Wesel/Weeze. Die Weseler Politik wünscht sich mehr PV-Anlagen auf Kiesseen. In Büderich wäre Platz für eine riesige Anlage. Doch es gibt gesetzliche Hürden.
Lutz van der Kuil strahlte mit der Sonne um die Wette: Kein Wunder, denn der Energiebeauftragte der Weseler Kies-Firma Hülsken, berichtete einer Delegation der Stadt Wesel von dem großen Erfolg des Projekts „Floating Solar“ auf dem Baggersee in Weeze-Vorselaer im Kreis Kleve. Die Gäste mit Bürgermeisterin Ulrike Westkamp an der Spitze staunten nicht nur mitten zwischen den 1986 schwimmenden Solar-Modulen, sondern sprachen sich auch für weitere solcher Anlagen auf Weseler Wasserflächen aus.
Solaranlage von Hülskens rentiert sich schneller als erwartet
Zunächst stellte van der Kuil die 40 mal 120 Meter große Solaranlage auf dem Areal der Weezer Kriesbaggerei vor. Seit Oktober 2020 nutzt das Weseler Unternehmen dort die Energie der Sonne und hat mit einer Leistung von 750 sogenannter Kilowattpeak (kWp) bereits eine Strommenge von 1,9 Millionen Kilowattstunden erzeugt – oder anders ausgedrückt: Seit Inbetriebnahme wurden nach Angaben von Hülskens 1127 Tonnen CO2-Emissionen vermieden.
„Damit können wir ein Drittel des Energiebedarfs des Kieswerks hier kompensieren“, rechnet der Energieberater vor und ergänzt: „Wenn die Sonne so schön scheint wie heute, haben wir den Maximalertrag und brauchen für diese Anlage keinen Strom von außen: Es läuft jetzt komplett regenerativ.“ Rund 800.000 Euro habe diese Solaranlage gekostet und sollte sich ursprünglich nach zwölf Jahren rentiert haben. Wegen der stark gestiegenen Energiepreise rechnet Hülskens nun damit, dass sie schon schon nach zehn, vielleicht sogar bereits nach acht Jahren bezahlt gemacht hat.
„Mit dieser schwimmenden Solaranlage haben wir Neuland betreten“, fügt der Experte hinzu und sagt, dass dieses „Solar-Floß“ 30 bis 40 Jahre funktionieren sollte – nach jetziger Gesetzeslage das dort allerdings nicht dürfte, denn der Betrieb der Solaranlage sei gekoppelt an die Auskiesung, die an dieser Stelle bis 2030 (vielleicht bis zum Jahr 2032) laufen wird. „Ist das Kieswerk am Ende, baut ihr auch die Anlage ab“, hieße es in der Genehmigung, dies sei „eigentlich schade“, findet van der Kuil.
Wesels Bürgermeisterin Westkamp fordert eine Gesetzesänderung
Das sieht Ulrike Westkamp genauso und fordert eine Änderung der Gesetzeslage: „Das ist auch unser großer Kritikpunkt, dass das gekoppelt ist an die Phase der Auskiesung“, erklärt Wesels Bürgermeisterin vor allem mit Blick auf die eigene Stadt: „Wir sind ja in Wesel die Stadt mit den größten Wasserflächenanteilen in Nordrhein-Westfalen mit knapp 14 Prozent.“ Gerade die künstlichen Seen böten „ein riesiges Potenziel, um regenerative Energie zu erzeugen.“
In Wesel gebe sehr viele Schutzgebiete, in denen zum Beispiel keine Windkraftanlagen zulässig seien. „Wir hätten aber über die Baggerseen die Möglichkeit, etwas Regeneratives auf den Weg zu bringen – deshalb ist es aus meiner Sicht nicht richtig, dass die Laufzeit gekoppelt ist an die Zeit des Betriebes“, so Westkamp. „Wir haben das auch schon der Ministerin gesagt, und setzen darauf, dass sich die gesetzliche Grundlage im Lauf der nächsten Jahre verändern wird.“
Dennoch entsteht in Wesel derzeit auf dem Ellerdonkssee in Bislich die erste schwimmende Photovoltaik-Anlage auf dem Kiessee, der von der Firma Holemans genutzt wird. Und es gibt weitere konkrete Pläne, die noch in ganz anderem Dimensionen spielen: So könnte auf dem See der ehemaligen Hülskens-Abgrabung Pettenkaul bei Büderich etwa ein Sechstel der Wasserfläche mit einer schwimmenden Solaranlage versehen werden, die mit 9,5 Hektar um ein Vielfaches größer wäre als die derzeit bestehende 0,38-Hektar-Anlage in Weeze.
Die Modulen könnten mit einer Leistung von etwa 15.000 kWp etwa 12,75 Millionen Kilowattstunden Energie pro Jahr erzeugen – damit könnte man etwa 3190 Haushalte versorgen, „also ganz Büderich“, wie Ludger Hovest (SPD) vorschlug. Möglich wäre diese Anlage aber nur, wenn die Gesetzeslage geändert wird, denn an dem See gibt es keine aktive Kiesabgrabung mehr.
Es gibt sogar noch weitergehende Überlegungen: Wie sieht es aus mit einer Speichermöglichkeit des Stroms? Auch eine Wasserstofferzeugung aus der gewonnenen Solarenergie wird zurzeit untersucht, zusätzlich zur Möglichkeit eines Nahwärmenetzes bei Nutzung der Gewässerwärme. Bürgermeisterin Westkamp hält insgesamt fest: Die ausgekiesten Flächen hätten sich bereits sehr gut entwickelt im Bereich des Naturschutzes, zum Teil auch zum Schwimmen, aber es gebe noch viele Seen, die man sehr gut für regenerative Energie nutzen könne.