Wesel. Stephanie Grewer aus Wesel hat ihren Garten naturnah umgestaltet. Das üppige Grün wurde jetzt prämiert, weil es die Biodiversität fördert.
Schon der erste Blick in den Naturgarten von Stephanie Grewer macht klar: Das ist kein Garten wie jeder andere. Auf den rund 350 Quadratmetern im Weseler Stadtteil Fusternberg ist fast jeder Quadratzentimeter bewachsen, freie Flächen gibt es kaum. „Ich bin keiner, der sich Kunst in den Garten stellt. Da setz ich lieber noch ne Pflanze“, erklärt die Gartenbesitzerin inmitten des üppig wuchernden Grüns. Für das menschliche Auge mag das chaotisch wirken, doch für Insekten, Vögel und andere heimische Tiere ist es jedoch ein wahres Paradies. Im Rahmen des Programms „Tausende Gärten – Tausende Arten“, das für Artenvielfalt durch heimische Bepflanzung wirbt und diejenigen würdigt, die naturnah und umweltfreundlich gärtnern, wurde der Garten nun goldprämiert.
Mehr Leben durch heimische Pflanzen
Ob es tatsächlich „tausende Arten“ sind, die sich in Stephanie Grewers Garten tummeln, hält die 40-jährige Lehrerin zwar für unwahrscheinlich, fest steht aber: Es sind eine ganze Menge. Als die Grewers das Haus vor dreizehn Jahren gekauft haben, war das noch nicht der Fall. Doch seit sie 2018 in der Nabu-Naturarena auf das Thema aufmerksam wurden, haben sie ihre eigene Grünfläche Stück für Stück mit einheimischen Pflanzen umgestaltet und fast alles zugewanderte Grün aus dem Garten verbannt: „Jede Pflanze, die ich gesetzt habe, bringt mehr Leben in den Garten“, freut sich die Hobbygärtnerin.
Zwei vom Wissenschaftsladen in Bonn ausgebildete Naturgartentesterinnen waren nun vor Ort und haben der Hobbygärtnerin via Plakette bescheinigt, dass ihre Arbeit Früchte trägt. 107 von 120 möglichen Punkten haben sie dem Naturgarten verliehen, es ist also nicht mehr so viel Luft nach oben. Die Punkte gab es, neben dem Einsatz heimischer Pflanzen, auch für die Schaffung von Lebensräumen, wie beispielsweise die Miniteiche, die Stephanie Grewer aus alten Weinfässern gebaut hat, die rund 20 Insektenhotels, die im Garten verteilt hängen, oder die drei Igelhäuschen, von denen mindestens eines bewohnt ist.
Fremde Gewächse mussten weichen
Auch dass die alte, nicht heimische und mittlerweile abgestorbene Hemlock-Tanne des Vorbesitzers hier als Totholz weiter stehen darf, ist für die Artenvielfalt von Vorteil. „Die hat freiwillig aufgegeben, als ich sie mit Kopfweiden unterpflanzt habe“, erzählt Stephanie Grewer lachend. Mittlerweile haben sich hier Insekten eingenistet, gut zu erkennen an den kleinen Löchern im Holz. Diese wiederum locken Vögel an – Meisen zum Beispiel, tun sich gerne an den Käfern und anderem Getier gütlich und auch einen Buntspecht hat die Gartenbesitzerin schon bei der Futtersuche beobachtet. Tauben, Elstern und Rabenkrähen wiederum brechen sich die toten Äste zum Nestbau ab.
Natürlich durfte hier nicht jedes fremde Gewächs stehen bleiben, unter anderem rund 70 Lebensbäume haben Stephanie Grewer und ihr Mann zu Beginn ihrer Umgestaltung aus dem Garten entfernt. Eine der ersten Pflanzen, die im Gegenzug einziehen durfte, war der Wasserdost. „Der blüht demnächst, da freuen sich die Schmetterlinge“, erklärt die 40-Jährige mit Blick auf das voluminöse Gewächs, das sich hier besonders wohlfühlt, sich fleißig ausgebreitet hat und mittlerweile mannshoch gewachsen ist.
Gartenbesitzerin will demnächst Gartenpforte öffnen
In Projekten wie diesen arbeitet Stephanie Grewer am liebsten. Ein anderes war die Entfernung der Phlox-Stauden, die zwar ein beliebtes und verbreitetes Gartengrün sind – aber leider nicht heimisch und somit weniger förderlich für die Artenvielfalt. „Heimisch ist alles, was vor 1492 nach Deutschland kam“, weiß die Hobbygärtnerin. Denn mit der Entdeckung Amerikas durch Columbus habe sich die Einfuhr fremder Pflanzen so stark beschleunigt, dass sich die heimischen Arten nicht haben anpassen können, erklärt sie. Anders sieht es zum Beispiel mit dem Strahlen-Breitsame aus. Der kommt ursprünglich zwar auch aus dem Mittelmeer-Raum, ist aber schon seit der Bronzezeit hier ansässig. Tatsächlich gilt er mittlerweile schon als fast ausgestorben, weiß Stephanie Grewer, in deren Garten die Pflanze nun dort vorsichtig aus der Erde späht, wo einst der besagte Phlox wuchs.
Dass ihr Garten, der so ganz ohne den typischen Rasen und auch weitgehend ohne Dekoration auskommt, polarisiert, ist der 40-Jährigen bewusst: „Die einen sagen ‘Oh mein Gott’ und die anderen sagen ‘Geil, der Dschungel’“, berichtet sie. Sie selbst erfreut sich natürlich am heimischen Grün und möchte mehr Menschen dazu zu animieren, sich mit naturnaher Gartengestaltung auseinander zu setzen. Ab der nächsten Saison will sie deshalb auch an der offenen Gartenpforte teilnehmen.