Wesel/Hamminkeln. Geflüchtete werden oft wegen fehlender Unterlagen nicht als Väter ihre Kinder anerkannt. Das bringt für die Familien große Nachteile mit sich.

Immer mehr Kriegsflüchtlinge leben in Wesel und Umgebung – unter ihnen auch viele Menschen aus Syrien, die oft mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert sind, um sich in ihrem Gastland zurechtfinden zu können. Eine besondere Schwierigkeit ergibt sich für syrische Eltern, die hier geborene Kinder haben. Aufgrund fehlender Unterlagen fällt es ihnen schwer, ihre Kinder unter ihrem Namen zu registrieren.

Sami Ali (Name geändert) kam im Jahr 2018 mit seiner Frau nach Hamminkeln. Als anerkannte Flüchtlinge leben sie mit ihren fünf Kindern in Mehrhoog. Zwei Kinder sind hier geboren (2019 und 2022). Doch Ali wurde vom Standesamt in Wesel nicht als Vater anerkannt, obwohl er seine Identität durch einen syrischen Personalausweis und einen Familienregisterauszug verifizieren könne, erzählt der 43-Jährige.

„Die Angestellte beim Weseler Standesamt weigerte sich, meinen Namen in die Geburtsurkunde als Vater einzutragen, weil wir keine syrischen Reisepässe besitzen und unser Ehevertrag ist nicht von der deutschen Botschaft in Beirut beglaubigt worden“, so Ali. Syrische Flüchtlinge stehen außerdem oft vor dem Problem, dass sie ihre ursprünglichen Unterlagen während ihrer Flucht verloren haben oder diese in ihrem Heimatland nicht verfügbar sind.

Flüchtling in Hamminkeln: Wer mir hilft, wird verfolgt und verhaftet

Eine weitere Hürde: Falls der Vater bei der Armee war, wird es für ihn fast unmöglich, Unterlagen wie Personalausweis, Reisepass oder sogar Geburtsurkunde aus Syrien vorzulegen. Denn in Syrien gelten Männer während des Militärdienstes als Soldaten, sie besitzen statt des Personalausweises einen Militärausweis. Mohanad Al-Saloum weigerte sich, mit der syrischen Armee gegen das eigene Volk zu kämpfen, deshalb floh er vor drei Jahren nach Deutschland.

„Weil ich keine Unterlagen aus Syrien nachholen kann, kann ich meine Identität nicht verifizieren“, sagt der 30-Jährige, der in Flüchtlingsunterkunft in Hamminkeln lebt. Aus diesem Grund wurde seine Vaterschaft in Wesel nicht anerkennt. Al-Saloum sagt, er könne keinen Unterlagen aus dem Heimatland nachholen, denn er werde vom Regime wegen Hochverrats verfolgt. „Sollte jemand mir dabei helfen, wird er verfolgt und verhaftet.“

Die Registrierung von Kindern ist ein entscheidender Schritt für ihre rechtliche Anerkennung und den Zugang zu Dienstleistungen wie Bildung und Gesundheitsversorgung. Auch für die Beantragung von Kindergeld müssen die Väter ihre Vaterschaft nachweisen. „Als Antragsteller habe ich Kindergeld für die Zwillinge bei der Familienkasse beantragt, doch es wurde abgelehnt, weil ich nicht als Vater anerkannt bin“, so der Syrer.

Stadt Wesel: Es gibt Ausnahmeregelung

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Sollten keine der notwendigen Unterlagen vorgelegt werden können, gelten hier zwar Ausnahmeregelung – aber nur in seltenen Fällen. „In Fällen mit unklarer Beurkundungsgrundlage, insbesondere bei Fehlen von Personenstandsurkunden der Eltern, kann in seltenen Ausnahmefällen eine Eintragung durch Versicherung an Eides statt als Ultima Ratio in Betracht gezogen werden“, teilt die Stadt auf Anfrage der NRZ mit. Doch es müssen laut Stadt Wesel nach geltender Rechtslage nachweislich sämtliche Bemühungen ohne sicheres Ergebnis geblieben sein. „Insbesondere muss der/die Betroffene alles in ihren/seinen Kräften stehende zur Aufklärung getan haben. Dies schließt die Beschaffung von Urkunden, ihre Ersatzbeurkundung oder Wiederherstellung ein.“

Die Ausstellung dieser Dokumente (Pass, Personalausweis und Geburtsurkunde) kostet für eine vierköpfige Familie mehr als 4000 Euro, die direkt an das Assad-Regime bezahlt werden müssen. „Deshalb möchte ich auch diesen Krieg nicht mitfinanzieren“, so Sami Ali. Die Ausstellung von Urkunden und die Anforderung von Dokumenten ist durch die Standesämter bundeseinheitlich geregelt. Deshalb könnte die Stadt diese Regelung nicht abschaffen, teilt die Stadt mit. „Insofern muss auch die Stadt Wesel diesen bundeseinheitlichen Regelungen sowie der geltenden Rechtsprechung folgen.“

Wie Sami Ali und Mohanad Al-Saloum geht es vielen syrischen Vätern: Sie bleiben ohne Perspektive auf Anerkennung ihrer Vaterschaft. Das hat konkrete Auswirkungen auf ihren Alltag: „Falls eines Tages meine Frau krank ist, wie kann ich meine Kinder aus der Kita abholen?“, fragt sich Al-Saloum.