Wesel/Hamminkeln/Hünxe/Schermbeck. In Wesel und Umland sind 2022 mehr als doppelt so viele Gläubige aus der Kirche ausgetreten, wie im Vorjahr. Wie viele Mitglieder es noch gibt.
Die Zahl der Kirchenaustritte in Wesel und Umgebung war 2022 außergewöhnlich hoch: Hatten 2021 noch 867 Gläubige aus Hamminkeln, Hünxe, Schermbeck und Wesel ihre Kirchen verlassen, haben bis Mitte Dezember 2022 bereits 1717 Gläubige ihren Austritt beim hiesigen Amtsgericht erklärt – also gut doppelt so viele. Das hatte sich bereits zu Beginn des Jahres angedeutet, bereits im Januar 2022 hatten 158 Menschen aus den vier Kommunen ihren Kirchen den Rücken gekehrt, damals überwiegend Katholiken.
Zum Jahresende sind die steigenden Austrittszahlen bei beiden Konfessionen zu beobachten, wobei sie bei den katholischen Gläubigen etwas deutlicher ausfallen: 1120 Katholiken aus den vier Kommunen sind in 2022 (bis Mitte Dezember) ausgetreten, im Vorjahr waren es noch 521. Aus der evangelischen Kirche sind bis zu diesem Zeitpunkt 597 Mitglieder ausgetreten, 339 waren es im Jahr zuvor.
Mit dieser Entwicklung steht der Niederrhein nicht allein da, aus allen Teilen des Landes ist die Nachricht der Rekord-Austrittszahlen zu vernehmen. Auch ein Blick auf die einzelnen Kommunen zeigt ein einheitliches Bild: In Schermbeck ist die Zahl der Austritte von 110 im Jahr 2019 auf 239 angewachsen, in Hamminkeln waren es 2021 noch 209 Austritte, 2022 bereits 432. In Hünxe haben 2022 211 Gläubige ihrer Kirche den Rücken gekehrt, 2021 waren es nur 99. Und in Wesel ist die Zahl der Austritte von 449 (2021) auf 835 (2022) gewachsen.
Allein St. Nikolaus, die größte katholische Gemeinde in Wesel, hat 2022 rund 500 Mitglieder verloren. Das sei, glaubt Pfarrer Stefan Sühling, „auch ein bisschen der kirchlichen Großwetterlage geschuldet.“ Dennoch betont er: „Jeder Austritt ist schmerzlich. Bei jedem Austritt muss man sich fragen: Hätten wir etwas anders machen können.“
Gegen Bundestrend: Mehr als die Hälfte der Weseler noch Kirchenmitglied
Zugleich hatte es bundesweit bereits im Sommer 2022 einen historischen Wendepunkt gegeben: Damals waren die Mitgliederzahlen der beiden großen Kirchen erstmals unter die 50-Prozent-Marke gefallen, heißt: Weniger als die Hälfte der Bundesbürger sind noch Kirchenmitglied.
Ein Trend, der sich aber nicht in der Stadt Wesel abzeichnet. Die offizielle Einwohnerzahl laut Melderegister liegt bei 63.021 Bürgerinnen und Bürgern. Derweil verzeichnen die katholischen und evangelischen Gemeinden zusammen 37.528 Mitglieder. Zumindest auf dem Papier sind in Wesel also 59,5 Prozent der Bürgerschaft noch Teil einer der beiden großen Kirchen.
Rund ein Drittel der Weseler sind katholisch, ein Viertel evangelisch
Die Majorität haben hier die Katholiken: St. Nikolaus, die Gemeinde, zu der die rechtsrheinischen Kirchorte im Stadtgebiet gehören, zählt zum Jahresende 18.596 Mitglieder. Etwas verfälscht wird die Zahl allerdings dadurch, dass auch Hünxe-Drevenack zu der Gemeinde gehört. In Büderich und Ginderich, die beide zur Gemeinde St. Ulrich in Alpen gehören, gibt es zudem 2854 Katholiken. Somit leben 21.450 Bürgerinnen und Bürger katholischen Glaubens im Stadtgebiet, etwa ein Drittel der gesamten Bürgerschaft.
Die evangelischen Gemeinden verzeichnen insgesamt 16.078 Mitglieder auf Weseler Stadtgebiet – also etwas mehr als ein Viertel der Einwohnerschaft. Die meisten von ihnen – 12.162 insgesamt – gehören der evangelischen Kirchengemeinde Wesel an, zu der die Bereiche Innenstadt (Willibrordi-Dom), Fusternberg (Gnadenkirche), Feldmark (Friedenskirche) und Obrighoven (Kirche am Lauerhaas) gehört. Die evangelische Kirchengemeinde Büderich zählt 1216 Mitglieder in Ginderich und Büderich. Und in Blumenkamp sowie Bislich-Diersfordt-Flüren, die mittlerweile beide zur evangelischen Kirchengemeinde an Issel und Rhein gehören, gibt es nach Schätzungen des Gemeindebüros noch 850 (Blumenkamp) und 1850 (Flüren-Bislich-Diersfordt) Gläubige.