Wesel. Mehr als 50 Jahre gab es das Karnevalskomitee vor’m Clever Tor in Wesel – nun gibt der Verein auf. Der Vorsitzende spricht über die Gründe.
In der Weseler Feldmark stirbt ein Teil des Brauchtums: Das Karnevalskomitee vor’m Clever Tor (KVC) hat sich nach mehr als 50 Jahren aufgelöst. Diese Entscheidung trafen die noch verbliebenen Mitglieder des Vereins am vergangenen Wochenende bei einer Mitgliederversammlung im Feldmarker Eck. Das hat auch Folgen für den Carnevals-Ausschuss Wesel – denn die Dachorganisation der Weseler Karnevalisten schrumpft damit auf 13 Mitglieder zusammen.
Wie viele andere Vereine auch, kämpfte der KVC damit, dass immer mehr Aktive aufhörten – und kaum jemand nachkam. „Wir hatten zum Schluss noch gut 20 passive Mitglieder, aktiv war eigentlich nur noch der Vorstand“, sagt Vereinspräsident Thomas Graf im Gespräch mit der NRZ-Redaktion. Die Corona-Pandemie habe diesen Trend noch einmal beschleunigt, der Beschluss war am Ende unausweichlich.
Graf selbst war 18 Jahre lang im Komitee aktiv, den Vorsitz übernahm er 2018 von seinem Vorgänger Adalbert Gose. „Ich bin da so reingerutscht, bei uns in der Nachbarschaft waren damals alle karnevalsverrückt“, erinnert er sich an seine Anfangszeit. Doch in den vergangenen Jahren gestaltete es sich immer schwieriger, Nachwuchs für die Vereinsarbeit zu begeistern. „Die jungen Leute wollen sich nicht mehr so binden“, sagt Graf. Im Jahr 2018 gab es zudem einen echten Paukenschlag, als die bekannte Tanzformation „Tanzwiesel“ dem Mutterverein den Rücken kehrte.
Zwischenzeitlich keimte zwar wieder Hoffnung auf, nachdem man neue Gruppen im Verein aufbauen konnte. „Doch kann kamen die Lockdowns“, so Graf. Beim Rosenmontagsumzug im vergangenen Februar war der Verein dann nicht mehr mit einer Fußgruppe vertreten, einen Wagen gab es zuletzt vor der Pandemie. Hier sind es die hohen Auflagen, die es aus Sicht des Vorsitzenden vor allem kleinen Vereinen immer komplizierter machen, sich zu beteiligen: „Es ist alles teuer geworden und beim Rosenmontagsumzug braucht man mittlerweile acht Wagenengel.“ Der Abschied aus dem aktiven Karneval macht Thomas Graf traurig: „Wir haben uns mit der Entscheidung sehr schwer getan.“ Wenn alle Formalitäten geklärt sind, soll es aber im nächsten Jahr noch mal eine große Abschiedsfeier geben.
Rosenmontag: Feldmarker Karnevals Komitee übernimmt den Wagen
Zumindest für den Wagen des KVC wird es weiterhin Verwendung geben – das benachbarte und befreundete Feldmarker Karnevals Komitee wird ihn übernehmen und sich einen zweiten Wagen für den Umzug aufbauen. Das berichtete der Vorsitzende Jens Tenbergen auf Anfrage, auch einige Mitglieder wechseln zum FKK. „Wir werden den Karneval in der Feldmark hochhalten“, verspricht Tenbergen.
Der FKK-Präsident bedauert das Aus für das KVC genauso wie Ludger Becker, der Präsident des Carnevals-Ausschusses. Er will in der Auflösung aber keinen allgemeinen Trend für die hiesige Karnevalslandschaft sehen. „Wir sind in Wesel insgesamt gut aufgestellt, ich mache mir keine Sorgen“, sagt er. Dass der CAW nun nur noch 13 Mitglieder hat, beschäftigt ihn natürlich dennoch. „Ob die 13 eine Unglückszahl ist oder nicht, muss sich erst herausstellen“, so der oberste Jeck der Stadt.
Offen ist auch noch die Frage, wie es mit dem traditionellen Hoppeditz-Erwachen auf dem Feldmarker Marktplatz weitergehen wird. Die Tradition wurde immer vom KVG gepflegt, Hoppeditz Dieter Jäger war Mitglied des Vereins. Zuletzt hatten aber beide Karnevalskomitees eine gemeinsame Veranstaltung daraus gemacht. Wie das in der Zukunft aussieht oder ob das Erwachen nun Geschichte ist, bleibt abzuwarten.
Hintergrund: Wann der KVC in Wesel gegründet wurde
Die Wurzeln des KVC liegen in den frühen Siebzigern. Alles begann nach dem Ende eines schönen Rosenmontagsumzuges, bei dem die Feldmarker mit ihrem Prunk-Wagen (Motto: „Feldmark beschränkt“) den ersten Preis holten. Nach diesem Erfolg hatten im Februar 1970 einige Narren Lust auf mehr und so wurde die spontane Idee zur Gründung eines eigenen Karnevalskomitees geboren.
Am 30. Januar 1971 war es dann soweit und die erste Prunksitzung des KVC, damals gemeinsam mit der KAB und der DJK, ging mit großem Erfolg in der Niederrheinhalle über die Bühne. Neben dem Wagenbau machten die Feldmarker mehr und mehr als eine tänzerische Hochburg im Weseler Karneval von sich reden. Neben den legendären „Feldmarker Bauern“ waren es vor allem die über die Stadtgrenzen hinaus bekannten „Tanzwiesel“, die seit 1988 für Furore sorgten und zahlreiche Preise einheimsten. Sicher in Erinnerung bleiben auch die Sessionen, bei denen die Feldmarker das Prinzenpaar der Stadt Wesel stellen durften. Stolze zehn Mal war das in der Vereinsgeschichte der Fall.