone.
Hintergrund: Das steckt hinter dem Konzept von Barrique
Das Franchise-Unternehmen Barrique geht ursprünglich auf eine 1977 in Hannover gegründete Weinhandlung zurück. In den 1990er-Jahren wurde der Firmensitz nach Groß Lobke in Niedersachsen verlagert. In Deutschland und den Niederlanden gibt es derzeit rund 30 Geschäfte des Händlers, die meisten davon funktionieren nach dem Franchise-Prinzip – die Läden vor Ort werden also von selbstständigen Unternehmerinnen oder Unternehmen betrieben, die eine Lizenz der Marke verwenden und dafür Gebühren zahlen. In der Region gibt es Barrique unter anderem noch in Düsseldorf, Neuss, Hilden oder Hattingen. Wesel ist aktuell einer von vier Standorten, wo ein Nachfolger gesucht wird.
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