Hamminkeln/Wesel. Der Evangelischen Gemeinde an Issel und Rhein in Hamminkeln/Wesel steht ein Wandel bevor. Sie wollen nicht mehr Kita-Träger sein. Was das heißt.

Die evangelische Kirchengemeinde an Rhein und Issel schrumpft. Da geht es ihr wie fast allen Gemeinden christlichen Glaubens in Deutschland. Zwar hat sie – nachdem neben Hamminkeln, Brünen, Ringenberg-Dingden, Wertherbruch-Loikum und Blumenkamp nun auch Flüren, Bislich Diersfordt dazu gekommen sind – rund 9000 Mitglieder. Doch die Zahlen sinken und die Einnahmen sinken noch mehr. Deshalb hat sich die Gesamtgemeinde auf den Weg gemacht, um zu überlegen, wohin die Reise gehen soll. Noch ist zwar alles im Fluss, aber dass sich was ändert, ist klar. Und es gibt einen Namen: „Konzept Ev. Kirchengemeinde an Issel und Rhein 2030“.

Die Kirchengemeinde will die Trägerschaft für ihre Kindergärten in Hamminkeln, Brünen und Flüren abgeben. Das muss Eltern jetzt erst einmal nicht beunruhigen, denn die Einrichtungen als solche sollen erhalten bleiben. Nur nicht mehr unter der Trägerschaft der einzelnen Gemeinden. Zum einen deckt der Eigenanteil von 10,3 Prozent, den jede Gemeinde zahlen muss, bei weitem nicht die tatsächlichen Kosten und die Kirche schießt für Betrieb und Personal mehr Geld zu. Zum anderen bringt der Betrieb einer Kindertageseinrichtung jede Menge Verwaltungsarbeit mit sich, die Pfarrer und Mitarbeiter nur stemmen können, wenn sie an anderer Stelle mit ihrer Arbeitskraft knapsen. Diesen Spagat will die Kirchengemeinde nicht mehr machen.

Den Stempel „evangelisch“ sollen die Einrichtungen inhaltlich aber auf jeden Fall behalten, denn die Gemeinde will weiterhin religiöspädagogische Arbeit und Kontaktarbeit in den Kitas anbieten. Deshalb hat die Kirchengemeinde gemeinsam mit Drevenack, Schermbeck, Wesel und dem evangelischen Kinderheim Wesel einen Arbeitskreis gegründet, denn alle haben das gleiche Problem. Ob am Ende das Gründen eines eigenen Verbundes steht oder der Anschluss an einen bestehenden Verbund oder vielleicht auch die Gründung eines Vereins oder was man sich sonst noch ausdenken könnte, steht bisher in den Sternen.

Gebäude werden reduziert

Zweiter wichtiger Punkt: Die Zahl der Gebäude muss reduziert werden, weil sie zu viel Geld kosten und – so sagt es die Landeskirche – bis 2035 klimaneutral betrieben werden müssen. Zurzeit befinden sich insgesamt 23 Gebäude im Kirchenbesitz – vor allem Kirchen, Pfarrhäuser, Gemeindezentren und Kitas. Es sind auf Dauer zu viele. Deshalb wird in jedem Dorf ein Gebäudebedarfsplan entwickelt mit dem Ziel, überall präsent zu sein und sich trotzdem auf ein Minimum zu reduzieren.

Auch für die evangelischen Kindertagesstätte an der Mehrhooger Straße in Hamminkeln möchte die Kirchengemeinde die Trägerschaft abgeben.
Auch für die evangelischen Kindertagesstätte an der Mehrhooger Straße in Hamminkeln möchte die Kirchengemeinde die Trägerschaft abgeben. © FFS | Markus Joosten

Welches Gebäude wo in welcher Form weiterhin betrieben wird, ist bisher noch vollkommen unklar. Bis auf eine Ausnahme: Das alte Pastorat in Brünen. Hier wird das alte Gebäude an der Rohstraße abgerissen. Dort werden Seniorenwohnungen entstehen, die vom Schermbecker Lühlerheim betrieben werden. Die Planungen sind soweit abgeschlossen. Alles wartet noch auf die Baugenehmigung, damit es losgehen kann.

Auch bei den Gottesdiensten wird sich einiges ändern. Nur noch einmal im Monat findet in jedem Bereich ein klassischer Gottesdienst mit traditioneller Liturgie statt. Ansonsten überlegt jeder Bereich für sich, wie und in welcher Form Gottesdienste angeboten werden. Ob Open-Air, Musik oder Krabbelgottesdienst. Hier sollen sich die einzelnen Gemeindebereiche ausprobieren können, um zu schauen, was am besten zu ihnen passt. Das gilt auch für Tage und Uhrzeiten.

Mehr bei den Menschen, weniger am Schreibtisch

Auch die Professionalisierung wird angesichts der immer geringeren Anzahl an Ehrenamtlichen vorangetrieben. Das fängt mit einem hauptamtlichen Geschäftsführer an, der sich vor allem die administrativen Aufgaben kümmern soll. Hier versuchen die Gemeinden Geld frei zu schaufeln, um ihn zu bezahlen. Gleiches gilt für Gemeindehelferinnen, die im Rahmen von Minijobs Besuche machen, Besuchsdienste organisieren und Feste und Feierlichkeiten organisieren. So sollen diejenigen, die sich ehrenamtlich engagieren, entlastet werden. Gleiches gilt für die öffentliche Präsenz in Form von Homepage, Werbung, Pressearbeit und öffentlichen Auftritten auf anderen Veranstaltungen.